Papst Franziskus wendet sich an Peres und Abbas

Hoffnung auf "Versöhnung der Herzen"

Papst Franziskus hat am Freitag mit den Präsidenten Israels und der Palästinenser, Shimon Peres und Mahmud Abbas, über die militärische Eskalation im Gazastreifen gesprochen. Den Katholiken von Gaza versichert er seine Solidarität.

Gaza: Auch Kinder unter den Opfern (dpa)
Gaza: Auch Kinder unter den Opfern / ( dpa )

Nachdem zunehmender Hass und die Feindseligkeiten eine wachsende Zahl von Opfern gefordert habe, herrsche im Gazastreifen ein "gravierender humanitärer Notstand", beklagte der Vatikan in einer Mitteilung. Es sei notwendig, dass sich alle politisch Verantwortlichen auch auf internationaler Ebene weiter um ein Ende der Feindseligkeiten bemühten, erklärte der Papst den Angaben zufolge. Sie müssten sich für einen Waffenstillstand, Frieden und eine "Versöhnung der Herzen" einsetzen. Franziskus betrachte Peres und Abbas, mit denen er vor einigen Wochen im Vatikan gebetet hatte, als "Männer des Friedens, die den Frieden wünschen".

Den Katholiken im Gazastreifen hat Franziskus seine Solidarität zugesichert. "Ich begleite euch mit meinem Gebet", heißt es laut dem Internetportal "Vatican Insider" (Freitag) in einer Papstbotschaft an den argentinischen Pfarrer von Gaza, Jorge Hernandez. Er sei der katholischen Gemeinde nah und vertraue sie dem besonderen Schutz Marias an, so Franziskus. Dem Bericht zufolge leben in Gaza rund 200 Katholiken. Sie fürchteten neben den israelischen Luftangriffen und der Bodenoffensive auch Übergriffe islamischer Extremisten, berichtete Hernandez vor wenigen Tagen in einem Interview.

Bodenoffensive im Gazastreifen gestartet

Nach andauerndem Beschuss und einer vereitelten Kommandoaktion militanter Palästinenser hat Israel eine Bodenoffensive im Gazastreifen gestartet. Der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanjahu drohte, den Einsatz in dem Palästinensergebiet am Mittelmeer auszuweiten. "Wir haben die israelischen Streitkräfte angewiesen, sich auf die Möglichkeit einer ernsthaften Ausweitung der Bodenaktivitäten einzustellen", sagte Netanjahu am Freitag. Rund 70 000 Soldaten standen bereit.

Es ist die vierte Bodenoffensive seit Juni und November 2006 sowie Januar 2009. Die Einsätze dauerten meist rund eine Woche. Ziel der aktuellen Operation ist nach Angaben von Regierung und Armee, den ständigen Raketenbeschuss durch Milizen der radikal-islamischen Hamas zu unterbinden und deren militärische Infrastruktur zu schwächen. "Das Ziel ist es, eine Realität zu schaffen, in der israelische Bürger in Sicherheit und ohne willkürlichen Terror zu leben", teilte die Armee mit.

Die Armee will in dem kleinen Palästinensergebiet ein weit verzweigtes Tunnelsystem zerstören. Durch einige der mehreren Hundert Tunnel sollen Waffen und Munition aus Ägypten in den Gazastreifen geschmuggelt werden. Durch andere Tunnel haben militante Palästinenser immer wieder versucht, nach Israel einzudringen, um Anschläge zu verüben. Die palästinensischen Kämpfer suchen in dem Tunnelsystem Schutz vor israelischen Luftangriffen. Die gesamte Führung der Hamas versteckt sich nach israelischen Informationen seit Beginn der Gefechte am 8. Juli in unterirdischen Betonbunkern.

Mindestens 25 Menschen starben seit Beginn des Bodeneinsatzes , darunter erstmals in dem Konflikt auch ein israelischer Soldat. Mindestens 200 Menschen wurden verletzt. Unter den Opfern sind auch Kinder. Zuvor waren während elftägiger Luftgefechte bereits mehr als 260 Palästinenser getötet und weitere 2000 verletzt worden. Auch ein israelischer Zivilist kam ums Leben.

