13.07.2015 Die letzten Vorbereitungen
Bevor es am Mittwoch nach Chile geht, haben der 17-jährige Schüler Maximilian Sigel und Organisator Gero Schlesinger im domradio-Studio Platz genommen und über ihre Reisepläne berichtet.
Das Interview mit Maximilian und Gero gibt´s hier zum Nachhören!
Seit einem knappen Jahr bereiten sich Maximilian und sieben weitere Mitglieder der Camino-Jugend aus der Kölner Innenstadt-Gemeinde St. Peter auf den Besuch bei der Partnergemeinde in Chile vor. Gemeinsam wurde wöchentlich Spanisch gelernt, die kulturellen und geschichtlichen Hintergründe erarbeitet und der Kontakt zur Partnergemeinde in Arica im äußersten Norden des Andenstaates aufgebaut. Begleitet werden die Jugendlichen im Alter von 15-25 Jahren von zwei Erwachsenen und Pfarrer Werner Holter SJ.
Arica grenzt im Norden Chiles an Peru und liegt direkt am Pazifik. Mit rund 200.000 Einwohnern ist die Stadt unter anderem Anlaufpunkt für Arbeitssuchende und Obdachlose aus Peru. Die beiden von Jesuiten geleiteten Partnergemeinden Santa Cruz und Carmen unterhalten mit finanzieller Unterstützung von Sankt Peter Köln eine Suppenküche, in der täglich 150 Menschen eine warme Mahlzeit erhalten. Arme, alkohol- und drogenabhängige Männer finden ebenso einen Ort der Annahme wie auch Jugendlichen, die in den Sommermonaten an einer Ferienfreizeit teilnehmen können.
Vor Ort werden die Jugendlichen in einem Workcamp die sozialen Projekte unterstützen. Gemeinsames Kochen und Essensausgabe in der Suppenküche, Reparaturen an Gebäuden und die Begegnungen mit den Menschen stehen im Vordergrund. Aber auch Natur und Landschaft Chiles stehen in einigen Ausflügen auf dem Programm wie z.B. die Fahrt zum 4.500 m hoch gelegenen Lago Chungará. Untergebracht wird die Camino Jugend in Gastfamilien, wo sie das typisch Chilenische Leben hautnah erleben können.
Auf dem Rückweg nach Köln wird die Gruppe durch Peru reisen und zahlreiche Sehenswürdigkeiten besichtigen. Als Höhepunkt gilt die Fahrt zur Zufluchtsstätte der alten Inkas: Machu Picchu. Abgerundet wird die Reise durch Peru mit einer Erkundung der Hauptstadt Lima.
Die Finanzierung dieser Reise basierte auf drei Pfeilern: dem Eigenanteil der Mitreisenden, Spenden und Fördergelder sowie gemeinsamer Aktivitäten wie z.B. Gartenarbeit, Bücherverkauf und Umzugshelfer.
Zwei Tage vor Abreise ist die Freude bei allen Mitreisenden spürbar. Mit dem Segen, den die Gemeinde von Sankt Peter gespendet hat, ist die Camino Jugend gut gerüstet und freut sich auf drei Wochen Südamerika.
16./17.07. Eine lange Reise
Chile haben wir nach rund 25 Stunden Reisezeit erreicht, allerdings ist unsere Gruppe in Santiago gestrandet, da der Flug von Paris aus verspätet ankam und den Anschlussflug nach Arica schon weg war. Ein Weiterflug ist erst am darauffolgenden Tag für alle möglich und daher erhalten wir von Air France die Möglichkeit im Zentrum von Santiago ein Hotel zu beziehen. Trotz des ungeplanten Zwischenstopps in der Hauptstadt Chiles ist die Stimmung der Caminos hervorragend und auf Entdeckung gepolt.
Bei winterlichen Temperaturen von um die 15 Grad Celsius steht die Entdeckung der Innenstadt an erster Stelle. Richtig beeindruckend ist die Weitläufigkeit und Vielseitigkeit der Stadt. Wir treffen auf ein, trotz sichtbarer Armut, sehr lebensfreudiges Volk. Wir sind am Festtag der Nationalheiligen und Schutzpatronin Chiles "Nuestra Señora del Carmen" da. Wir machen also einen Rundgang durch die Innenstadt, besuchen die Kathedrale von Santiago und die älteste Kirche Santiagos "San Francisco". Gelebter Glaube findet in Chile - so ist unser Eindruck - deutlich kitschigere Ausdrucksformen.
