Katholische Nachrichten-Agentur (KNA): Herr Bischof Fürst, worauf freuen Sie sich beim Deutschen Evangelischen Kirchentag (DEKT)?
Bischof Gebhard Fürst: Besonders auf die ökumenische Bibelarbeit mit dem württembergischen Landesbischof. Frank Otfried July und ich setzen uns dabei mit dem Gleichnis von den klugen und törichten Jungfrauen aus dem Matthäus-Evangelium auseinander. Das passt gut zum Leitwort des Kirchentages "... damit ihr klug werdet". Wir wollen der Frage nachgehen, was es für Christen heute heißt, klug zu sein.
KNA: Wo wirken Sie sonst noch mit?
Fürst: Zum Beispiel bei der Eröffnung am Mittwochabend und beim zentralen ökumenischen Gottesdienst am Abend des Fronleichnamstages mit dem badischen Landesbischof Jochen Cornelius-Bundschuh. Aber ich bin auch den ganzen Samstag beim DEKT.
KNA: Die Ökumene in Baden und Württemberg gilt bundesweit als vorbildhaft. Wo macht sich das bemerkbar?
Fürst: Zum Beispiel in der Bibelarbeit. Auch die Kardinäle Karl Lehmann und Reinhard Marx kommen nach Stuttgart. Der Rottenburger Domkapitular Heinz Detlef Stäps sitzt für die katholische Seite im Lenkungsausschuss, der den DEKT vorbereitet. Wir bieten katholische Kirchen und Einrichtungen als Veranstaltungsorte an, präsentieren uns selbst als Martinsdiözese.
KNA: Sowohl beim DEKT als auch beim Zentralkomitee der deutschen Katholiken (ZdK) wird hinter den Kulissen heftig über das Format solcher Treffen gesprochen ...
Fürst: ... weil wir zum Beispiel darüber nachdenken, ob Podiumsvorträge mit anschließender Diskussion die Erwartungen vieler Menschen treffen. Das Publikum ist auf die Rolle des Zuhörers beschränkt, und es ist schwierig, wenn von mehr als 1.000 Teilnehmern am Ende drei Fragen gestellt werden können. Viele haben heute stärker eine Eventorientierung, die politische oder theologische Diskussion tritt in den Hintergrund. Andererseits können wir nicht auf Podien verzichten, wenn wir bekannte Politiker und andere gesellschaftliche Führungskräfte einladen wollen. Die Debatte über die Formate ist nicht einfach und wird sicher weitergehen.
KNA: Welche inhaltlichen Akzente erhoffen Sie sich?
Fürst: Wir leben in einer sich rasant ändernden Welt, am 'Ende der Normalität', wie es der Autor Gabor Steingart sagt. Diese Situation darf aber nicht nur gespiegelt werden, sondern ich erhoffe mir aktive Beiträge zu der Frage, wie die Zukunft gestaltet werden kann. Es geht um die Herausforderung, das Hoffnungspotenzial des christlichen Glaubens konstruktiv-kritisch einzubringen.
Konkret: Was tun wir für die Menschen, die vor menschenunwürdigen Bedingungen und Armut fliehen? Wie gehen wir damit um, dass Europa, das größte Friedens- und Wohlstandsprojekt der Weltgeschichte, durch Finanzprobleme, ein Nord-Süd-Gefälle und kriegerische Auseinandersetzungen an seinen Rändern bedroht ist?
Es gibt in Deutschland nicht so viele Veranstaltungen, bei denen so wie auf Kirchen- und Katholikentagen um gesellschaftliche Lösungen gerungen wird. Klug sein heißt nicht nur, gut informiert zu sein, sondern schließt auch helfendes Handeln ein. Von Stuttgart müssen Hoffnungszeichen ausgehen.
Die Fragen stellte Michael Jacquemain.