Die Türkei forderte eine Sondersitzung des UN-Sicherheitsrats. Er habe dazu mit UN-Generalsekretär Ban Ki Moon gesprochen, teilte der türkische Außenminister Ahmet Davutoglu auf Twitter mit. In einem weiteren Telefonat mit US-Außenminister John Kerry habe er die türkische Forderung nach einem "sofortigen Ende der israelischen Angriffe" bekräftigt.

Die Türkei beantrage außerdem Dringlichkeitstreffen des UN-Menschenrechtsrats und der Organisation für Islamische Zusammenarbeit (OIC), teilte Davutoglu weiter mit. "Wir verurteilen die von Israel nach den inhumanen Morden durch Luftangriffe begonnene Bodenoperation in Gaza auf das schärfste."

Am Nachmittag wurde Palästinenserpräsident Mahmud Abbas in Istanbul erwartet. Er wollte dort mit Staatspräsident Abdullah Gül und Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan zusammenkommen. Abbas äußerte sich zutiefst besorgt über die Entwicklung. Die Bodenoffensive werde die Bemühungen um eine Waffenruhe weiter erschweren, sagte er.

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) betonte, Israel habe ein Recht auf Selbstverteidigung. Deutschland stehe in dieser Frage an der Seite Israels. "Das muss natürlich angemessen durchgeführt werden", sagte sie in Berlin. Besorgniserregend sei, dass es eine neue Dimension der Bewaffnung der radikal-islamischen Hamas gebe. "Jedes Land muss sich, wenn es so angegriffen wird, wehren."

Israel hatte elf Tage lang Ziele im Gazastreifen aus der Luft und von der See aus beschossen, bevor es die Bodenoffensive startete. Dabei setzt die Armee auch Kampfpanzer ein. Zuvor war eine Einigung mit der im Gazastreifen herrschenden Hamas über eine Waffenruhe fehlgeschlagen.

Seit Beginn der Bodenoffensive hätten militante Palästinenser 50 Raketen auf Israel abgefeuert, von denen 20 in der Luft abgefangen worden seien, teilte die israelische Armee mit. Soldaten hätten dort 20 verdeckte Raketenabschussrampen und neun Tunnel zerstört. UN-Generalsekretär Ban forderte von beiden Seiten den Schutz von Zivilisten. Die Hamas müsse sofort den Beschuss Israels stoppen, sagte Ban am Donnerstag (Ortszeit) in New York. Israel müsse dafür sorgen, dass bei der Offensive keine Zivilisten zu Schaden kämen. "Die Verschärfung der Krise wird die Lasten für die ohnehin schon leidenden Zivilisten auf beiden Seiten noch erhöhen."

Hilfswerk bereitet Einsatz von Gesundheitsteams in Gaza vor

Die Hilfsorganisation CARE bereitet den Einsatz von Gesundheitsteams in Gaza vor, um die von dem Konflikt betroffene Bevölkerung zu unterstützen. "Wir erfahren, dass Schwangere ihr Leben riskieren, um zu Krankenhäusern zu gelangen, weil sie sich dort sicherer fühlen als in ihren eigenen Häusern", sagte CARE-Nothelfer, Theo Alexopoulos, am Freitag in Bonn.

Sobald es die Sicherheitslage erlaube, plane das Hilfswerk gemeinsam mit der Partnerorganisation "Palestine Medical Relief Society" zwei mobile Gesundheitsteams einzusetzen. Das Team werde medizinisches Personal sowie eine psychosoziale Beratung umfassen, die traumatisierte Familien unterstütze. "Wenn Schwangere und Neugeborene nicht die nötige medizinische Versorgung bekommen, steigt das Risiko von Komplikationen, die das Leben der Neugeborenen und ihrer Mütter gefährden", so Alexopoulos.

Das Gesundheitssystem in Gaza steht unter enormer Belastung und benötigt dringend Nachschub an Hilfsgütern, insbesondere Benzin für die Generatoren, Medikamente und medizinische Bedarfsmaterialien. Einige Krankenhäuser berichten laut CARE schon, dass sie etwa kein Nahtmaterial mehr haben, um die Wunden von Verletzten zu nähen.


Quelle:
dpa , KNA , epd