Auf der Plaza de Armas, dem zentralen Platz der Altstadt, erleben wir eine bunte Mischung aus kubanischer Musik, Breakdance und folkloristischen Tänze. Den Besuch in Santiago beenden wir mit einem Rundgang durch das hippe Stadtviertel "Bellavista". So muss Berlin-Kreuzberg in den 90er Jahre gewesen sein.
Der abendliche Flug von Santiago nach Arica bringt uns schliesslich in die Arme unserer Gastfamilien, die uns herzlich begrüßen. Wir fühlen uns wie lange nicht gesehene Freunde. Im Gemeindesaal der Partnergemeinde stellt Padre Cristian uns allen die Gastfamilien vor. Viele Jugendliche gehen erst in den frühen Morgenstunden nach einer ausgiebigen Begrüßung schlafen.
18.07. Der erste Tag
Unser erster Tag in Arica startet mit der Besichtigung der Jesuitenkirche "La Nuestra Señora del Carmen". Der Raum ist komplett anders, im Vergleich zu dem, was uns sonst vertraut ist. Ebenso ungewohnt ist der Blick auf Arica während eines Stadtrundgangs, der vom Berg El Morro eine faszinierenden Sicht auf die scheinbar endlosen Weiten der Stadt und des Pazifiks bietet.
Den Nachmittag verbringen wir bei bester Laune mit den "Gastgeschwistern" am Strand und im Meer vor Arica. Der erste Tag geht mit dem Gottesdienst in der Kapelle Cristo Obrero zu Ende. Die Form des Gottesdienst begeistert alle: vorallem die Herzlichkeit, spontan werden aus der Gemeinde Gebete formultiert und es gibt Dialog in der Predigt. Das ermutigt voneinander zu lernen, mehr Emotionen zuzulassen und dadurch eine stärkere Gemeinschaft zu bilden, finden wir.
19.07. Staunen am höchstgelegenen See der Welt
Wir besichtigen den Lago Chungará, dem mit 4.500 Metern höchstgelegenen See der Welt! Am frühen Morgen treffen wir uns an der Pfarrkirche und unserer Tourguide nimmt uns in Empfang. Den ersten Halt gibt´s an der ersten in der Region Arica errichteten Kirche, benannt nach dem heiligen Hieronimo.
Da wir uns langsam an die Höhe gewöhnen müssen, machen wir immer wieder Pausen. Bei einer dieser Pausen gibt es Tee mit Kokablättern, der die Sauerstoffaufnahme erleichtert und so Kopfschmerzen in der Höhe verhindert. Die Landschaft ist beeindruckend. Erst durchqueren wir ein fruchtbares Tal, wo durch eine ausgeklügelte Bewässerung Mais und Tomaten wachsen. Je höher wir kommen, desto nebliger wird es. Als der Nebel sich lichtet, eröffnet sich uns ein spektakuläres Panorama über eine gewaltige Berglandschaft mit stahlblauem Himmel. Die Gegend ist geprägt von einer Steinwüste, in der nur noch baumhohe Kakteen wachsen. Die letzte Station vor dem Lago Chungará legen wir in Putre ein, einer kleinen Stadt mit traditioneller Bebauung, üppiger Vegetation und einer top Aussicht auf die verschneiten Gipfel der Anden.
Über einer Hochebene mit kleineren Seen, vereisten Bachläufen und zahlreichen Vögeln und Lamas erreichen wir den Lago Chungará. Die Höhe wirkt sich bei vielen auf die Koordination, Sprache und trotz vieler gekauter Kokablätter auch auf den Kreislauf aus. Mit langsamen Schritten können wir zum Ufer gehen, fotografieren, genießen oder uns den frischen Wind um die Nase wehen lassen. Einfach ein grandioses Naturwerk! In der Dämmerung rattern wir mit vielen Eindrücken und Bildern im Gepäck über Schotterstraßen zurück nach Arica.
