Siebzig Jahre nach den Atombombenabwürfen auf Hiroshima und Nagasaki macht sich die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) für die vollständige nukleare Abrüstung stark. "Keine Atomwaffen sind das Ziel", sagte der EKD-Ratsvorsitzende Heinrich Bedford-Strohm dem Evangelischen Pressedienst (epd). Ähnlich äußerte sich der Friedensbeauftragte Renke Brahms: "Das unendliche Leid, das die Menschen in Japan vor 70 Jahren erfahren haben, muss uns Mahnung sein, alles zu tun, dass diese schrecklichen Waffen nicht mehr eingesetzt werden." Beim ZDF-Fernsehgottesdienst wurde am Sonntag der Opfer gedacht.
Zehntausende sofort tot
Am 6. August 1945 war Hiroshima von einer amerikanischen Atombombe zerstört worden, drei Tage darauf die Stadt Nagasaki. Zehntausende Menschen waren sofort tot, viele weitere starben an Strahlenschäden und Verbrennungen. Insgesamt wird die Zahl der Opfer auf weit mehr als 250.000 Menschen geschätzt. Die Atombombenabwürfe beendeten den Zweiten Weltkrieg.
Mit einer Delegation des Weltkirchenrats reist Bedford-Strohm, der Spitzenvertreter der rund 22,5 Millionen Protestanten in Deutschland, zum Jahrestag nach Japan und wird dort auch Überlebende treffen. Das Problem der Verbreitung von Atomwaffen müsse wieder ins Bewusstsein der Weltöffentlichkeit rücken, forderte der EKD-Ratschef. Ihr Einsatz sei mit dem christlichen Glauben unvereinbar. Allein die USA und Russland verfügten über je 7.000 einsatzbereite Atomsprengköpfe.
Atomwaffen lagern in Deutschland
Der Bischof kritisierte, dass 25 Jahre nach dem Ende des Kalten Krieges der mögliche Ersteinsatz von Atomwaffen weiterhin Teil der Nato-Strategie sei. "Die Politik sollte auch in Deutschland auf weitere wirksame Schritte zur Vernichtung von Atomwaffen drängen", sagte der Theologe. "Dass in Deutschland nach wie vor Atomwaffen lagern, weiß kaum noch jemand."
Auch der evangelische Friedensbeauftragte Brahms betonte, Atomwaffen dürften nicht weiterhin fester Bestandteil der Militärstrategie von Staaten oder Militärbündnissen sein. Er kritisierte, die Bundesregierung lasse klare politische Schritte vermissen. Der Aufforderung des Bundestages, einen Abzug der letzten noch verbliebenen Atomwaffen aus Deutschland zu erreichen, komme sie nicht nach. Berlin müsse alles tun, damit diese Waffen aus Büchel in der Eifel abgezogen würden.
Beim evangelischen Fernsehgottesdienst in der Heiliggeistkirche in Heidelberg verband Pfarrerin Sigrid Zweygart-Pérez das Gedenken mit dem Auftrag zur Aussöhnung. Die Katastrophe der Atombombenabwürfe mit ihrem fürchterlichen Leid müsse dazu herausfordern, "mit allen Mitteln den Frieden in der Welt zu fördern", sagte sie. Die Sehnsucht nach dem Leben breche sich Bahn, wenn Menschen versuchten, im Hinterfragen einer möglichen Mitschuld künftige Katastrophen zu verhindern.