Für die Reiseplaner aus dem Vatikan ist Bolivien vor allem ein Sorgenkind gesundheitlicher Natur: Der nicht mit der Höhenluft vertraute Papst, der seit seiner Jugend mit nur einem intakten Lungenflügel lebt, wird bei seiner Ankunft aus Ecuador auf dem Hauptstadt-Flughafen El Alto in La Paz landen - auf 4.100 Metern. Schon wenige Stunden später geht es in die tiefer gelegene Stadt Santa Cruz de la Sierra.
Doch selbst in den vier Stunden in La Paz schont sich der 78-Jährige nicht, sondern absolviert auch hier ein langes Programm: Er besucht Staatspräsident Evo Morales im Regierungspalast, trifft Priester und Ordensleute in der Kathedrale, macht einen Zwischenstopp in der Vatikanbotschaft und gedenkt der Opfer der Diktatur. Und noch zuvor, gleich beim ersten Kontakt mit bolivianischem Boden, segnet Franziskus die Statue der Nationalheiligen, der Jungfrau von Copacabana - wie bereits vor 27 Jahren Johannes Paul II.
Noch auf der Fahrt vom Flughafen nach La Paz will Franziskus einen Kurzstopp an jener Stelle machen, an der im März 1980 die mit 21 Schüssen durchlöcherte Leiche des entführten Jesuiten Luis Espinal gefunden wurde. Der Ordensmann war eines der vielen Opfer des Regimes von Luis Garcia Meza (1980-1981).
Drei Viertel der Bolivianer sind katholisch
Fast ständiger Begleiter wird Staatspräsident Morales sein, der Franziskus bereits dreimal begegnete: im September 2013 und Oktober 2014 im Vatikan sowie beim Weltjugendtag in Rio im Juli 2013. Morales ist in seinem Land umstritten. Kritiker halten ihm vor, das Land in eine Diktatur zu steuern und zu wenig gegen den Drogenhandel zu tun. Zudem steht Boliviens Gesundheitsbudget am Pranger, das nur 6,2 Prozent des Staatshaushalts ausmacht. Morales freilich rief dazu auf, ideologische Fragen beim Papstbesuch zurückzustellen und Franziskus willkommen zu heißen. Boliviens Ansehen im Ausland müsse gewahrt werden.
74 Prozent der Bolivianer bezeichnen sich selbst als katholisch, 22 Prozent als Angehörige anderer christlicher Konfessionen. Nur drei Prozent sehen sich als Agnostiker oder Atheisten.
Verkehrslotsen tragen Zebrakostüme
Beim zweiten "Welttreffen der Volksbewegungen" am Donnerstag wollen die von Morales geförderten Koka-Bauern dem Papst auch Produkte wie Kekse oder Tee aus jener Pflanze überbringen, die als Kokain-Rohstoff dient und unter das internationale Einheitsabkommen über Betäubungsmittel von 1961 fällt. In Bolivien, Peru und Kolumbien wird sie angebaut. Morales stieg 2011 aus dem Abkommen aus und setzt sich vehement für eine Legalisierung der Koka-Nutzung für Genussmittel und Kosmetika ein.
Kirche und Behörden versuchen, dem erwarteten Ansturm gerecht zu werden. Millionen Menschen werden bei der Freiluftmesse in Santa Cruz am Donnerstag erwartet. Karmelitinnen haben 600.000 Hostien für die Papstmesse gebacken; die Bischöfe haben die Gläubigen wiederholt gebeten, Pilger bei sich aufzunehmen. Die Stadtverwaltung hat unzählige Verkehrslotsen ausgebildet, die - zur besseren Wahrnehmung - Zebrakostüme tragen.
Gefängnisbesuch steht unter großer Beobachtung
Große Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit wird auch Franziskus' Besuch im berüchtigten Gefängnis Palmasola am Freitag haben. Die Häftlinge wollen dem Papst laut Medienberichten einen Klagebrief über ihre unzumutbaren Haftbedingungen geben. Auch von einer Klage über eine langsame Justiz ist die Rede.
Von den rund 14.000 Häftlingen in Bolivien leben 5.300 in Palmasola - viele ohne ein Gerichtsurteil. Es ist nicht nur das größte, sondern auch das konfliktreichste Gefängnis des Landes. Immer wieder kommt es zu Unruhen unter den Häftlingen; vor zwei Jahren kamen 35 Menschen ums Leben, darunter auch ein Baby. Der Papstbesuch könnte hier zumindest kurzfristige positive Effekte bringen: Die bolivianischen Gerichte haben angekündigt, die Verfahren der Palmasola-Insassen zu beschleunigen.