Der Unions-Fraktionschef im Bundestag, Volker Kauder (CDU), wünscht sich den Erhalt der religiösen Vielfalt im Nahen Osten. Daher müssten christliche Flüchtlinge aus Syrien in Lagern benachbarter Länder erträgliche Lebensbedingungen erhalten, statt zur Auswanderung gezwungen zu sein, forderte Kauder am Montagabend in Berlin. "Wenn wir alles daran setzen, dass sie möglichst lange nahe ihrer Heimat bleiben, ist die Chance auf Rückkehr am größten."
Kauder sprach bei einer Veranstaltung der Deutschen Bischofskonferenz zum Thema "Ende der religiösen Pluralität? - Zur Zukunft der Christen im Nahen Osten". Dabei warb er um Verständnis für die Militärregierung in Ägypten. Seit deren Machtübernahme könnten die koptischen Christen wieder in Ruhe leben. "Wir müssen akzeptieren, dass in Übergangsprozessen nicht alles hundertprozentig laufen kann", so der CDU-Politiker zur Kritik an demokratischen Defiziten etwa in Ägypten.
Religiöse Verfolgung gebe es heute weniger durch Staaten und mehr durch terroristische und räuberische Gruppen, betonte Kauder. Zugleich wandte er sich gegen den Vorschlag, westliche Staaten sollten in Konflikte wie dem in Syrien durch Bodentruppen eingreifen. "Dies würde in der Region als neuer Kolonialismus interpretiert", so der Unionspolitiker. Zur Erreichung eines dauerhaften Friedens seien zwar auch militärische Mittel erforderlich; deren Einsatz sei zunächst jedoch Aufgabe der Arabischen Welt selbst.
Patriarch: Orientalische Identität fortsetzen
Auch der Patriarch der Maroniten im Libanon, Kardinal Bechara Rai, appellierte an die westliche Staatengemeinschaft, die moderaten Staatsformen im Nahen Osten mehr zu stützen. Länder wie der Libanon bräuchten Stabilität, damit Christen dort eine Zukunft hätten. Die meisten von ihnen wollten "ihre orientalische Identität fortsetzen", statt in andere Länder auszuwandern.
Der Bamberger Erzbischof Ludwig Schick trat ebenfalls dafür ein, die von Christen mitgeprägte Kulturlandschaft im Nahen Osten zu erhalten. Wenn ein Wiederaufbau möglich sei, müssten die westlichen Kirchen schnell Hilfe zur Selbsthilfe leisten. Weihbischof Thomas Renz aus Rottenburg-Stuttgart betonte, die Kirchen im Nahen Osten seien "in einem dramatischen Überlebenskampf". Als Vorsitzender der Arbeitsgruppe Naher und Mittlerer Osten in der Bischofskonferenz dankte er dem Protestanten Kauder dafür, dass er immer wieder auf das Schicksal der verfolgten Christen weltweit aufmerksam mache.