Israel kritisiert antijüdische Parolen

Verschärfte Debatte

Die Diskussion um antijüdische Parolen bei pro-palästinensischen Kundgebungen geht weiter. Neben deutschen Politikern und dem Zentralrat der Muslime in Deutschland hat sich nun auch die israelische Regierung geäußert. Sie warnte vor einer "neuen Intifada" in Europa.

 (DR)

Antisemitische Parolen auf Demonstrationen gegen die israelischen Militärschläge im Gazastreifen rufen nun auch die Regierung Israels auf den Plan. Geheimdienstminister Yuval Steinitz sprach mit Blick auf die Teilnahme radikaler Islamisten an den Protestmärschen in Berlin und anderen europäischen Metropolen von einer akuten Gefahr. In der "Bild"-Zeitung (Mittwoch) warnte Steinitz vor einer "neuen Intifada" in Europa.

Auf die Situation in Deutschland bezogen, zeigte sich die Gewerkschaft der Polizei besorgt über Gewalttätigkeiten und Hassparolen bei pro-palästinensischen Kundgebungen. Diese hätten ihre Wurzeln zumindest zu Teilen im Umfeld radikaler Islamisten. Für den am Freitag anstehenden "Al-Quds-Tag", bei dem strenggläubige Muslime weltweit gegen Israels Präsenz in Jerusalem auf die Straße gehen, fürchtet die Polizei weitere Zwischenfälle.

Zentralrat der Muslime distanziert sich

Der Zentralrat der Muslime in Deutschland (ZMD) distanzierte sich gegenüber der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA) von jedem Extremismus. "Wer Judenhass predigt oder meint, im Zuge des Gaza-Krieges Antisemitismus verbreiten zu müssen, bewegt sich außerhalb unserer Gemeinden", sagte der ZMD-Vorsitzende Aiman Mazyek.

Führende Politiker in Deutschland verurteilten die antisemitische Stimmungsmache. "Nichts, einschließlich der dramatischen militärischen Konfrontation in Gaza, rechtfertigt ein solches Handeln bei uns in Europa", erklärte Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) zusammen mit seinem französischen Amtskollegen Laurent Fabius und der italienischen Außenministerin Federica Mogherini in Brüssel.

"Das hat nichts mit Solidarität zu tun"

Ähnlich äußert sich Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) in einer der KNA vorliegenden Rede, die er am Donnerstag zur Entgegennahme des Israel-Jacobsohn-Preises der Union progressiver Juden in Deutschland halten will. Bundesinnenminister Thomas de Maiziere (CDU) rief in einem Gespräch mit NDR info Polizei und Staatsanwaltschaften dazu auf, bei antisemitischen Vorfällen auf Demonstrationen einzuschreiten und gegebenenfalls Strafverfahren einzuleiten.

Grünen-Chef Cem Özdemir sagte der "Bild"-Zeitung (Dienstag): "Gewalt gegen Gegendemonstranten, antisemitische Hassparolen und Holocaust-Leugnung oder -Vergleiche haben nichts, aber wirklich rein gar nichts mit Solidarität gegenüber der palästinensischen Bevölkerung zu tun."

In der jüdischen Gemeinschaft gibt es neben scharfer Kritik an den Hassparolen Diskussionen über den grundsätzlichen Umgang mit den Protesten. Der Europäische Jüdische Kongress (EJC) in Paris sprach sich für ein Verbot von Demonstrationen in der Nähe jüdischer Einrichtungen aus, um diese besser vor Übergriffen zu schützen.

Recht auf Meinungsfreiheit

Zur Frage, ob es sinnvoll sei, grundsätzlich derartige Demonstrationen zu verbieten zeigte sich der Direktor des vom American Jewish Committee (AJC) eingerichteten Europäischen Büros zum Antisemitismus, Stephan Kramer, in der "Welt" (Dienstag) skeptisch:

"Das Recht auf Meinungsfreiheit ist eines der wichtigsten, was wir in unserer Verfassung haben."

Das ehemalige Direktoriums-Mitglied im Zentralrat der Juden in Deutschland Rolf Verleger sagte im Deutschlandfunk, Proteste gegen "Israels nationalreligiöse Politik" müssten möglich sein. "Ich finde es eine Absurdität, sich hinzustellen und zu sagen, das sei das selbstverständliche Verteidigungsrecht Israels, dieses Massaker in Gaza anzurichten", sagte der Psychologe und Buchautor. "Jeder vernünftige Mensch sagt sich, da stimmt doch was nicht."


Quelle:
KNA