Cornelia Scheel mit Erinnerungen an ihre Mutter

Mildred Scheel - "Das Kreuz des Papstes gab ihr Kraft"

Die Begründerin der Deutschen Krebshilfe, Mildred Scheel, war zupackend und selbstbewusst. Ihr Tod war für ihre Tochter Cornelia ein tiefer Einschnitt im Leben. Sehr persönlich erinnert sie sich an ihre Mutter, die sie sehr geprägt hat.

 (DR)

Es war kein einfacher Schritt für Cornelia Scheel, ein Buch mit Erinnerungen an ihre Mutter Mildred Scheel zu schreiben, denn die Reise in die gemeinsame Vergangenheit war für sie eine emotionale Herausforderung.

Mildred Scheel war aus Leidenschaft Ärztin. Als sie Anfang der 60er Jahren unehelich schwanger wurde, arbeitete sie gerade im konservativen München in Krankenhäusern als Ärztin. Sie war deshalb gezwungen, ihre Tochter die ersten zwei Jahre in einem Kinderheim unterzubringen. "Es war für sie bestimmt grauenvoll schwer, dieses kleine Menschenkind vorübergehend in fremde Hände zu geben", sagt Cornelia Scheel. Doch bis heute versteht sie nicht, warum ihre Mutter daraus ein Geheimnis gemacht und es ihr bis zum Tod nicht erzählt hat. "Sie muss ein sehr schlechtes Gewissen gehabt haben", so Cornelia Scheel. Mit ihrem Vater, dem Regisseur Robert Adolf Stemmle ("Die Feuerzangenbowle" mit Heinz Rühmann), hatte sie keinen weiteren Kontakt.

Unkonventionell als First Lady

Als Mildred Scheel ihren zukünftigen Mann, Walter Scheel, kennenlernte, war Cornelia sechs Jahre alt. Bei ihrer ersten Begegnung mit ihrem zukünftigen Papa bekam sie von ihm einen grünen Frosch geschenkt, der sie sehr glücklich gemacht hat, denn wie ihre Mutter hatte sie keine Freude an Puppen. Mildred Scheel und ihr Mann Walter hatten sehr unterschiedliche Temperamente, erinnert sich Cornelia Scheel: "Er war der perfekte Diplomat, und meine Mutter war sehr unkonventionell." Sie hielt nicht viel auf Mode, langweilte sich auf Empfängen als Gattin des Außenministers und späteren Bundespräsidenten Walter Scheel. Erst als Mildred Scheel die Deutsche Krebshilfe ins Leben rief, blühte sie auf. "Sie hat Tag und Nacht gearbeitet für ihre Organisation – mit großem Erfolg – und dann hat sie es auch ertragen, wenn sie Walter Scheel auf einem Staatsbesuch begleiten musste." Unkonventionell, wie sie war, hat sie zum Beispiel ausländische Präsidenten gebeten, einen Teller zu signieren, um ihn für die Krebshilfe zu versteigern. Die Protokollchefs brachte sie mit solchen Aktionen regelmäßig zur Verzweiflung.

Der Krebs und ihr Glaube

Groß war der Schock, als Mildred Scheel die Diagnose Krebs erhielt und mit 52 Jahren verstarb. "Ich bin heute 52 Jahre alt, und das führt mir vor Augen, wie jung sie war, sie liebte das Leben und wollte weiterleben", erinnert sich Cornelia Scheel, die ihre Mutter zwei Jahre lang in ihrem Kampf gegen den Krebs begleitete. Große Sorge bereitete Mildred Scheel als Präsidentin der Deutschen Krebshilfe, dass durch ihren unheilbaren Krebs "die Menschen das Vertrauen in den Kampf gegen den Krebs verlieren würden". Cornelia Scheel erinnert sich aber auch, dass der Glaube an Gott sich bei ihrer Mutter immer mehr manifestiert hat, je näher sie ihrem Tod kam. "Sie hat dann vom Papst ein geweihtes Kreuz geschenkt bekommen, und das war ihr ganz wichtig, das hatte sie oft in der Hand, das gab ihr Kraft."

Es bleibt die Bewunderung

Für ihre Tochter Cornelia bleibt die Mutter ein großes Vorbild. "Man muss für die Dinge, die einem am Herzen liegen, eintreten", sagt Cornelia Scheel, "und so konsequent den Weg gehen, wie sie ihn gegangen ist." Und sie zieht eine Parallele zum Engagement ihrer Mutter und ihrem Einsatz für Homosexuelle: "Als meine Mutter vor 40 Jahren die Deutsche Krebshilfe gegründet hat, war es ihr ein Anliegen, das Wort Krebs aus der Tabuzone, und vor 25 Jahren bin ich mit Hella von Sinnen öffentlich aufgetreten, das Wort Homosexualität aus der Tabuzone zu holen." Und so ist sie auch ein wenig stolz, dass sie in der Vergangenheit einiges getan hat, damit Menschen sich nicht mehr verstecken müssen. "Das würde sie ganz gut finden", meint Cornelia Scheel. Überhaupt habe es Mildred Scheel richtig geärgert, wenn Menschen schlecht über andere geredet haben. "Das hat sie gelebt", sagt ihre Tochter und denkt auch an den Umgang mit Flüchtlingen und allen Menschen, die ausgegrenzt werden. Heute ist sie ist froh, ihre Erinnerungen an ihre Mutter aufgeschrieben zu haben, denn sie hat dadurch auch mehr Nähe und Frieden gefunden.

Das Buch "Mildred Scheel" von Cornelia Scheel ist im Rowohlt Verlag erschienen.


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