In Deutschland können immer mehr Erwerbstätige kaum von ihrem Einkommen leben. Ende 2013 bezogen rund 3,1 Millionen Beschäftigte ein Einkommen unterhalb der Armutsschwelle, wie die "Saarbrücker Zeitung" (Wochenende) unter Berufung auf einer Sonderauswertung des Statistischen Bundesamtes mitteilte. Im Jahr 2008 hatte die Zahl noch bei rund 2,5 Millionen gelegen. Das ist eine Steigerung um 25 Prozent. Insgesamt liegt danach die sogenannte Armutsgefährdungsquote mit 16,1 Prozent auf Rekordniveau.
Als armutsgefährdet gilt, wer einschließlich aller staatlichen Transfers wie zum Beispiel Wohn- oder Kindergeld weniger als 60 Prozent des mittleren Einkommens erzielt. 2013 lag diese Schwelle in Deutschland bei 979 Euro netto im Monat. Bei Familien mit zwei Kindern spricht man von Armutsgefährdung, wenn das monatliche Nettohaushaltseinkommen unter 2.056 Euro liegt.
Verzicht auf Heizung und gutes Essen
Die Sonderauswertung zeige zudem, dass 379.000 der armutsgefährdeten Erwerbstätigen im Jahr 2013 ihre Miete nicht rechtzeitig bezahlen konnten, 417.000 auf ein angemessenes Heizen verzichteten und 538.000 beim Essen sparten, indem sie nur jeden zweiten Tag eine vollwertige Mahlzeit zu sich nahmen.
Nach Angaben der Statistiker ist die Armutsgefährdung im Jahr 2013 in Ostdeutschland deutlich höher als im früheren Bundesgebiet. Am geringsten ist sie seit 2005 durchgängig in Baden-Württemberg und Bayern, am höchsten seit 2010 in Bremen und Mecklenburg-Vorpommern. 2013 lag das Armutsrisiko in Baden-Württemberg bei 11,4 Prozent und in Bayern bei 11,3 Prozent.
DGB fordert bessere Sozialleistung
DGB-Vorstandsmitglied Annelie Buntenbach sprach am Samstag von einem "Skandal" in einem der reichsten Länder der Erde. Der gesetzliche Mindestlohn werde nicht reichen, um Armut trotz Arbeit zu beseitigen. Nötig seien auch bessere Sozialleistungen. "Vielerorts explodieren die Mieten - deshalb muss dringend das Wohngeld angehoben werden, damit auch Menschen mit niedrigen Einkommen ihre Mietkosten begleichen können." Auch der Kinderzuschlag für Geringverdiener müsse erhöht werden.
Die Präsidentin des Sozialverbandes VdK, Ulrike Mascher, sagte der Zeitung: "Die Zahl der Erwerbstätigen, die mit ihremEinkommen knapp unter oder geringfügig über den staatlichen Hartz-IV-Leistungen liegen, ist erschreckend hoch." Für viele sei offenkundig das Wohngeld unzureichend, um einigermaßen über die Runden zu kommen.
Die arbeitsmarktpolitische Sprecherin der Linken, Sabine Zimmermann, forderte eine rasche Anhebung des Mindestlohns von 8,50 auf 10 Euro.