domradio.de: Welchen Stellenwert hat das Heilige Jahr in Rom, in der Kurie? Steht da jetzt alles Kopf oder interessiert es eigentlich keinen?
Pater Bernd Hagenkord (Leiter der deutschsprachigen Redaktion von Radio Vatikan): Diejenigen in der Kurie, die davon wussten, sind vorbereitet und haben schon Ideen. Sie wollen das Thema Barmherzigkeit aufgreifen. Das ist noch einmal ein Meilenstein für dieses Pontifikat. Das ist für den Vatikan ein großes Ereignis.
domradio.de: Wie läuft so ein Heiliges Jahr denn ab?
Hagenkord: Erst einmal wird der Papst am Sonntag nach Ostern die Bulle verlesen, das offizielle Schreiben. Das ist sehr formal, da wird der Papst den Text vor St. Peter verlesen. Und dann geht es am 8. Dezember los, dann wird die Heilige Pforte geöffnet. St. Peter hat ganz rechts ein Pforte, die zugemauert ist. Die wird nur für Heilige Jahre geöffnet. Die anderen drei päpstlichen Basiliken in Rom haben auch solche Pforten, die auch geöffnet werden. Das ist ein neuer Weg zum Heil, ein Türöffnen.
domradio.de: Während eines Bußgottesdienstes im Petersdom hat Franziskus das Heilige Jahr am Freitag angekündigt, am zweiten Jahrestag seiner Papstwahl. Was hat das zu bedeuten?
Hagenkord: Wenn man sich den Wahlspruch von Franziskus anschaut, dann heißt der frei übersetzt: Mit den den Augen der Barmherzigkeit. Er hat schon ganz am Anfang seines Pontifikates dieses Thema Barmherzigkeit ganz groß für sich auf die Tagesordnung gesetzt. Er ist nicht der erste Papst, der das tut. Papst Benedikt hat in seiner ersten Enzyklika darüber gesprochen. Papst Johannes Paul hatte sogar eine eigene Enzyklika zum Thema Barmherzigkeit. Franziskus greift das sozusagen auf, gibt dem neuen Schwung und will das jetzt auch noch einmal in einem Heiligen Jahr feiern. Zwei Jahre Franziskus sind da, glaube ich, nicht so der Anlass. Sondern er lässt das Jahr ja genau am 50. Jahrestag des Ende des Zweiten Vatikanischen Konzils beginnen. Das ist wichtig.
domradio.de: Was will Franziskus damit aussagen?
Hagenkord: Der Papst - genau wie seine Vorgänger - legt ja großen Wert darauf, dass die Konzilsidee und die Konzilstexte weiter getragen werden. Die meisten von uns kommen ja aus einer Generation, die noch gar nicht gelebt hat, als die Konzilstexte geschrieben wurden, oder denen die Texte zumindest fremd sind. Da muss man nochmal ran, nochmal genauer schauen: Wie lebt sich Kirche im neuen Jahrtausend? Wie leben wir heute untereinander und miteinander? Wie strahlen wir das aus, was wir glauben? Und das alles mit Hilfe des Heiligen Jahres.
Das Interview führte Renado Schlegelmilch.
Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Weder domradio.de noch das Erzbistum Köln machen sich Äußerungen der Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen zu eigen.