domradio.de: Welches Ausmaß hat die Katastrophe in Myanmar denn mittlerweile angenommen?
Ulrich Delius: (Gesellschaft für bedrohte Völker): Besonders schlimm ist die Situation in den Küstenregionen, vor allen Dingen im Rakhine-Staat. Das ist der Staat, der auch seit drei Jahren massiv von Unruhen betroffen war, wo viele Menschen auf der Flucht sind, wo noch immer 140.000 Menschen in Flüchtlingslagern leben. Und für die ist das natürlich besonders schlimm, weil sie geschwächt sind und dann kommen dann eben noch diese Flutkatastrophe und dieser Wirbelsturm hinzu. Das ist eine extrem schwierige Situation.
domradio.de: Sind die Hilfsorganisationen schon dabei zu helfen?
Delius: Natürlich versuchen internationale und nationale Hilfsorganisationen schon seit Tagen zu helfen. Das Problem ist wirklich zu den Notleidenden vorzudringen. Es sind viele Straßen überschwemmt, viele Brücken sind weggeschwemmt worden. Die Erreichbarkeit ist das große Problem, das hatten wir auch schon bei der Erdbebenkatastrophe in Nepal. Das stellt die Logistiker vor ganz große Herausforderungen.
domradio.de: Wie sieht die Lage politisch aus, wie einfach ist es im Land mittlerweile zu helfen?
Delius: Das hat sich zum Glück ein bisschen verbessert gegenüber der Situation von 2008, als ein großer Wirbelsturm weite Teile der Region verwüstete und die 140.000 Menschen zu Tode kamen. Damals hat die Regierung keine Hilfe aus dem Ausland zugelassen. Das hat sich verändert. Jetzt ist man bereit und ruft auch selbst nach internationaler Hilfe aus. Das ist ein Fortschritt. Aber der Teufel liegt im Detail, wenn man dann zum Beispiel in Minderheitenregionen helfen will, wo Christen und Muslime leben. Dann tut sich die politische Führung wieder schwer und will erst einmal die Buddhisten versorgen und da gibt es große Befürchtungen, dass sich die Diskriminierung von Minderheiten dort auch fortsetzen könnte.
Das Interview führte Christian Schlegel.