Ein Willkommen mit Kuchen aus Kokamehl und einem Altar aus Maiskolben und Kokosnüssen: Millionen Gläubige fiebern der zweiten Lateinamerika-Reise von Papst Franziskus entgegen. Ab Sonntag besucht er Ecuador, Bolivien und Paraguay. Für die fünf Großmessen wird jeweils mit bis zu einer Million Teilnehmer gerechnet, Paraguays Hauptstadt Asunción erwartet mindestens 300.000 Pilger aus dem Nachbarland Argentinien, der Heimat von Franziskus.
Da auch zahlreiche indianische Völker an den Messen teilnehmen, werden diese in die Sprachen Quechua, Aymara und Guaraní übersetzt. Er wolle die christliche Botschaft in die entfernteste Peripherie tragen, sagte der Papst vor seiner Abreise in einer Videobotschaft an die Bevölkerung der drei Länder. Hintergrund ist die zunehmende soziale Ungleichheit in Lateinamerika.
Paraguay ist das katholischste Land in Lateinamerika. Laut einer Studie des US-Forschungszentrums Pew bezeichnen sich 89 Prozent der knapp sieben Millionen Einwohner als praktizierende Katholiken, in Ecuador sind es 79 Prozent (rund 15 Millionen Einwohner) und in Bolivien 77 Prozent (knapp 11 Millionen Einwohner). Insgesamt leben mehr als 425 Millionen Katholiken in Lateinamerika, das entspricht rund 40 Prozent aller katholischen Gläubigen weltweit.
"Klima des Friedens"
Die Reise des 78-Jährigen Pontifex wird auch politischer Natur sein. Mit Besuchen in den Armenvierteln will er seine Idee einer Kirche für die Armen verdeutlichen. In vielen Ländern Südamerikas zeigen sich derzeit soziale Konflikte. Der Kontinent befindet sich nach Jahren des Aufschwungs in einer wirtschaftlichen Krise. Vor allem die großen Volkswirtschaften wie Brasilien und Argentinien straucheln. Ausnahmen sind Gastgeber Bolivien und Paraguay, für die der Internationale Währungsfonds (IWF) 2015 ein Wachstum von rund vier Prozent vorhergesagt hat.
Erdölexporteur Ecuador leidet hingegen unter dem niedrigen Ölpreis. Proteste gegen die Regierung halten das Land seit Anfang Juni in Atem. Auslöser war eine geplante Reform der Erbschaftssteuer, die Präsident Rafael Correa derweil auf Eis gelegt hat, um für den Papstbesuch ein "Klima des Friedens" zu schaffen. Auch die Bischofskonferenz rief mehrmals zur nationalen Einheit auf. Doch die Proteste halten an. Vor einer Woche gingen allein in der Hafenstadt Guayaquil rund 375.000 Menschen auf die Straße.
Treffen mit Kokabauern
Um soziale Gerechtigkeit, Armutsbekämpfung und Klimaschutz geht es beim zweiten Welttreffen der Volksbewegungen in Santa Cruz in Bolivien, an dem Franziskus zusammen mit Präsident Evo Morales teilnehmen wird. Gut zwei Drittel der bolivianischen Bevölkerung haben indianische Wurzeln, so wie Regierungschef Morales, der zum Volk der Aymara gehört und früher Kokabauer war. So wird der Papst sich mit Kokabauern treffen, die ihm einen Kuchen aus Kokamehl überreichen wollen. In Bolivien ist der Anbau und Konsum von Kokablättern erlaubt.
Die starke Verbindung indianischer Völker zu ihrem Land und ihre Rolle im Naturschutz hat Franziskus in seiner neuen Enzyklika gewürdigt. Er selbst spricht von der "Pflege des gemeinsamen Hauses" und "Mutter Erde". Konzepte, die der Weltanschauung zahlreicher indianischer Völker entsprechen.
Ecuadors Präsident hat das Werk im Vorfeld der Reise in den höchsten Tönen gelobt. Ecuador war 2008 das weltweit erste Land, das die Rechte der Natur in der Verfassung festschrieb. Umweltschützer kritisieren, diese Rechte würden dennoch missachtet. Im geschützten Yasuní-Nationalpark mitten im Regenwald haben die Vorbereitungen für Ölbohrungen begonnen.
Begegnung mit Homosexuellen
In Paraguay fühlen sich Kleinbauern und indianische Gruppen vom offiziellen Programm des Papstes ausgeschlossen. Für die schwächste Gruppe der Bevölkerung gebe es keine Möglichkeit zum Dialog, kritisierte der Sprecher der Nationalen Kleinbauern-Organisation, Luis Aguayo.
Geplant ist allerdings ein Treffen mit der Homosexuellenbewegung Paraguays. Franziskus lehnt die Homo-Ehe zwar ab, sprach sich aber bereits 2013 beim Weltjugendtag Brasilien gegen eine Diskriminierung Homosexueller aus. In Paraguay sowie Bolivien sind gleichgeschlechtliche Partnerschaften verboten. In Ecuador können homosexuelle Paare ihre Lebensgemeinschaft seit Herbst registrieren lassen.
Regine Reibling