Zwei deutsche Neuzugänge im Unesco-Weltdokumentenerbe

Neue "Titel" für Luther und Bach

Berühmt sind sie schon, jetzt haben sie Welterbe-Status bekommen: Luthers frühe Reformationsschriften und Bachs h-moll-Messe sind am Wochenende offiziell in das «Memory of the World»-Register aufgenommen worden.

Autor/in:
Karin Wollschläger
Luther-Denkmal in Wittenberg (dpa)
Luther-Denkmal in Wittenberg / ( dpa )

Zwei protestantische Ostdeutsche verändern die Welt - so ließe sich die Wirkungsgeschichte von Martin Luther (1483-1546) und Johann Sebastian Bach (1685-1750) auf einen saloppen Nenner bringen.

Teile von Luthers und Bachs Arbeit jetzt Unesco-Weltdokumentenerbe

Der Wittenberger Reformator und der Leipziger Thomaskantor haben mit ihren Werken jeweils neue Maßstäbe gesetzt, deren Wirkung bis heute anhält. Seit dem Wochenende gehören Teile ihres Opus offiziell zum Unesco-Weltdokumentenerbe: Luthers frühe Reformationsschriften und Bachs handschriftliche Partitur seiner h-moll-Messe.

Plakatdruck der 95 Ablassthesen

Bei Luthers Schriften handelt es sich um Briefe und Originaldrucke, darunter ein Handexemplar der Hebräischen Bibelausgabe und ein Plakatdruck der 95 Ablassthesen. In dem vom Leibniz-Institut für Europäische Geschichte in Mainz erstellten Dossier zur Nominierung hieß es, die Dokumente zeigten, wie ein religiöser, kirchlicher Impuls - ausgehend von der Frage nach der Beziehung des Menschen zu Gott - einen tiefgreifenden Transformationsprozess in Gang setzen könne, der Religion, Politik, Gesellschaft und Kultur veränderte, nicht zuletzt durch neue Formen medialer Verbreitung.

Für den Direktor der Luther-Gedenkstätten in Wittenberg, Stephan Rhein, beantwortet sich mit einer Aufnahme ins Weltdokumentenerbe "gerade noch rechtzeitig vor dem großen Reformationsjubiläum die drängende Frage: 'Wem gehört Luther?' Die Antwort lautet dann: 'Der ganzen Welt!'" Denn Luther "gehöre" eben nicht nur dem deutschen Protestantismus, sondern der gesamten Zivilgesellschaft ebenso wie der internationalen Ökumene.

h-moll-Mess von Bach

Dem frühen Luther steht nun der späte Bach zur Seite. Der Komponist schuf die h-moll-Messe in den Jahren 1748 und 1749, kurz vor seinem Tod. Insgesamt 99 Seiten umfasst die in Berlin aufbewahrte Handschrift. In dem von der Staatsbibliothek zu Berlin und der Stiftung Preußischer Kulturbesitz erstellten Nominierungs-Dossier zum Autograph wurde auf die Bedeutung der Komposition als "Meilenstein der Musikgeschichte" in Bezug auf Satztechnik, Wort-Ton-Verhältnis und den Einfluss auf die Musikgeschichte bis heute verwiesen. Die Messe sei Bachs "künstlerisches Vermächtnis".

So sieht es auch der Direktor des Leipziger Bach-Archivs, Peter Wollny: "Es ist das letzte von Bach wirklich vollendete Werk, und man hat den Eindruck: Er hat es geahnt und noch mal die ganze Summe seines Schaffens in einem Werk vereint." Wollny hält das Stück für eines der wichtigsten Werke des 18. Jahrhunderts und sogar der westlichen Musikgeschichte überhaupt. Anders als Bachs protestantisch orientierte Matthäus-Passion sei die h-moll-Messe "überkonfessionell und weltumspannend" angelegt, so der Chef des Bach-Archivs unter Verweis auf die bewusste Verwendung des Lateinischen für den Text.

Nicht zuletzt handelt es sich bei der Partitur um ein höchst bedrohtes Kunstwerk. "Sie weist starken Tintenfraß auf, und die Gefahr, dieses Original zu verlieren, ist sehr groß", erklärt Wollny.

Aufnahme zum Weltdokumentenerbe nur mit ideellem Wert

Zwar ist mit der Aufnahme ins Welterbe-Register nur ein ideeller Wert verbunden, doch Wollny zufolge geht damit dennoch ein ganz praktischer Nutzen einher: "Der Titel adelt ein historisches Zeugnis, und die damit verbundene öffentliche Anerkennung macht es leichter, Mittel für den Erhalt zu akquirieren."

Seit 1992 sammelt das Weltdokumentenerbe als digitales Netzwerk herausragende Buchbestände, Handschriften, Partituren, Bild-, Ton- und Filmdokumente, die das "kollektive Gedächtnis" der Menschheit repräsentieren sollen. Luther und Bach komplettieren jetzt die inzwischen fast 350 Einträge umfassende Liste. Und stehen damit in einer Reihe mit der Göttinger Gutenberg-Bibel und Beethovens Neunter Symphonie.


Quelle:
KNA
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