Pax Christi zu möglichem deutschen Militäreinsatz in Syrien

"Ganz falsches Signal"

Eine Beteiligung deutscher Soldaten gegen den IS in Syrien wird immer wahrscheinlicher. Die Regierung habe nach Informationen der dpa einen Tornado-Einsatz bereits beschlossen. Pax Christi sprach bei domradio.de von einem ganz falschen Signal.

IDS-Tornado der Bundeswehr bald auch in Syrien im Einsatz / © PIZ - Luftwaffe (dpa)
IDS-Tornado der Bundeswehr bald auch in Syrien im Einsatz / © PIZ - Luftwaffe ( dpa )

domradio.de: Es könnte so aussehen, dass deutsche Kampfjets Ziele in Syrien ausspähen oder dass deutsche Tankflugzeuge andere Kampfjets auftanken, die dann Einsätze fliegen. Das sind die Szenarien, von denen gesprochen wird. Und das klingt dann ein bisschen danach, dass man sich am Rande beteiligt. Ist das eine realistische Annahme? Kann man nur ein bisschen Krieg mitmachen?

Christine Hoffmann (Generalsekretärin von Pax Christi): Nein, absolut nicht. Und Pax Christi ist überzeugt, dass die militärischen Einsätze in Syrien nicht den ersehnten Frieden bringen. Da wird keine Beihilfe geplant. Wer betankt, sorgt dafür, dass Angriffe geflogen werden können. Der trägt die gleiche Mitverantwortung wie diejenigen, die die Bomben abwerfen. Diese Bomben treffen aber die Zivilbevölkerung. Deshalb muss der Beschuss so schnell wie möglich gestoppt werden. Ich bin, ehrlich gesagt, fürchterlich besorgt, dass die Bundesregierung solche Pläne schmiedet.

domradio.de: Das heißt, Sie sind generell vom Einsatz Deutschlands nicht begeistert?

Christine Hoffmann: Nein. In Syrien herrscht seit fünf Jahren Krieg. Mehr als 250.000 Menschen wurden in dieser Zeit getötet, Millionen sind auf der Flucht. Die Waffen müssen schweigen. Wenn Deutschland jetzt mitkämpfen will, dann bremst das nicht die Spirale der Gewalt, aber genau diese müsste gestoppt werden.

domradio.de: Bislang hieß es immer, ein militärisches Eingreifen kann kaum Erfolg haben, vielmehr wurde angedacht, mit Syriens Präsidenten Assad zu verhandeln. Jetzt kommt ein Richtungswechsel. Wegen des Schulterschlusses mit Frankreich?

Christine Hoffmann: Ich frage mich tatsächlich, woher die Bundesregierung im Moment die Überzeugung hernimmt, dass die Kampfeinsätze ein Beitrag zur Deeskalation und Beruhigung der Lage in Syrien sein können. Dahinter steht für mich eine ethische Überlegung. Kann ein Waffeneinsatz jetzt zum Frieden beitragen? Davon bin ich nicht überzeugt. Eigentlich wäre es angesagt, die Zivilbevölkerung dadurch zu schützen, dass Bombenabwürfe über Wohngebieten absolut gestoppt werden, egal wer auch immer die Bomben wirft. Da wird momentan schon genug Unheil durch Waffen und Luftangriffe angerichtet. Da muss sich Deutschland nicht beteiligen, sondern eigentlich viel mehr dafür einsetzen, dass Vereinbarungen getroffen werden und Waffenstillstand erzielt wird.

domradio.de: Welche Maßnahmen würde sie weiter in Syrien für sinnvoll halten?

Christine Hoffmann: Es ist noch keine zwei Wochen her, da haben in Wien die internationalen Gespräche zur Lösung der Syrienkrise stattgefunden. Da sind Pläne vereinbart worden, die vielleicht nicht perfekt sind, aber dahin müsste die Energie gehen, weiter am Verhandlungstisch mit allen Beteiligten - auch mit allen kämpfenden Gruppen - zu sitzen. Der IS müsste durch jeglichen Kauf von Öl und anderer Geschäfte isoliert werden.

Das Interview führte Uta Vorbrodt.


Quelle:
DR