20./21.07. Schmirgeln und Streichen in Arica
Arica am Montagmorgen: früh um 9 Uhr treffen wir von der Camino Jugend mit unseren Gastgeschwistern an der Kapelle in einem der ärmeren Stadtteile von Arica ein. Von Pater Cristian erhalten wir nach Gebet und Lied die Aufgabenstellung für den Tag. Handwerklich soll es zugehen, um die Kapelle wieder auf Vordermann zu bringen. Los geht es mit dem Wegschaffen aller Bänke, die Madonnen werden in Folie eingepackt, der Holzaltar in die Raummitte geschoben und Leitern aufgestellt. Ausgerüstet mit Schmirgelpapier, Besen und Lappen heißt es von nun an, die Holzverkleidung anzurauen, alte Nägel zu ziehen und die Vorbereitungen für den Holzschutz zu treffen. Das geht natürlich international am besten mit Musik und so klingen vermutlich die ersten kölschen Töne durch ein Gotteshaus in Arica!
Nachmittags besuchen wir zwei von zahlreichen sozialen Projekten der Jesuiten vor Ort. Ein Teil der Gruppe schaut sich eine Altenbetreuung an, die vornehmlich für Frauen mit wenig familiärem Anschluss und knappem Budget gedacht ist. Der andere Teil trifft Obdachlose und süchtige Männer und Frauen in einer ebenfalls von Jesuiten geleiteten Pfarrei. Beide Gruppen erleben ein gegenseitiges Interesse mit regem Austausch, Respekt und der Erkenntnis, dass Glück nichts mit finanziellen Mitteln zu tun hat.
Einen Tag später: Es ist Dienstagfrüh und die Jugendlichen versammeln sich zum zweiten Teil der Renovierungsaktion in der Kapelle. Heute steht das gemeinsame Streichen von Decke und Holzwand mit einer Lasur an. Mit Rolle und Pinsel klappt das schon ganz gut! Aber nicht nur die Kapelle benötigt eine Auffrischung, sondern auch der Speiseraum im angrenzenden Comedor, einer Suppenküche. Von innen und außen geht es zu Werke: schleifen, lose Stücke von der Wand kratzen und den Boden mit Zeitungspapier auslegen. Frisch abgebürstet werden zahlreiche Pinsel in die blaue Farbe getunkt und schon beginnt das Streichen. Zunächst geht alles recht gesittet von statten, aber schon nach kurzer Zeit ist es durchaus interessant die Mitmalenden farblich zu verschönern. So haben alle viel Freude an der Arbeit und die Zeit bis zum Mittagessen verfliegt rasch.
Am frühen Abend besuchen wir in zwei Gruppen von Jesuiten betreute Comedores. Das sind Suppenküchen, in denen Tagelöhner und Immigranten eine warme Suppe und Tee gegen einen symbolischen Solidaritätsbetrag von 1 Euro erhalten. Wir kommen mit den Frauen und Männern ins Gespräch und sie berichten über ihr entbehrungsreiches Leben und wie wichtig es für sie ist, im Comedor etwas essen zu können. Auch hier ist wieder der Mut und die Motivation zu spüren, die wir in den vorangegangenen Tagen bereits deutlich erfahren durften.
22./23.07. Zusammensein ohne viele Worte
Bunt geht es am Mittwoch weiter. Mit einer gewissen Routine widmen wir uns wieder der Kapelle und dem Comedor. Innen schaut er schon recht ansehnlich aus, doch außen ist noch Verbesserungspotenzial. So wird geschmirgelt und gemalert, gefegt und abgedeckt. Unterbrochen wird das Treiben durch die liebevoll aufgebauten Erfrischungen und Schnittchen, die uns die im Comedor freiwillig arbeitenden Damen bereitet haben. Am Nachmittag gibt es zur Erholung ein paar Stunden Freizeit. Eis essen am Strand, dösen oder mit den chilenischen Gastgebern Zeit verbringen sind die Favoriten. Gegen Abend sehen wir uns wieder Comedores an. Diesmal sind es Obdachlose und alleinstehende Frauen mit Kindern, denen wir eine warme Mahlzeit und Tee reichen. Wir selber kochen und essen dort mit. So kommen wir ins Gespräch. Teilweise ist es durch die undeutliche Aussprache sehr schwer uns zu verständigen, aber letztlich ist es auch gar nicht so wichtig alles zu verstehen. Viel wichtiger ist es da zu sein, mitzuessen, zuzuhören. Wir erzählen aus unserem Leben, was wir in Arica machen. Die Dankbarkeit über das Zusammentreffen ist spürbar. Nach diesen bewegenden Begegnungen sind wir alle inklusive der Patres auf einem Geburtstag eines chilenischen Jugendliche, wo wir den Abend feiernd ausklingen lassen und Pater Holter nach Köln verabschieden.
