Weihnachtsgottesdienste werden nicht nur in der Kirche gefeiert

"Der Stall ist offen für alle"

Der Gottesdienst an Heiligabend wird in der Kirche gefeiert. Oder im Bahnhof. Oder im Tierpark. Auf den ersten Blick ungewöhnliche Orte - und doch haben sie viel mit dem Geist von Weihnachten gemein.

Autor/in:
Romina Carolin Stork
Leuchtende Weihnachtssterne / © Harald Oppitz (KNA)
Leuchtende Weihnachtssterne / © Harald Oppitz ( KNA )

Zu Weihnachten gehen viele Menschen in die Kirche - schon der Tradition wegen. Doch es muss nicht immer das Gotteshaus sein, in dem der Gottesdienst abgehalten wird: Einige Gemeinden haben sich zur Feier des Heiligen Abends ganz besondere Orte ausgesucht.

Christmette in der Scheune

Seit zehn Jahren feiern die katholischen Gemeinden Sankt Marien und Sankt Franziskus in Marl (Bistum Münster) die Christmette in einer Scheune auf dem Hof Ovelhey. Eigentlich war die "Heilige Messe im Stall" nur eine Notlösung: Nach einem Brand in der Gemeindekirche musste ein Ort gefunden werden, an dem alle Gemeindemitglieder gemeinsam Gottesdienst feiern konnten. Aus der Not wurde eine Tugend - und die Christmette im Stall zur Tradition.

Rund 200 Menschen folgen ihr jedes Jahr, sowohl Katholiken als auch Protestanten. "Der Stall ist offen für alle", sagt Pfarrer Ulrich Müller. Häufig kämen Aussteiger, die der Hektik von Weihnachtsfeiern entfliehen wollen. Sie genießen die besondere Umgebung und "wollen nicht in Weihnachten ertrinken. Das tut Weihnachten gut", ist Müller überzeugt.

Im Stall erklingen Gitarren und Flöten statt Orgelmusik, die Besucher sitzen auf Strohballen statt auf Kirchenbänken. "Das ist ein warmes Sitzen, aber einen Mantel sollte man doch anziehen", sagt der Pfarrer. Überall ziehe es - wie im Stall von Bethlehem. "Die Atmosphäre vermittelt einem die Einfachheit, um das Geheimnis von Weihnachten neu zu entdecken."

Heiligabend im Tierpark

Zwar nicht in einem Stall, aber umgeben von vielen Tieren laden der Tierpark Sababurg und der evangelische Kirchenkreis Hofgeismar (Hessen) an Heiligabend ein. Seit mehr als zehn Jahren findet in einem restaurierten Fachwerkhaus, der sogenannten Kirchen- und Kulturscheune, ein weihnachtlicher Gottesdienst statt. Aus der mobilen Holzkirche, die der Kirchenkreis einst im Tierpark aufstellte, ist mittlerweile ein festes Obdach geworden, das "zwischen 1.000 Eichen" steht, wie es Tierpark-Mitarbeiter Karl Görnhardt beschreibt.

Die Nähe zur Natur sei ausschlaggebend für die besinnliche Stimmung, die am Heiligen Abend herrscht, erzählt Görnhardt. Es gibt keine pompöse Weihnachtsdekoration, sondern Stühle aus Holz, und natürliche Elemente wie Tannenzweige schmücken den Raum. Dies soll die Besucher an die Bedeutung des Festes erinnern.

Damals wie heute wird der Weihnachtsgottesdienst gut angenommen. Die 80 Plätze in der Kirchenscheune sind immer schnell belegt. Deswegen steht zusätzlich ein Zelt bereit, in dem noch 30 Personen Platz finden, erklärt Görnhardt. Trotzdem sei das Interesse am gemeinsamen Gottesdienst häufig größer, als es die räumlichen Möglichkeiten zulassen. Dabei seien Tierpark und Kirchenkreis bemüht, "zu Heiligabend keinem den Eintritt zu verwehren".

Berliner Hauptbahnhof Ort eines Gottesdienstes

Der Berliner Hauptbahnhof hingegen bietet Platz für Millionen von Menschen. Hier herrscht auch an den Weihnachtstagen geschäftiges Treiben. Einen Moment der Ruhe und Besinnlichkeit inmitten des Trubels will die Berliner Stadtmission gemeinsam mit der Bahnhofsmission schaffen: Unter dem Titel "Gott kommt zum Zuge" wird der Hauptbahnhof an Heiligabend zum Ort eines Gottesdienstes. 300 bis 400 Menschen folgen der Einladung; viele seien "Zufällige und Zaungäste", sagt Ortrud Wohlwend, die Sprecherin der Berliner Stadtmission. Seit neun Jahren findet der Gottesdienst im Hauptbahnhof statt. Dadurch "hat sich auch eine richtige Gemeinde gebildet, die alljährlich kommt."

Unter einem funkelnden Weihnachtsbaum werden Bierzeltgarnituren aufgestellt, der Altar steht nahe den Rolltreppen, die zu den Gleisen führen. Wohlwend beschreibt den Ort als "Gläserne Kathedrale". Die Geräusche von einfahrenden Zügen begleiten die Lesung der Weihnachtsgeschichte, die Predigt des Stadtmissionsdirektors und die festlichen Gesänge. Trotzdem "nehmen sich die Menschen kurz aus der Zeit raus und sind ganz fokussiert" auf den Gottesdienst.

"Am Bahnhof treffen sich Jung und Alt, Arm und Reich", sagt Wohlwend. Er sei ein Platz für Begegnung. Der gemeinsame Gottesdienst am Heiligen Abend an einem ungewöhnlichen Ort bringe viele Menschen zusammen - ganz so wie die Geburt Jesu.


Quelle:
KNA