Filmfestival Venedig zeigt Film über Schweizer Garde

Hellebarden für Handykameras

In ihren Renaissance-Uniformen wirken die Soldaten der Schweizer Garde wie aus der Zeit gefallen. Ein italienischer Dokumentarfilm gibt Einblicke in die "kleinste Armee der Welt". Taugt sie für mehr als für Fotomotive?

Autor/in:
Felicitas Kleiner
Schweizer Gardisten (KNA)
Schweizer Gardisten / ( KNA )

Bei einem internationalen Filmfestival wie dem in Venedig ist man es gewohnt, Filme aus aller Herren Länder zu sehen. Dass unter den Filmnationen auch der Vatikan ist, hat es bisher allerdings noch nie gegeben: Mit der Dokumentation "L'esercito piu piccolo del mondo" ("Die kleinste Armee der Welt") legt der Kirchenstaat bei der 72. "Mostra" sein Festivaldebüt hin.

Schweizer Gardisten sind begehrtes Fotomotiv

In dem von Regisseur Gianfronco Pannone inszenierten und vom "Centro Televisivo Vaticano" produzierten 80-minütigen Film geht es um ein vatikanisches Aushängeschild: Die Schweizer Garde gehört zu den Motiven, die Touristen in Rom mit Begeisterung ablichten. Doch sind die Soldaten des Papstes mit ihren blau-gelb gestreiften Uniformen, den Federbusch-Helmen und den Hellebarden heute noch mehr als päpstliche "Pin-ups"?

Diese Frage beschäftigt einen der Protagonisten, die Pannone in seiner Doku begleitet: Rene, ein Theologiestudent, ist einer der jungen Schweizer, deren "erste Schritte" bei der kleinsten Armee der Welt der Filmemacher begleitet. Und Rene hat seine Zweifel an dem, auf was er sich mit seinem Eintritt in die Garde eingelassen hat: Im Gespräch mit seinen Kameraden wirft er die Frage auf, ob die Truppe nur noch ein "ästhetisches Phänomen" sei. Oder kann sie gar als Überbleibsel eines Hofstaats-Gepränges gesehen werden, das längst überholt ist? Gerade mit dem Pontifikat von Franziskus, mit dem - so einer der erfahreneren Gardisten - ein "frischer Wind" durch den Papstpalast weht, drängt sich diese Frage geradezu auf.

Regisseur ein Jahr im Vatikan mit der Kamera unterwegs

Für Pannone war es "eine echte Ehre", den Film im Vatikan drehen zu dürfen: "Mein Abenteuer im Vatikanstaat dauerte fast ein Jahr, und es war aufregend. Ich konnte aus erster Hand die neue Atmosphäre miterleben, die mit dem neuen Papst Einzug gehalten hat". Die Begeisterung für seinen Schauplatz merkt man Pannones Film durchaus an: Die Kamera wird nicht müde, mit den Gardisten zusammen die altehrwürdigen Gebäude mit ihren wunderbaren Kunstwerken zu erkunden und das Treiben auf dem Petersplatz zu beobachten. Leider verliert Pannone darüber die Sinn-Fragen aus den Augen, die sich an die schon 1506 ins Leben gerufene Truppe stellen und die Rene in den Film hinein trägt.

Die Dokumentation beschränkt sich darauf, die Erfahrungen, die neue Rekruten in der Schweizer Garde machen, widerzugeben: Von der Ankunft in der Ewigen Stadt über das Anpassen der ersten Uniform, die ersten Wachdienste und den Fahneneid bis hin zur Ankunft des nächsten Rekruten-Jahrgangs gibt er Einblicke in die Lebenswelt der Gardisten.

Dabei vermittelt sich, von welchen Paradoxen diese Welt geprägt ist: Da gehen die jungen Männer bei ihren Schichten Tag für Tag auf Tuchfühlung mit der Jahrhunderte alten Geschichte des Vatikan und verkörpern diese Geschichte, solange sie in Uniform sind, sogar ein Stück weit selbst - um dann in ihrer Freizeit ganz zeitgemäß mit der Familie zu skypen und sich zum "Hobbit"-Kinoabend zu verabreden.

Aufnahmebedingungen kein Filmthema

Was bringt die jungen Männer dazu, sich für einen solchen Dienst zu melden? Ist es eine "Glaubenssache", oder spielen andere Motive eine Rolle? Auch das ist eine der Fragen, die in solch einer Dokumentation eigentlich nicht fehlen dürfen, die Pannone aber völlig ausblendet. Genauso wie er sich jede kritische Nachfrage nach den strengen Aufnahmebedingungen der Schweizer Garde tunlichst verkneift.

Was von seinem Film im Gedächtnis bleibt, sind dann doch wieder vor allem die malerischen Bilder. Gerade das sollte bei einem Film, der hinter der Truppe eigentlich mehr entdecken will als das hübsche Fotomotiv, eigentlich nicht der Fall sein.

 


Quelle:
KNA