So langsam kommen wir im Alltag der Chilenen an, jedoch ist es für uns Deutsche schon eine gewisse Umstellung mit der terminlichen Lockerheit in Arica umzugehen. Pünktlich ist hier niemand, selbst Padre Cristián ist regelmäßig verspätet. Dennoch kommen alle früher oder später an der Kapelle an und beginnen nach dem Morgenimpuls mit den letzten Farbarbeiten. Es finden sich immer wieder Stellen, an denen etwas verbessert werden kann. Den Arbeitseinsatz am Donnerstag runden wir mit einem gemeinsamen Mittagessen ab und nutzen den Nachmittag für Besuche in der Innenstadt oder der Beobachtung von zahlreichen Seelöwen im Hafen. Die Jugendlichen laden uns ein, den Abend mit ihnen am Strand ums Lagerfeuer zu verbringen. So schwinden die Stunden mit Gitarre, Congas, Gesang und einem tollen Blick auf die tosende Brandung.
24.7. Da sein für alle
Die letzten Farbarbeiten sind erledigt. Jetzt wird der Boden geschrubbt, poliert und gewienert und die Scheiben erhalten ungetrübte Durchsicht. Ein frischer Duft weht durch die Räume und alle erfreut das geschaffene Ergebnis. Wir beenden die Arbeiten mit einem Mittagessen und sind stolz auf das, was wir gemeinsam geschafft haben.
Seit gut einer Woche sind wir Kölner nun in Arica und haben uns eingelebt. Wir verstehen immer mehr, was Papst Franziskus konkret mit seiner Bitte an die Jesuiten meint, in den verarmten Grenzregionen pastoral zu wirken. Es ist Basisarbeit und Lebenshilfe, niederschwellige Angebote an die Gemeinde. Von den Jesuiten werden in Arica vier Comedores betrieben. Das sind Küchen, in denen Freiwillige, vor allem Frauen, täglich einen Eintopf oder ein anderes einfaches Mahl kochen. Zusätzlich bieten die Gemeinden attraktive Angebote für verschiedene Lebensfragen an.
Am Abend arbeiten wir wieder in den Comedores: Gemüse schnippeln, Servieren und Gesellschaft leisten sind die Aufgaben. Anschließend nehmen wir an einem Festgottesdienst zu Ehren der Virgen de Carmen teil, die in Chile besonders durch religiöse Tänze verehrt wird. Verschiedene Gruppierungen präsentieren sich und ziehen unter lauter Blasmusik in die Kirche ein. Für uns, die wir nüchternere Gottesdienste gewohnt sind, eine andere Welt! Es ist einfach interessant, die andere Kultur auf diese Weise kennenzulernen.
25.7. Tage für Gemeinschaft
Das Wochenende ist ohne Arbeitsprogramm. Auch in Chile gibt es Tage, die der Familie und der gemeinsamen Gestaltung vorbehalten sind. Samstag wird sich individuell verabredet, um in der Wüste mit Snowboards zu fahren, die Stadt zu erkunden oder einfach mal auszuschlafen. Am frühen Samstagabend erleben wir die Vielfalt und Lautstärke der religiösen Tänze. Es ist gefühlt eine Mischung zwischen Karneval und Fronleichnam, da auch die Monstranz in einer Prozession durch die Straßen getragen wird. Statt Festwagen gibt es tragbare Konstruktionen, auf denen prächtig geschmückte Marienstatuen verehrt werden. Zur Abendmesse versammeln wir uns in der Kapelle, die wir renoviert haben. Dort feiern wir Gottesdienst und erhalten als Dank für die geleistete Arbeit ein Souvenir der Gemeinde. Wir danken und verabschieden uns in die Nacht mit einem "Maria breit den Mantel aus".
