Bischöfe werben für Organspende

Kultur des Sterbens wahren

Im ersten Halbjahr 2015 gab es wieder mehr Organspender, obwohl die Organspende in die Kritik geraten ist. Die Deutschen Bischöfe unterstützen die Spende.

Autor/in:
Von Christoph Arens
Organspende (dpa)
Organspende / ( dpa )

Die katholischen Bischöfe sorgen sich um den Zustand der Transplantationsmedizin in Deutschland. Skandale in Transplantationszentren, Fehler bei der Hirntoddiagnose, ein Tiefststand an Spenden: In einer am Mittwoch in Bonn veröffentlichten "Orientierungshilfe" wirbt die Bischofskonferenz ausdrücklich für die Organspende. Sie sei ein "großherziger Akt der Nächstenliebe". Die Bischöfe warnen aber vor unausgesprochenem oder auch ausgesprochenem Druck: Weder gebe es eine moralische Pflicht zur Organspende, noch hätten Kranke einen Rechtsanspruch auf ein fremdes Organ.

Die von der Glaubenskommission unter Leitung des Mainzer Kardinals Karl Lehmann herausgegebene Stellungnahme macht sich sogar für eine Änderung des Transplantationsgesetzes stark: Die Bischöfe plädieren für eine "enge Zustimmungslösung", die eine Organentnahme nur bei ausdrücklicher schriftlicher Zustimmung des potenziellen Spenders erlauben würde. Nur in Ausnahmefällen sollten Angehörige bei Fehlen einer klaren Aussage eine Entscheidung im Sinne des Spenders treffen dürfen. Dies verlange aber, dass "hohe Anforderungen an die Ermittlung des mutmaßlichen Willens" gestellt würden. Falls der Spenderwille nicht eindeutig rekonstruiert werden könne, dürfe er "nicht durch die eigenständige Willensbestimmung Dritter ersetzt" werden.

Der Patientenwille zählt

In Deutschland gilt derzeit eine "erweiterte Zustimmungslösung": Organe dürfen nur entnommen werden, wenn der Verstorbene dem zu Lebzeiten zugestimmt hat oder wenn die nächsten Angehörigen in seinem Sinne zustimmen. Eindeutig stellen sich die Bischöfe damit gegen die oft diskutierte "Widerspruchslösung", die von einer Bereitschaft zur Organspende ausgeht und nur bei ausdrücklichem Widerspruch des Betroffenen darauf verzichtet.

Mit Blick auf den Vertrauensverlust der Transplantationsmedizin verlangen die Bischöfe ein großes Maß an Transparenz und bessere Informationen. Es reiche nicht aus, wenn die Bürger regelmäßig von ihrer Krankenversicherung aufgefordert würden, sich zu entscheiden. Notwendig seien auch die erforderlichen Sachinformationen und kompetente Ansprechpartner.

So müsse offengelegt werden, welche Konsequenzen eine Organspende für die medizinische Behandlung des Patienten habe, etwa mit Blick auf die Gabe von Medikamenten bis zur Organentnahme. So kann es etwa zu Widersprüchen zwischen dem in einer Patientenverfügung geäußerten Wunsch nach Behandlungsabbruch und einer für eine Organspende notwendigen intensivmedizinischen Weiterbehandlung kommen.

Sensibel mit Angehörigen umgehen

Hohe Anforderungen stellen die Bischöfe auch an dem Umgang mit Angehörigen vor und nach einer Spende. "Die Routine des Klinikbetriebs führt leicht dazu, dass Ärzte und Pflegepersonal Vorgänge als selbstverständlich erleben, die für Angehörige mit großen Verunsicherungen und Ängsten verbunden sind", heißt es. Das Personal müsse deshalb besonders sensibel mit Angehörigen umgehen und dazu auch weitergebildet werden. Angehörige sollten bei der Hirntod-Diagnose nicht sofort schon mit der Frage der Organspende konfrontiert werden. Sie brauchten Zeit für Trauer und Abschiednehmen. Auch Fragen der geistlichen Begleitung und eines pietätvollen Umgangs mit dem Leichnam dürften nicht ausgeklammert werden. «Insgesamt geht es darum, dass trotz der verständlichen Eile, die bei einer Transplantation erforderlich sein kann, eine Kultur des Sterbens gewahrt wird."

"Hirntod ist verlässliches Kriterium"

In ihrer Orientierungshilfe setzen sich die Bischöfe auch mit der internationalen Debatte um den Hirntod auseinander: An der Verlässlichkeit der Hirntod-Feststellung in deutschen Krankenhäusern hatte es zuletzt Kritik gegeben, weil einzelne Ärzte sich nicht an die Richtlinien gehalten hatten. Gegner des Hirntod-Konzepts gehen zudem davon, dass das Empfindungsvermögen mit dem Hirntod noch nicht erloschen ist. Auch untergeordnete Strukturen seien zu Wahrnehmungen von Schmerz- und Berührungsreizen fähig.

"Es gibt gute Gründe daran festzuhalten, dass der Hirntod ein zuverlässiges Kriterium ist", betonen die Bischöfe. "Potenzielle Organspender können zu Recht davon ausgehen, dass sie zum Zeitpunkt der Organentnahme wirklich tot und nicht nur sterbend sind."


Quelle:
KNA