Eine "gewisse Aufklärung oder Europäisierung" wäre für den Islam "ein Segen", sagte der Metropolit Augoustinos, der Vorsitzende der Orthodoxen Bischofskonferenz in Deutschland (OBKD), am Donnerstag an seinem Sitz in Bonn. Dem Ökumenischen Patriarchen von Konstantinopel, Bartholomäus I., der zugleich Ehrenoberhaupt der Weltorthodoxie ist, werde der Besuch des Papstes den Rücken stärken.
Kritik an Umgang mit der christlichen Minderheit
Der 76-jährige Augoustinos vertritt seit mehr als 30 Jahren als Metropolit, also im Rang vergleichbar mit einem katholischen Erzbischof, die griechische Orthodoxie in Deutschland. Wegen seines langjährigen Engagements für Integration und Ökumene genießt er hohes Ansehen.
Der ranghöchste griechisch-orthodoxe Geistliche in Westeuropa kritisierte den Umgang der Türkei mit der christlichen Minderheit. Es sei "unglaublich, dass man dort als Kirche etwa kein Haus besitzen darf".
Keine rechtliche Anerkennung für das Ökumenische Patriarchat
In einem Interview der Deutschen Welle hatte er jüngst die rechtliche Situation für die Kirchen in der Türkei als "unerträglich und im 21. Jahrhundert nicht nachvollziehbar" bezeichnet. Obwohl etwa das Ökumenische Patriarchat in Istanbul seit 17 Jahrhunderten in dieser Region tätig sei, genieße es "im Grunde keine rechtliche Anerkennung". Weil es keinen Rechtsstatus habe, dürfe es keinen Grundbesitz erwerben oder veräußern.
Die theologische Hochschule des Ökumenischen Patriarchats warte bereits seit 40 Jahren vergeblich darauf, dass sie ihren Lehrbetrieb zur Ausbildung des theologischen Nachwuchses wieder aufnehmen dürfe, sagte der Ökumene-Beauftragte der Deutschen Bischofskonferenz, Bischof Gerhard Feige von Magdeburg. Die deutschen Bischöfe beobachteten die Situation in der Türkei schon seit langem aufmerksam. Er hoffe sehr, dass der Papstbesuch "weitere Verbesserungen im Bereich der Religionsfreiheit" bringe.
Franziskus in der Türkei
Gleichzeitig sei die in der Türkei geplante Begegnung zwischen dem Ökumenischen Patriarchen von Konstantinopel, Bartholomäus I., und dem Papst auch ein Zeichen dafür, welch "hohen Stellenwert" das katholische Oberhaupt der gelebten Ökumene beimisst, sagte Feige. Das Verhältnis sei von großem Respekt und hoher Wertschätzung geprägt.
Papst Franziskus startet am Freitag zu einer dreitägigen Türkei-Reise. In Ankara stehen zu Beginn politische Gespräche auf dem Programm, unter anderen mit Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan. Am Samstag und Sonntag stehen der interreligiöse Dialog und die Ökumene im Mittelpunkt.