26.7. Flüchtlinge auch in Südamerika
Der Sonntag ist bis auf die Abendmesse komplett frei und in den Familien. So ist hier Raum, Personen und die Arbeit des Flüchtlingsdienstes vorzustellen, die in der Jesuitenpfarrei arbeiten. Padre Cristián Rodriguez (39) ist einer von vier Jesuiten, die verschiedene Pfarreien und Institutionen in Arica betreuen. Er kümmert sich um die Jugendlichen und ist die Kontaktperson zu Sankt Peter Köln. Unterstützt wird er von der Juristin Marjorie Dinamarca Jofré (30), die als Freiwillige bei den Jesuiten unseren Besuch mit geplant hat und beim Jesuiten Flüchtlingsdienst in Arica Flüchtlingen und illegal eingereisten bei Behördengängen und Anträgen hilft. Diese Arbeit ist hier besonders nötig, da Arica, das früher zu Peru gehört hat, die erste Anlaufstelle für Flüchtlinge aus Peru, Bolivien, Kolumbien und sogar aus Haiti ist. Hier zeigen sich Parallelen zur Flüchtlingssituation in Europa und es wird klar, dass Flucht ein weltweites Thema ist.
28.7. Eine sehr herzliche Sache
Im Pfarrbüro in Arica hat Gero heute zum Telefonhörer gegriffen und im domradio.de-Interview auf die letzten Tage der Camino Jugend in Nordchile geguckt. Morgen ist der große Abschiedstag. Mit einem deutschen Essen wollen sie sich bei ihren Gasteltern bedanken. Dann geht´s für eine knappe Woche weiter nach Peru. Nach der sozialen Arbeit in der Gemeinde geht´s zur alten Inka-Stadt Macchu Picchu.
Wie sich bald vielleicht der Friedensgruß in Köln verändert, das erzählt Gero hier.
27.7. bis 29.7. Adiós Arica!
Die letzten Tage in Arica brechen an. Wir haben mit den Chilenen einiges an Arbeit zusammen geleistet und sind zahlreichen Menschen begegnet. Der Montag steht im Zeichen des historischen Arica, das wir im Anthropologischen Museum kennenlernen. In dieser Ausstellung befinden sich Mumien, die weit über 10.000 Jahre alt sind und die Bedeutung der Region Arica bereits in der Frühzeit dokumentieren. Die verschiedenen Exponate belegen die Entwicklung der Menschen mit ihren Fertigkeiten, Lebensgewohnheiten und Traditionen sehr gut.
Nach dem Eintauchen in die Geschichte geht es beim Besuch eines größeren Friedhofs mehr und mehr in die Gegenwart. Der wesentliche Unterschied zu uns bekannten Friedhöfen besteht in der Grabgestaltung. Über den Gräbern ist meist ein Wellblechdach gebaut und an den Grabrändern sind Sitzgelegenheiten montiert. Diese dienen dazu den Angehörigen bei Besuchen zum Beispiel des Jahrgedächtnisses ein Gedenken zu ermöglichen. Das würde bei uns eher mit einer Anzeige enden. In Chile ist es nämlich Usus die Toten zu besuchen, auf den Gräbern Picknick zu halten und die Dinge zu verspeisen, die der Tote am liebsten gegessen hat. So sehen wir auf zahlreichen Gräbern auch Batterien an leeren Bierdosen.
Ganz in der Gegenwart angekommen sind wir bei der Besichtigung einer Farm für Tomaten und Paprika, die im sehr fruchtbaren Tal des Rio San Jose liegt. Ganzjährig werden hier im Treibhaus Ernten durchgeführt und wir lernen einiges über den Anbau, die Vermehrung und die Pflege der Pflanzen. Verkauft wird die Ernte bis in weit entfernte Städte wie Santiago.
Arica liegt bekanntlich am Pazifik und ist ein idealer Ort zum Wellensurfen. Meterhohe Wellen schon bei Flaute sorgen permanent für eine tosende Brandung. Die unterschiedliche Charakeristik von weitläufigem Strand mit vielen Vögeln, schroffe, ausgewaschene Felsen mit Krebsen und allerlei Meeresgetier und Badebuchten mit feinstem Sand finden sich auf nur wenigen Kilometern Entfernung. Es begeistert alle, sich den Wind um die Nase wehen zu lassen und Neues zu entdecken. Den vorletzten Abend verbringen wir mit unseren Gastfamilien in der Pfarrkirche. Gemeinsam tragen alle in einer kleinen Liturgie vor, wofür in den vergangenen Tagen wir Gott danken möchten. Es zeigt sich eine große Bandbreite an Danksagungen, die die Gastfreundschaft und das Zusammenwachsen der zwei Gemeinden im gemeinsamen Glauben bestätigen und die aufgebaute Freundschaft untereinander betonen.
