Aus Protest gegen die geplante islamfeindliche "Kögida"-Demonstration am Montag in Köln hat ein breites Bündnis von Kirchen und Organisationen zu einer Gegenveranstaltung aufgerufen. Unter dem Motto "Köln stellt sich quer" formiert sich im Stadtteil Deutz eine Gegendemonstration, der sich neben der evangelischen und katholischen Kirche mehrere muslimische Organisationen sowie die Musiker-Initiative "Arsch huh" angeschlossen haben. Die Veranstalter rechnen mit etwa 1.000 Teilnehmern. In der Kölner Altstadt werden nach Polizeiangaben unter dem Motto "Kein Veedel für Rassismus" jeweils 300 Protestler an mehreren Stadtorten gegen "Kögida" erwartet.
Die "Kögida"-Demonstration (Köln gegen die Islamisierung des Abendlandes) soll ab 18 Uhr vom Ottoplatz vor dem Deutzer Bahnhof über die Deutzer Brücke zum Roncalliplatz am Dom führen, wo eine Abschlusskundgebung geplant ist. Die Veranstalter erwarten nach Polizeiangaben rund 500 Teilnehmer.
Tradition des Humanismus und der Aufklärung
Vertreter der großen Religionsgemeinschaften in Köln betonten in einer gemeinsamen Erklärung, Köln lebe von der Vielfalt von Menschen mit unterschiedlichen kulturellen Wurzeln und religiösen Bindungen.
"Wir stellen uns in der Tradition des Humanismus und der Aufklärung, aber auch im Wissen um den Missbrauch, der von Religionen ausgehen kann, gegen jede Form der religiösen Diskriminierung", heißt es in dem Aufruf, der vom Evangelischen Kirchenverband Köln, der Synagogen-Gemeinde, dem katholischen Stadtdekanat, dem Katholikenausschuss und der Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen in Köln unterzeichnet wurde.
Auch mehrere muslimische Organisationen rufen zur Unterstützung der Gegendemonstrationen in Köln auf. Damit wollten sie "ein deutliches und unmissverständliches Zeichen gegen Islamfeindlichkeit, Rassismus, Ausländerfeindlichkeit, Fremdenhass und für die Solidarität mit den Flüchtlingen" setzen, hieß es dem Aufruf.
Unterzeichner sind unter anderem der Koordinationsrat der Muslime, die Union der Türkisch-Islamischen Kulturvereine (ATIB), die islamische Gemeinschaft Milli Görus und die Union Europäisch-Türkischer Demokraten (UETD).
Lob für dunklen Dom überwiegt
Im Rahmen der Protestaktion "Licht aus für Rassisten" schalten während der Demonstration von 18.30 bis 21 Uhr mehrere bekannte Gebäude in der Stadt die Außenbeleuchtung ab. Unter anderem sollen der Kölner Dom, die Antoniterkirche und das Schokoladenmuseum dunkel bleiben.
Die evangelische Antoniterkirche in der Innenstadt bleibe von 18.30 bis 21 Uhr dunkel, teilte die dortige Gemeinde am Samstag mit. Damit wolle die Kirche, die sich auf der beliebten Einkaufsstraße Schildergasse befindet, "mitten in der Stadt ein klares Zeichen gegen Fremdenhass und Ausgrenzung" setzen. Das Gotteshaus bleibt den Angaben zufolge während der Aktion geöffnet. Besucher könnten ein Licht für den Frieden am Anti-Kriegs-Denkmal Schwebender von Ernst Barlach entzünden, wo sich zurzeit das Friedenslicht von Bethlehem befindet, hieß es.
Auch das Kölner Schokoladenmuseum soll am Montagabend unbeleuchtet bleiben. "Es besteht die Hoffnung, dass das normalerweise beeindruckend beleuchtete Kölner Stadtpanorama am Abend der Demonstration im Dunklen bleibt und den Demonstranten so keine Kulisse bietet", erklärte das Museum am Samstag.
Lob aus dem Vatikan
Die angekündigte Verdunkelung des Kölner Doms hat überwiegend positive Reaktionen ausgelöst. Auch im Vatikan trifft die Aktion auf Zustimmung. Dessen offiziöse Tageszeitung "Osservatore Romano" berichtet in ihrer italienischen Sonntagsausgabe ausführlich über die Entscheidung. Die Zeitung erklärt dazu, Ressentiments gegenüber Migranten hätten in den vergangenen Monaten in Deutschland "exponentiell" zugenommen.
Neben Bundespolitikern wie dem stellvertretenden Vorsitzenden der SPD-Bundestagsfraktion, Rolf Mützenich, und dem Vorsitzenden des Auswärtigen Ausschusses des Bundestages, Norbert Röttgen (CDU), hat auch der frühere Kölner Oberbürgermeister Fritz Schramma (CDU) die Aktion begrüßt. Er habe Dompropst Norbert Feldhoff "zu dieser Entscheidung gratuliert", sagte Schramma am Samstag im "Deutschlandfunk". Feldhoff plant, die den Dom erhellenden Scheinwerfer während der Kundgebung abzuschalten, in der islam- und ausländerfeindliche Äußerungen erwartet werden. Auch Schramma wandte sich dagegen, dass der Dom "als beleuchteter Hintergrund vielleicht für Bilder, die durch die Welt gehen nachher, ein Spektakulum wird".
Mit Kirchenaustritt gedroht
Mit seiner Entscheidung stieß Feldhoff auch auf Kritik. Gerade die überraschend negativen Reaktionen bis hin zu Kirchenaustritten hätten ihn darin bestätigt, "dass es richtig war, so zu handeln", sagte er dem Kölner "domradio". Nach eigenen Angaben traf er die Entscheidung zunächst allein, erhielt nachträglich aber die volle Unterstützung von Kardinal Rainer Maria Woelki und dem Domkapitel.
Feldhoff bezeichnete die Pegida-Bewegung als "eine außerordentlich gemischte Versammlung". Mit dabei seien auch "wohlmeinende, besorgte Bürger, darunter auch gute Katholiken", so Feldhoff. Allerdings reiche das Spektrum bis hin zu Populisten und Rechtsextremen. Diese "komplexe Mischung" sei das eigentlich Kritische. Seine These sei: "Ein K.o.-Tropfen in dem besten Getränk vergiftet das ganze Getränk", sagte der Dompropst. Die Aktion des Domkapitels sei gemeint als Aufruf: "Folgen Sie denen nicht."
Bei einer Demonstration der rechtspopulistischen Gruppierung "Hooligans gegen Salafisten" (HoGeSa) am 26. Oktober in Köln war es zu gewalttätigen Ausschreitungen gekommen.