Wenn Papst Franziskus im September auf dem riesigem Platz der Revolution in Kubas Hauptstadt Havanna einen Freiluftgottesdienst feiern wird, dann wird ihm ein berühmter Landsmann über die Schulter blicken. Das überlebensgroße Konterfei des argentinischen Revolutionärs Che Guevara (1928-1967) wird im Hintergrund des Altars zu sehen sein. Während der Personenkult um den Arzt und Freiheitskämpfer auf Kuba kaum Grenzen kennt, haben selbst linksgerichtete Politikwissenschaftler und Historiker inzwischen eine eher distanzierte Haltung zu der gewalttätigen Ikone der Linken.
Für Papst Franziskus wird die Kuba-Reise eine schwierige Gratwanderung. Auf dem Programm für den 19. bis 22. September stehen unter anderem ein Treffen mit Staatspräsident Raul Castro sowie Gottesdienste in Havanna, Holguin und Santiago de Cuba. Einerseits wird das erste Kirchenoberhaupt aus Lateinamerika dabei vermutlich weiter aktiv für eine Annäherung zwischen den ideologischen Kontrahenten USA und Kuba werben. Andererseits wird auch dem Papst nicht verborgen bleiben, dass die Repressionen gegen Oppositionsgruppen zuletzt wieder zugenommen haben.
Politische Verfolgung
Allein im Juli wurden nach Angaben von Menschenrechtsorganisationen 674 Menschen aus politischen Gründen vorübergehend festgenommen - die angeblich höchste Zahl seit mehr als einem Jahr. In etwa zwei Dutzend Fällen soll es in der Haft auch zu Gewalt gegen Regimekritiker gekommen sein. Zudem gibt es Berichte über staatlich geduldete Angriffe linientreuer Kubaner auf Kritiker. All das hat bislang wenig internationalen Protest hervorgerufen. Viele Regimegegner fühlen sich daher im Stich gelassen.
Auch von der Kirche auf Kuba, bislang als Vermittlerin sehr gut angesehen, zeigen sich Regimekritiker zuletzt enttäuscht. Angesichts eines Annäherungskurses zwischen der Castro-Regierung und Kardinal Jaime Ortega fühlen sie sich von der Kirche nicht mehr repräsentiert.
Aliuska Gomez von der Organisation "Frauen in Weiß", die sich für politische Gefangene in Kuba einsetzt, will ihr Engagement trotzdem nicht aufgeben: "Die Frauen in Weiß werden weiter auf die Straße gehen und denen eine Stimme geben, die eingesperrt sind", sagte die 33-Jährige dem Nachrichtenportal "Diario de Cuba".
Frauen in Weiß
Die "Frauen in Weiß", ausgezeichnet mit dem Sacharow-Menschenrechtspreis des Europaparlaments, hoffen auf ein Treffen mit Franziskus. Doch ob es dazu kommen wird, ist fraglich. In der Regel sieht das Programm des Papstes auch eine Begegnung mit Vertretern der Zivilgesellschaft eines Landes vor. Allerdings sehen sich die Repräsentanten der kubanischen Revolution zugleich auch als Vertreter eben dieser Zivilgesellschaft. Einen Platz für nichtstaatliche Gruppen gibt es in der offiziellen kubanischen Gesellschaft nicht.
Eine dieser trotzdem existierenden Gruppen ist die Plattform "Cuba possible", die sich als christliches Ideen-Labor versteht. In einem Brief an Franziskus forderte die Gruppe von Intellektuellen und Sozialaktivisten zuletzt die Seligsprechung des kubanischen Priesters Felix Varela (1788-1853), weil dieser sich für ein freies, gerechtes und unabhängiges Kuba eingesetzt habe.
Castro würdigt Franziskus
Auch im offiziellen Kuba ist Franziskus willkommen. Raul Castro würdigte jüngst in einer Rede vor der Nationalversammlung die Südamerika-Reise des Papstes nach Ecuador, Bolivien und Paraguay als "geschichtsträchtig". Das Kirchenoberhaupt habe weltweit Bewunderung für seine Predigt für Frieden und Gleichberechtigung sowie den Kampf gegen Hunger und den Schutz der Umwelt erhalten, so Castro. Kuba werde Franziskus mit "Zuneigung, Respekt und Gastfreundschaft empfangen, wie er es verdiene", versprach der Präsident.
Zuletzt hatte der Papst erfolgreich eine diplomatische Annäherung der beiden ideologischen Gegner USA und Kuba unterstützt. Nach mehr als einem halben Jahrhundert politischer Eiszeit nahmen die beiden Länder im Juli wieder diplomatische Beziehungen auf und eröffneten Botschaften im jeweils anderen Land. Auch Reiseerleichterungen sind geplant. In Kuba als auch bei seinem anschließenden Besuch in den USA will Franziskus diesen Prozess weiter vorantreiben.