Uns Kölnern wurde in den vergangenen Tagen viel gezeigt. Wir haben so viel Neues erlebt, wie wir es uns vorher nicht vorgestellt haben. Dafür möchten wir danken. Danken geht am besten mit einem Essen und so haben die Deutschen für die Chilenen ein Essen bereitet. Ein bunter Topf mit Gemüse, Kartoffeln, Ei, Käse und Brühe abgerundet mit einem Obstsalat schmeckt allen und sogar alle vier Jesuitenpatres aus Arica mischen sich unter die Jugendlichen. Ein schönes Beisammensein! Am Abend feiern wir das Fest des Heiligen Ignatius von Loyola, dem Gründer des Jesuitenordens mit einer festlichen Messe. Von da an heißt es Abschied nehmen von der Stadt und den Menschen. Wir erhalten zahlreiche Geschenke als Dank für unser Kommen und die gemeinsame Zeit. Viele werden wir wiedersehen und mit diesem Gedanken packen wir unsere Koffer für Peru und sagen: Adiós Arica!
30. und 31.7. Von Chile nach Peru
Arica und Chile mit den ergreifenden Begegnungen lassen wir nun hinter uns. Vor uns liegt ein neues Land Südamerikas: Peru. Der Weg dorthin und durch das Land findet ausschließlich mit komfortablen Reisebussen statt, die wegen eines mangelnden Eisenbahnnetzes die Haupttransportmittel sind. Einen ersten Zwischenstopp zum Umsteigen nehmen wir in der Grenzstadt Tacna vor. Diese Stadt profitiert sehr von Chilenen, die auf Grund preiswerterer Dienstleistungen und Güter dort einkaufen. Ab Tacna reisen wir gut sechs Stunden im Reisebus durch faszinierende Fels- und Gerölllandschaften nach Arequipa. Es sind unendliche Weiten, durch die sich schnurgerade die Panamericana zieht. Es geht immer höher durch unzählige Serpentinen, die sich an der Andenkordilliere entlang ziehen. Unglaublich schade ist, dass die Straßenränder durch viel Müll verschandelt sind. Arequipa, auf rund 2.350 Metern Höhe gelegen, ist unsere erste Übernachtungsstation. Das Stadtzentrum ist von kolonialen Bauten geprägt, die der Stadt einen spanischen Charakter verleihen.
Den Freitag beginnen wir mit einem Rundgang durch die Stadt. Diese bietet viele Fotomotive und wirkt sehr gepflegt. Wir besuchen das Convento de Santa Catalina, eine Klosteranlage, die wie eine Stadt in der Stadt aufgebaut ist und in der die spanischen Kolonialfamilien ihre ältesten Töchter gegen eine hohe Mitgift an die Kirche „abgaben“. Nach einem Rundgang durch die architektonisch anmutende Plaza de Armas besichtigen wir die Jesuitenkirche am Tag des Hl. Ignatius. Hier bewundern wir vor allem einen Kreuzgang, der mit indianischen Motiven reich geschmückt ist. Auch die alte Sakristei mit ihren voll ausgefüllten Fresken ist sehenswert.
Mittags holen wir unser Gepäck im Hotel ab und reisen wieder mit einem komfortablen Reisebus nach Puno am Titicacasee. Der Weg dorthin führt durch steppiges Hochland mit Vicuñaherden und großen Lagunen mit weißen Flamingos. Am späten Abend erreichen wir Puno und sind durch die Höhe ziemlich erschöpft. Die Nacht ist so schwarz wie nie gesehen und der Vollmond riesig und rund.
1. bis 3.8.
Puno verlassen wir am frühen Morgen mit einem Blick auf den Titicacasee. Am heutigen Tag werden wir zahlreiche Sehenswürdigkeiten von Peru erfahren. Besonders beeindruckend ist Racchi, die alte und für damalige Verhältnisse sehr groß dimensionierte Tempelanlage, die dem höchsten Inkagott Wiracocha gewidmet ist. Die baulichen Werke der Jesuiten sehen wir in zwei Kirchen San Juan und San Pedro. Die zweite gilt wegen ihrer Deckenmalerei als die Sixtinische Kapelle der Anden. In Peru sind die Jesuitenkirchen typisches Zeugnis für den sogenannten Andenbarock. Gegen frühen Abend erreichen wir Cuzco, die alte Hauptstadt der Inkas und der spanischen Kolonialführung. Die durch die langen Busfahrten anstrengenden Tage fordern nun ihren Tribut, so dass wir nach nach einem kurzen Stadtrundgang in den Betten verschwinden.
