domradio.de: Die Synode ist nun vorbei. Was bleibt?
Bischof Bode: Es bleibt für mich zunächst ein riesiger Eindruck davon, wie weltweit die Kirche ist und wie unterschiedlich die Situationen und Kulturen gerade in Fragen von Ehe und Familie sind. Trotzdem suchen eigentlich alle nach verlässlichen Beziehungen, der Geborgenheit der Familie und danach, Kinder zu haben.
Es ist eine große Herausforderung, in dieser gemeinsamen Sehnsucht den vielfältigen Formen des Lebens gerecht zu werden. Ich freue mich sehr, dass wir einen neuen Blick auf die Familie bekommen haben, der nicht mehr nur von den Gefahren und den negativen Seiten betrachtet wird, wie es anfänglich in dem Arbeitspapier stand.
Wir versuchen stattdessen, die Werte, die die Menschen leben wollen und das Positive, was sie einbringen, auch in den unterschiedlichen Weisen auf die Ehe hin und auch in Situationen, wo sie gescheitert sind, besser in einer großen Differenziertheit wahrzunehmen.
Der Eindruck bleibt, dass wir in diesem Sinne eine pastorale Bekehrung vollzogen haben und dass wir bei den Lebenswirklichkeiten der Menschen ansetzen und in diese Lebenswirklichkeiten das Evangelium hinein verkünden wollen.
domradio.de: Gerade nach dem deutschen Papier, das sehr positiv in unserer Heimat aufgenommen wurde, gibt es nicht dann doch Enttäuschungen? Denn viele Sachen, die dort schon sehr klar formuliert wurden, bei denen ein Weg aufgezeigt wurde und ein Schuldbekenntnis ausgesprochen wurde, finden sich so in diesem Dokument nicht wieder.
Bischof Bode: Dass das Schuldbekenntnis nicht aufgenommen wurde, was wir vorgeschlagen hatten, finde ich ausgesprochen schade. Es ist ja auch von einem namhaften Kreis von Bischöfen ausgesprochen worden, die für Vieles stehen.
Wenn wir einen gemeinsamen Weg, der jetzt mit zwei Drittel Mehrheit votiert wurde, gefunden haben, der doch offene Türen enthält, dann ist das in meinen Augen ein großer Schritt.
Es ist dann zwar nicht alles in Einzelheiten geregelt, aber die ganze Atmosphäre dieses Papiers, die ganze Weise, wie es die Türen für die Situation der Menschen öffnet, wo nicht immer nur von Sünde gesprochen wird, hat den Raum vielleicht besser bereitet, als wenn wir uns zu sehr auf Einzelfragen konzentrieren.
domradio.de: Der Papst hat in seiner Hauptansprache in der Synode deutlich gemacht, dass er sich mehr Mitbestimmung in den einzelnen Bistümern und den jeweiligen Bischofskonferenzen wünscht. Jetzt hat die Synode diese Steilvorlage des Papstes nicht genutzt und den Ball dem Papst wieder zurückgespielt. Oder sehen Sie das anders?
Bischof Bode: Eine Synode ist zunächst einmal immer dafür da, dem Papst Vorschläge zu machen, weil sie eben kein beschlussfassendes Gremium wie ein Konzil ist. Sie übergibt das Ergebnis dem Papst. Er soll damit umgehen. Wir haben ihm praktisch Material geliefert. Er hat zugehört, was die einzelnen Kirchen einbringen.
Wenn ich die Schlussrede sehe, die ein Schlüssel für das Ganze ist, in der er eine Kirche der differenzierten Zuwendung zum Menschen will und er sehr deutlich gemacht hat, dass wir nicht mit einem verurteilendem Blick auf die Menschen schauen sollen, dann, glaube ich, ist das Zusammenspiel von Synodalität der Kirche und Papst notwendig.
Sonst würde es auseinanderdriften, wenn es nur um das synodale Element ginge und es nicht das Prinzip der Einheit gäbe. Der Papst hat es in der Rede über die Synodalität fertig bekommen, durchaus auch klar über sein Primat zu sprechen, also über seine Funktion, die Einheit zu wahren. Das muss sich auch gegenseitig herausfordern.
Einheit und Vielfalt sind zwei Pole, die sich gegenseitig halten müssen. Der Papst ist in der Vielfalt des Gottesvolkes das Prinzip der Einheit und umgekehrt hört er aus der Vielfalt, wenn er seine Entscheidungen fällt.
Das Interview führte Ingo Brüggenjürgen