Sieben Patriarchen aus Nahost zählen zu den Mitgliedern der Bischofssynode, die noch bis Sonntag in Rom zum Thema Ehe und Familie tagt. Einer von ihnen ist Fouad Twal, Lateinischer Patriarch von Jerusalem. Für ihn ist es möglicherweise eine seiner letzten großen Amtshandlungen: Am Freitag wird der Jordanier 75 Jahre alt. Wie jeder lateinische (römisch-katholische) Bischof - und im Unterschied zu seinen orientalischen Amtsbrüdern - ist er damit gehalten, dem Papst seinen Rücktritt anzubieten.
"Die Synode arbeitet gut, wir schreiten voran", sagte Twal zu Beginn der dritten Synodenwoche. Der Jordanier gibt sich optimistisch, scheint den Austausch in Rom durchaus zu genießen. Die lange Abwesenheit von seiner Diözese kommt freilich in einem denkbar schlechten Moment: Etwa zeitgleich mit dem Beginn des Bischofstreffens hat im Heiligen Land eine Welle der Gewalt eingesetzt, wie sie das Land seit der Zweiten Intifada nicht gesehen hat. Das ewige Pulverfass Jerusalem hat Spuren hinterlassen im Gesicht seines Patriarchen, der zuletzt häufig müde wirkte.
Twal reiste viel ins Ausland
Twal ist derzeit von Amts wegen in Rom. Zahlreiche andere Abwesenheiten hingegen sind in seiner Diözese nicht immer gut angekommen. Die brennenden Probleme, allen voran der anhaltende israelisch-palästinensische Konflikt und dessen Auswirkungen auf den Alltag, so sagen unzufriedene Stimmen in Jerusalem, benötigten eine stärkere Präsenz in der für die christliche Minderheit zunehmend schwierigen Stadt. Diesen Vorwurf ließ Twal selbst so nie gelten. Seine Auslandsreisen dienten vor allem einem Ziel: weltweit für Solidarität mit den Christen des Heiligen Landes zu werben, nicht zuletzt finanziell.
Der größere Teil seiner Diözese liegt, wie Twal gelegentlich klarstellte, in Jordanien. Dass sein Herz stärker für seine jordanische Heimat zu schlagen scheint als für Jerusalem, hat man ihm vor allem im Zusammenhang mit dem größten Projekt seiner Amtszeit übelgenommen. Die katholische Privatuniversität "Amerikanische Universität von Madaba" sei ein Fass ohne Boden; zu groß und von fragwürdigem Nutzen für die Christen der Region, heißt es hinter mehr oder weniger vorgehaltener Hand. Gerüchte über Misswirtschaft im Haushalt des Patriarchats schüren zusätzlich Unzufriedenheit.
Twal hatte keinen leichten Einstieg in sein Amt. Mehr als zwei Jahre war er Koadjutor, bevor er 2005 offiziell die Nachfolge von Michel Sabbah als Oberhaupt der Katholiken des westlichen Ritus in Israel, Palästina, Jordanien und Zypern antreten konnte. Diese Zeit beschreibt Twal selbst rückblickend als Autoritätsvakuum. Bis heute, zehn Jahre nach seiner Emeritierung, ist sein Vorgänger Sabbah - nach 140 Jahren der erste Palästinenser auf dem Patriarchenstuhl - ein engagierter Streiter für die palästinensische Sache. Neben ihm wirkt der Jordanier Twal bei heißen politischen Eisen eher blass. Entsprechend groß war in Jerusalem die Freude, als 2010 mit der Ernennung von William Schomali (65) zum Weihbischof für Jerusalem wieder ein Palästinenser in die Führungsriege des Patriarchats aufrückte.
Diskussion über mögliche Nachfolger
Dass Twals Rücktritt von Papst Franziskus bald angenommen wird, daran besteht für Christen im Heiligen Land kaum ein Zweifel. Wie oft sind im Vorfeld die Namen möglicher Nachfolger im Umlauf. Neben dem Palästinenser Schomali, Wunschkandidat vieler Jerusalemer und Bethlehemer Christen, fällt immer wieder der Name des gegenwärtigen Patriarchalvikars in Amman, Erzbischof Maroun Elias Lahham (67).
Während aus palästinensischer Sicht gegen den als klug und besonnen geltenden Theologen Lahham vor allem spricht, dass mit ihm erneut ein Jordanier Oberhaupt der großen Diözese würde, mehren sich die Stimmen, die sich wieder einen Nichtaraber auf dem Patriarchenstuhl wünschen. Häufiger genannt wird der Kustos der Franziskaner, Pierbattista Pizzaballa (50). Nicht nur aufgrund des traditionell nicht immer konfliktfreien Verhältnisses von Patriarchat und Franziskaner-Kustodie dürfte der fließend hebräischsprachige Italiener kaum der Traumkandidat der mehrheitlich arabischen Christen sein.
Ein möglicher Kompromisskandidat könnte der außerhalb des Heiligen Landes kaum bekannte Sekretär der Bischofskonferenz, Pietro Felet (69), sein. Der gebürtige Italiener trat bereits 1962 ins Priesterseminar der Diözese in Beit Dschalla ein und hat seither zahlreiche Positionen im Dienst der Ortskirche durchlaufen, aber immer wieder auch in Italien gewirkt.