Der Sonntag beginnt mit zwei höhenbedingten Krankmeldungen bei den Jugendlichen. Diese kurieren sich im Laufe des Tages wieder aus, dennoch erkunden wir mit den verbliebenen Jugendlichen Cuzco. Wir unternehmen eine kleine Wanderung Richtung Festung Sacsayhuaman und erleben ein Pfarrfest auf Peruanische Art mit zahlreichen Imbissständen, Blasmusik und genießen den Blick über den Plaza de Armas und die Stadt Cuzco. Trotz des Sonntags herrscht reges Treiben auch in den Geschäften, so dass der Bauernmarkt zum Stöbern und schauen einlädt. Abends besuchen wir den Gottesdienst in der im Andenbarock gehaltenen Kirche der Compañia de Jesús. Für uns recht ungewöhnlich stehen vor der Messe ein Dutzend Menschen zur Beichte an und es erklingen während der Messe aus plärrenden Lautsprechern die Gemeindegesänge.
Montags erwartet uns das Highlight: Machu Picchu. In aller Frühe reisen wir mit dem Bus zur Bahnstation, von wo es nach Aguas Calientes, am Fuß des Heiligtums der Inkas gelegen, geht. Die Erholungsanlage des Inka beeindruckt nicht nur durch die Dimension, sondern durch ihre Lage auf einem Berg im Peruanischen Regenwald. Trotz vieler Besucher führt uns unser Guide fachmännisch durch die Anlage und weist auf die architektonischen Besonderheiten des Weltkulturerbes hin. Den Rückweg legt die Hälfte der Truppe zu Fuß durch den Regenwald nach Aguas Calientes zurück, der Rest mit dem Bus.
4.8.
Der vorletzte Tag unserer Reise führt uns mit dem Flieger am Vormittag nach Lima, der Hauptstadt Perus. Wieder auf Meeresniveau angekommen, fühlen wir uns stark, um die Stadt am Nachmittag und Abend zu erleben. Wir schlendern durch Miraflores, einem eher noblen und sehr europäisch wirkenden Stadtteil. Auf dem Handwerksmarkt besorgen wir noch die letzten Mitbringsel und essen abends typisch peruanisch: Ceviche = Fischcarpaccio. Den Abend beenden wir mit einem Pisco Sour und reflektieren unsere Reiseerfahrungen. Das allgemeine Credo lautet: Besser hätte die Reise nicht verlaufen können. Alle Mühen, Strapazen und höhenbedingte Beschwerden der Reise haben wir gut verkraftet. Auch von der Reiseleitung kommt ein Lob an alle Mitreisenden, dass die harmonische Gruppe unvergessliche Erlebnisse mit den Menschen in Südamerika teilen durfte.
Am Tag unserer Rückreise fahren wir in den Stadtkern Limas. Verschiedene Kirchen aus der Kolonialzeit werden besichtigt und bestätigen den bisher gewonnenen Eindruck, dass die Gestaltung der Kirchenräume auf uns sehr kitschig wirkt, die lokalen Gläubigen jedoch diese Form der Verehrung sehr schätzen. Sehr auffällig im Vergleich zum Rest des Landes ist die Sauberkeit der Stadt. Ein hippes Künstler- und Ausgehviertel in Lima heißt Barranco. Wir schlendern durch die Straßen und lassen uns auf dem Rückweg nach Miraflores den Wind des Pazifiks an der Strandpromenade durchs Gesicht wehen.
Insgesamt fällt uns auf, dass Lima wenig mit dem Peru der Einheimischen zu tun hat, das wir in Arequipa und Cuzco vorfanden. Nach einem Imbiss entspannen wir vor dem langen Rückflug nach Europa.
22.08. Wie war´s?
Die Camino Jugend hat in der domradio.de-Sternzeit zurückgeblickt auf die Chile-Tour. Hier zum Nachhören