domradio.de: Warum haben Sie das Thema "Respekt" als Jahresmotto für die Sternsinger-Aktion gewählt?
Prälat Klaus Krämer (Präsident des Kindermissionswerks "Die Sternsinger"): Wir wollen diesmal vor allem die Situation von indigenen Kindern in den Mittelpunkt stellen. Wir machen das am Beispiel von Bolivien, einem Land, in dem fast die Hälfte der Bevölkerung unter der Armutsgrenze lebt, und in dem sehr viel indigene Menschen leben. Mit zwei Dritteln stellen sie die Mehrheit. Trotzdem werden sie sehr diskriminiert. Kinder ziehen vom Land in die Stadt und erleben den Verlust ihrer kulturellen Wurzeln. Wir unterstützen Projekte, die dem entgegenwirken. Die Projekte sollen den Kindern dabei helfen, den Zugang zu ihrer Kultur zu behalten und auch die Kulturen der anderen Kinder kennenzulernen. Sie sollen lernen, wie man respektvoll mit anderen Kindern umgeht, auch wenn sie aus einer anderen Umgebung kommen.
domradio.de: Wie geht es denn den Kindern in Bolivien?
Prälat Krämer: Viele Kinder sind schlecht ernährt und haben eine schlechte Schulbildung, weil sie arm sind. Das betrifft alle Kinder, aber Kinder auf dem Land und Indigene sind davon noch viel stärker betroffen.
domradio.de: Welche Projekte unterstützen Sie mit dem Geld, das bei der Sternsinger-Aktion gesammelt wird?
Prälat Krämer: Wir unterstützen Projekte für Kinder in über 100 Ländern. Wir stellen immer eine Land in den Mittelpunkt, in diesem Jahr ist das Bolivien. Das heißt aber nicht, dass das Geld nur nach Bolivien geht.
domradio.de: Wie helfen Sie konkret den Kindern in Bolivien?
Prälat Krämer: Im Mittelpunkt steht bei uns immer eine gute Schul- und Ausbildung. Etwa die Hälfte der Mittel geht in die Schulbildung der Kinder. Mit vielen Projekten werden auch Kinder in besonderen Situationen gefördert. Das sind in Bolivien viele Straßenkinder, behinderte Kinder, Kinder mit gesundheitlichen Beeinträchtigungen.
domradio.de: Wenn wir über Respekt reden, können wir im Zusammenhang mit der Flüchtlingsdebatte auch über die Situation in Deutschland sprechen. Können sich die Sternsinger denn auch in dem Bereich engagieren?
Prälat Krämer: Das Thema ist natürlich sehr aktuell. Das konnten wir nicht ahnen, als wir über das Jahresmotto gesprochen haben. Umso besser, dass wir uns für dieses Motto entschieden haben. Kinder können in dieser Aktion lernen, dass wir vor anderen Kulturen keine Angst haben müssen, sondern Kindern aus anderen Kulturen mit Respekt und Interesse begegnen können. Das ist nicht nur in Bolivien so, sondern muss auch bei uns eingeübt werden.
domradio.de: Werden denn auch in Deutschland Flüchtlingsprojekte in Deutschland unterstützt?
Prälat Krämer: Die Gelder des Kindermissionswerks sind für Kinderprojekte in aller Welt. Das ist vorgegeben. Deshalb können wir keine Projekte in Deutschland unterstützen, aber natürlich solche in den Herkunftsländern der Flüchtlinge. Es ist in der jetzigen Situation sicher auch sehr wichtig, deutlich zu machen, dass nicht nur bei uns Hilfe notwendig ist, sondern noch viel mehr in den Regionen, aus denen die Flüchtlinge stammen.
domradio.de: Eröffnet wird die Sternsinger-Aktion am 29. Dezember im Dom zu Fulda. Ganz besonders wird für die Sternsinger aber bestimmt der Gottesdienst im Petersdom mit Papst Franziskus. Was erwartet die Kinder da?
Prälat Krämer: Wir haben traditionsgemäß den Neujahrsgottesdienst mit dem Heiligen Vater im Petersdom. Da kommen immer die Sternsinger dazu, die im kommenden Jahr die Sternsinger-Aktion eröffnen. Das sind diesmal die Sternsinger aus Eichstätt. Im vergangenen Jahr waren die Sternsinger aus Fulda dabei.
Das Besondere dabei ist, dass die Sternsinger nicht nur am Gottesdienst teilnehmen, sondern auch die Gaben zum Altar bringen. Das passt zu den Königen natürlich besonders gut. Im letzten Jahr hat Franziskus am Anfang der Eucharistiefeier darum gebeten, mit ihm zusammen die Krippe zu besuchen und das Jesukind zu verehren. Das war eine sehr anrührende und schöne Szene.
Das Interview führte Renardo Schlegelmilch.