Eben noch hat er in Rom am Kardinalsrat zur Kurienreform mitgewirkt. Am vergangenen Wochenende war er beim Dialogtreffen der deutschen Katholiken in Magdeburg dabei. Und ab Montag steht der Münchner Kardinal Reinhard Marx erstmals einer Herbstvollversammlung der deutschen Bischöfe vor.
Marx, der im März in Münster zum Vorsitzenden der Bischofskonferenz gewählt worden war, muss mit vielen Bällen jonglieren. Der Vorteil: Bei der Vollversammlung in Fulda kann er seinen 65 Mitbrüdern aus eigener Anschauung vermitteln, welche Veränderungen Papst Franziskus plant und ob der "wind of change" in der Weltkirche weiter weht.
Debatte im Vorfeld der Familiensynode
Etwa hinsichtlich der Anfang Oktober anstehende Familiensynode im Vatikan, bei der es unter anderem um den Umgang mit wiederverheirateten Geschiedenen und die kirchliche Sexualethik geht. In Magdeburg hat der Münchner Erzbischof die Position der deutschen Bischöfe dargelegt: Beim Thema Geschiedene wolle die Mehrheit der Bischofskonferenz "in eine Richtung gehen, wie sie Kardinal Walter Kasper vorgeschlagen hat", sagte er. Kasper hatte für einen Weg der "Barmherzigkeit" gegenüber Menschen plädiert, die nach einer gescheiterten Ehe eine zweite Zivilehe eingehen.
Doch die Gegenposition formiert sich: Zusammen mit einigen anderen Kardinälen wendet sich der Präfekt der Glaubenskongregation, Kardinal Gerhard Ludwig Müller, gegen eine Zulassung von wiederverheirateten Geschiedenen zu den Sakramenten. Es gebe in dieser Frage keinen Spielraum, mahnt der frühere Regensburger Bischof nach Medienberichten in einem Buch, das Anfang Oktober pünktlich zum Auftakt der Synode erscheinen soll.
In Fulda wird es aber auch um rein innerdeutsche Angelegenheiten gehen: So werden die Bischöfe über die aktuelle Debatte zur Sterbehilfe und die Kirchenstatistik des Jahres 2013 beraten. Beim Thema Sterbehilfe hat sich die katholische Kirche geschlossen gegen jede organisierte Form der Beihilfe zum Suizid gewandt und stattdessen eine Stärkung von Palliativmedizin und Hospizarbeit gefordert. Der Bundestag will bis Ende 2015 über Suizidbeihilfe entscheiden. Laut Marx wollen sich die Bischöfe mit einem Aktionsprogramm "Sterben in Würde" in den kommenden Monaten verstärkt in die öffentliche Debatte einmischen.
Die im Sommer vorgestellte Kirchenstatistik hat bei den Bischöfen erhebliche Sorgen ausgelöst. Nicht nur, dass die Austrittszahlen in der Folge der Limburger Ereignisse 2013 wieder auf 179.000 schnellten - fast so viele wie 2010, als in Folge des bekanntgewordenen Missbrauchsskandals 181.293 Austritte registriert wurden. Auch die Zahl der Gottesdienstbesucher ist noch einmal zurückgegangen: 2013 besuchten 10,8 Prozent der Katholiken den Sonntagsgottesdienst; 2012 waren es noch 11,7 Prozent.
Marx spricht von einem Weckruf: Die Selbstverständlichkeit, einer Kirche oder Religionsgemeinschaft anzugehören, werde immer geringer. Das zeigt sich nach Meinung vieler Kirchenrepräsentanten auch angesichts der Debatte um die Kirchensteuer auf Kapitalerträge. Die wegen des neuen Einzugsverfahrens in diesem Jahr angestiegenen Austrittszahlen deuten auf eine wachsende Distanz vieler Katholiken zu Glauben und Kirche hin. Dem, so Marx, "müssen wir begegnen, indem wir immer wieder versuchen, auf allen Ebenen Vertrauen zu schaffen durch gute und überzeugende Arbeit".
Gemeindereformen auf der Agenda
Bei ihrem Studientag befassen sich die Oberhirten deshalb mit dem Thema "Gemeinsam Kirche sein. Das Zueinander der Dienste und Charismen im priesterlichen Gottesvolk". Hinter dem sehr theologisch formulierten Motto steht auch die Frage, wie sich die Zusammenlegung von Gemeinden als Folge des Priestermangels auf Kleriker und Kirchenvolk auswirkt.
Weitere Schwerpunkte der Herbstvollversammlung sind der Umgang mit Flüchtlingen und die Lage der Christen im Irak und in Syrien. Vorgestellt werden soll außerdem das Kunstprojekt der Deutschen Bischofskonferenz zum 50. Jahrestag des Endes des Zweiten Vatikanischen Konzils (1962-1965) im kommenden Jahr.