Ordensmann zu Religionsfreiheit in Sri Lanka

"Sie fürchten unsere Anziehungskraft"

In Sri Lanka ist die Minderheit der Katholiken oft mit staatlichen Repressionen konfrontiert. Im Interview schildert der Dekan der Medienfakultät am katholischen Aquinas University College in Colombo, Benediktinerpater Benedict Joseph, die Situation.

Benediktinerpater Benedict Joseph (KNA)
Benediktinerpater Benedict Joseph / ( KNA )

KNA: Sri Lanka ist ein multireligiöses Land, mit den Katholiken als einer der kleinsten Glaubensgemeinschaften. Wie steht es um die Religionsfreiheit für Christen?

Joseph: Echte Religionsfreiheit gibt es nicht in Sri Lanka. Wir werden zwar nicht verfolgt, aber der Staat legt uns viele Hindernisse in den Weg. Ich würde uns Katholiken vor dem Gesetz bestenfalls als geduldete Religion bezeichnen.

KNA: Nennen Sie Beispiele.

Joseph: Die Regierung unterdrückt im Grunde alles, was das kirchliche Leben tiefer in der Gesellschaft verankern könnte. Die Gründung von katholischen Organisationen ist kaum möglich, selbst wenn es sich nur um karitative Vereine auf Dorfebene handelt. Der Neubau von Kirchen oder die Umnutzung bestehender Gebäude als Gebetsort ist untersagt, ebenso die Gründung neuer Gemeinden. Übertritte Andersgläubiger werden nicht geduldet, obwohl die Kirche gar keine aktive Missionierung betreibt. Christliche Lehrer dürfen nicht an staatlichen Schulen unterrichten. Überhaupt: Christen werden Sie in Sri Lanka nicht in höheren offiziellen Positionen finden.

KNA: Was sind die Gründe für solche Repressalien?

Joseph: Der buddhistische Nationalismus ist auf der Insel eine starke Kraft. Die Radikalen sind zwar eine Minderheit, aber dafür sind sie sehr laut und haben Einfluss auf die Politik. Sogar gewalttätige Angriffe ahndete die Polizei in der Vergangenheit so gut wie nicht. Die Kirche gilt immer noch als ein europäischer Fremdkörper, obwohl sie längst ein eingeborener Teil Sri Lankas ist. Es geht um Identität - man fürchtet unsere Anziehungskraft. Aus Sicht dieser Leute muss man sogar sagen: nicht zu Unrecht.

KNA: Wie meinen Sie das?

Joseph: In unseren Gemeinden herrscht ein starker Zusammenhalt, und sie strahlen sehr viel Freude aus. Das mögen Menschen nun mal. Außerdem geben kirchliche Hilfsinitiativen ein Vorbild für soziale Fürsorge, die der Staat nicht bietet, und die katholischen Schulen sind sicherlich die besten Bildungsstätten des Landes. Unsere Einrichtungen stehen jedem offen. Aber ich sage noch einmal: Uns geht es nicht um Abwerbung. Wir folgen nur dem Auftrag, das Evangelium vorzuleben. Und wer aus freier Überzeugung Katholik werden will, sollte das tun können.

KNA: Im Westen stutzen immer noch viele, wenn sie von aggressiven Buddhisten hören. Die Religion gilt als Inbegriff der Friedfertigkeit.

Joseph: Damit hätte also auch der Buddhismus seine fehlgeleitete Abart vorzuweisen - wie die anderen Weltreligionen im Lauf ihrer Geschichte. Dasselbe gilt ja auch in Myanmar. Jedes Glaubenssystem kann zu Gewalt führen, wenn es sich mit Überlegenheitsgefühlen und nationalistischen Ängsten vermischt - selbst wenn die zentralen Lehren Gewaltlosigkeit fordern.

KNA: Wie behandelt der Staat die anderen beiden Minderheitsreligionen?

Joseph: Die Hindus haben viel weniger Probleme. Die Nationalisten sehen sie als Teil der srilankischen Tradition. Der Bürgerkrieg zwischen den meist buddhistischen Singhalesen und den überwiegend tamilischen Hindus war ja nicht religiös, sondern ethnisch begründet. Muslime leiden aber auch unter radikal-buddhistischer Hetze, zuletzt sogar noch mehr als die Christen. Dabei brachten arabische Kaufleute den Islam sogar ein paar Jahrhunderte vor Ankunft der Portugiesen auf die Insel. Trotzdem: Für die Scharfmacher orientieren sich beide Religionen an einem ausländischen Zentrum und dürfen nicht dazugehören.

KNA: Die Abwahl des autoritären Präsidenten Rajapaksa war immerhin ein Dämpfer für diese Kräfte. Sind die Hoffnungen in seinen Nachfolger Sirisena begründet?

Joseph: Ich meine schon. Vertreter aller vier Religionen haben ihn unterstützt - das ist schon mal ein gutes Zeichen. Sirisenas tritt als moderater und am Gemeinwohl orientierter Politiker auf. Damit hat er die Kirche auf seiner Seite. Auf staatlicher Ebene könnte sich also einiges ändern. Die mit Rajapaksa verbündeten buddhistischen Gruppen sind aber gerade in den letzten Jahren stärker geworden. Sie haben sich vor der Wahl nur zurückgehalten, weil die Ablehnung von Rajapaksas Cliquenwirtschaft zu groß wurde. Sirisena darf seine Glaubwürdigkeit jetzt nicht verspielen.

Das Interview führte Christoph Schmidt.


Quelle:
KNA