Koch: Umfrageteilnehmer warten auf Klarstellungen

Schlüsselwort "Wertschätzung"

Familienbischof Koch sieht einen gesteigerten Erwartungsdruck auf die Familiensynode. Die zweite Kirchenumfrage zeige, dass "man Klarstellungen und Weisungen erwartet, manchmal auch in theologisch grundsätzlichen Fragen".

Autor/in:
Thomas Winkel
Familie beim Tischgebet (KNA)
Familie beim Tischgebet / ( KNA )

Familie, Geschiedene, Homosexuelle - und die katholische Kirche. Die heiklen Themen sind nicht neu. Doch die Antworten auf die zweite Vatikan-Umfrage innerhalb kurzer Zeit haben den Erwartungsdruck an die große Familiensynode im Herbst gesteigert - so die Einschätzung von Familienbischof Heiner Koch. Von der Synode in Rom würden nun "Klarstellungen und Weisungen" erwartet. "Manchmal auch in theologisch grundsätzlichen Fragen wie dem Offenbarungs-, dem Kirchen- oder dem Sakramentenverständnis", so der Familienbischof.

Dass sich Katholiken aus aller Welt im Vorfeld zu Wort melden, geht auf einen Wunsch von Papst Franziskus zurück. Schon in dem Vatikan-Aufruf zur Umfrage ist von einer "pastoralen Wende" die Rede.

Schlüsselwort "Wertschätzung"

Eines der Schlüsselwörter in der am Montag veröffentlichten Antwort der Deutschen Bischofskonferenz heißt nun "Wertschätzung". Es taucht so oder abgewandelt in dem 16-seitigen Papier 11-mal auf, etwa: "Grundsätzlich sollte in der Pastoral eine wertschätzende Haltung auch denen gegenüber eingenommen werden, deren Lebensführung nicht oder noch nicht den Anforderungen des Evangeliums entspricht."

Eine solche Einstellung sei auch gefordert mit Blick auf Alleinerziehende, unverheiratete Paare, Patchwork-Familien und Ehen in Krisen. Insbesondere plädiert das bischöfliche Papier für eine nicht moralisierende Kommunikation - auch gegenüber Menschen, "die sich selbst als Christen und Katholiken sehen, in Fragen von Ehe und Familie aber nicht in der vollen Kongruenz mit der Lehre der Kirche leben oder leben können". Derart moderate Töne waren nicht immer selbstverständlich.

Kein Aufgeben von Grundsätzen

Prompt sehen manche die reine Lehre in Gefahr, den ausgewerteten Fragebögen zufolge handelt es sich jedoch um einen überschaubaren Kreis: "Nur einer kleinen Minderheit ist hier das Ziehen und das möglichst kompromisslose Einhalten von Grenzen ein besonders deutlich vorgebrachtes Anliegen." Außerdem beinhalte eine nicht moralisierende Position keineswegs das Aufgeben von Grundsätzen. Die Verantwortlichen wollen offenbar katholische Werte bewahren und weiterentwickeln, ohne auf Wertschätzung anderer zu verzichten.

Eine Schlüsselstelle sehen die Bischöfe beim Umgang mit Katholiken, die nach einer Scheidung erneut standesamtlich geheiratet haben.

Diese "wiederverheirateten Geschiedenen" können nach katholischer Lehre nicht die Kommunion empfangen. Die Erwartung, dass die Synode hier neue Wege eröffnet, ist den Rückmeldungen zufolge sehr hoch. Im Papier der Bischofskonferenz heißt es: "Eine Pastoral, die in diesen Verbindungen nur einen sündhaften Weg sieht und entsprechend zur Umkehr aufruft, ist nicht hilfreich." Auch mit Blick auf "homosexuelle Personen" - nicht Beziehungen - plädiert das Papier für eine akzeptierende Seelsorge.

Stellungnahmen aus über 100 Bischofskonferenzen

Das Schreiben, das bereits nach Rom ging, dient dem Vatikan zur Vorbereitung der Synode im Herbst - zusammen mit Stellungnahmen aus über 100 anderen Bischofskonferenzen aus aller Welt. Der Schuh drückt nicht überall gleich. Generell begrüßen viele Ortskirchen, im Vorfeld der Bischofsversammlung stärker beteiligt zu werden.

In nicht wenigen Reaktionen auf den Fragebogen kritisieren Katholiken in Deutschland jedoch Wiederholungen und "lebensferne Formulierungen". Deshalb wurden oft nicht alle Themen bearbeitet und es haben weniger Menschen geantwortet als bei der ersten Umfrage. Die Rede ist von etwa 1.000 Papierseiten.

Welche Rolle soll Umfrage spielen?

Ohnehin ist selbst unter führenden Kirchenleuten umstritten, welche Rolle Umfragen spielen sollen. Der Chef der römischen Glaubensbehörde, Kardinal Gerhard Ludwig Müller, warnt davor, die Lebenswirklichkeit zu überwerten: "Der Glaubenssinn des Volkes Gottes hat daher nichts mit Umfrageergebnissen zu tun oder einem Plebiszit, mit dem die 'Basis' der dem Leben entrückten 'Hierarchie' endlich einmal die Augen öffnen könnte."

Dagegen unterstreicht der Osnabrücker Bischof Franz-Josef Bode, der gemeinsam mit Kardinal Reinhard Marx und dem Dresdner Bischof Koch an der Synode teilnehmen wird: "Es darf nicht sein, dass Lehre und Leben völlig auseinanderfallen." Für Koch zeigen die Umfrageergebnisse, dass der Vatikan die Synode solide vorbereiten sollte: "Die Zeit drängt." Die Erwartungen sind hoch, und es bleibt weniger als ein halbes Jahr.


Bischof Koch (KNA)
Bischof Koch / ( KNA )
Quelle:
KNA