Flüchtlinge im Kloster Helfta - Nonnen geben Deutschkurse

Unterrichten statt missionieren

Im Kloster Helfta bei Eisleben in Sachsen-Anhalt treffen Religionen aufeinander. Dort haben Nonnen Flüchtlinge aufgenommen und bringen ihnen Deutsch bei - Religion spielt dabei keine große Rolle.

Autor/in:
Thomas Schöne
Nonnen unterrichten Flüchtlinge im Kloster Helfta / © Peter Endig (dpa)
Nonnen unterrichten Flüchtlinge im Kloster Helfta / © Peter Endig ( dpa )

"Ein junger Flüchtling sagte mir gleich, dass er als Muslim den christlichen Glauben akzeptiert und damit keine Probleme hat", erzählt Priorin Christiane Hansen. "Und auch im Zusammenleben hier auf dem Klostergelände war das nie ein Streitpunkt. Wir missionieren sie ja auch nicht." Auch machten es die Deutschen den Flüchtlingen leicht, im Alltag keine Reibungspunkte zu finden. "Denn im Allgemeinen praktizieren Christen ihren Glauben nicht öffentlich sichtbar", sagt Hansen, eine gebürtige Dänin.

Seit Oktober leben 48 Flüchtlinge aus Syrien, darunter 20 Kinder, in einem ehemaligen Hotel auf dem Gelände von Kloster Helfta. Die Sprachbarriere ist noch groß, deshalb steht der Deutschunterricht im Mittelpunkt. 

Lernen mit Konzentration und Stolz

Ein Raum im Haus ist zum Klassenzimmer umfunktioniert. Vorne gibt es zwei Tafeln. "Welche Farbe ist das? Wie heißt das?", fragt Schwester Katharina Gutlederer (57) in die Runde. Hier sitzen Frauen mit ihren Kindern, auch sie sind konzentriert. Natürlich wird auch gespielt und gequengelt, aber im großen Ganzen sind alle bei der Sache.

Schwester Gutlederer holt sich eine Frau und dann auch ein Kind an die Tafel. Stolz schreiben sie Wörter mit lateinischen Buchstaben. Das Mädchen ist wahrscheinlich jünger als sechs Jahre, aber es kann schon deutsche Wörter schreiben. Sein Gesicht spricht Bände über die eigene Leistung.

Kopftuch kein Streitpunkt

Rania Mesto lernt die Uhrzeiten auf Deutsch zu verstehen. Die 24-Jährige trägt ein schwarzes Kopftuch, ihr Gegenüber - die Lehrerin und Priorin Hansen - standesgemäß den schwarzen Nonnenschleier mit einem dünnen weißem Rand. Während Rania ihren Körper in einem langen, grauen Mantel verhüllt, ist es bei der Nonne die schwarz-weiße Tracht. Die beiden Frauen irritiert das nicht, es ist eben so.

"Das ist mir noch nicht einmal aufgefallen", sagt Hansen erstaunt. "Ich weiß nicht, welcher muslimischen Glaubensrichtung Rania angehört, dafür spricht sie noch zu wenig Deutsch, aber weder Kopftuch noch Schleier war für uns ein Streitpunkt." Neben dem Glauben, so erzählt Hansen, wird das Kopftuch von den Frauen auch aus einer familiären Tradition getragen. 

Offizielle Kurse nur für die Männer

Korrekt schreibt Rania auf, was ihre Lehrerin auf der Modelluhr vorgibt. "Es ist mühsam, aber wir spüren, die Flüchtlinge wollen Deutsch lernen. Sie wissen sehr wohl, dass die Sprache der Schlüssel für eine gute Integration und persönliche Perspektive ist", sagt Hansen. Die zweifache Mutter Rania kam mit ihrem Mann im Oktober über die Türkei und Mazedonien nach Deutschland. "Sie lernt schnell und gut", lobt Hansen ihre Schülerin.

Für die Ehemänner gibt es in der Stadt Eisleben Deutschkurse. "Weil die Frauen in Helfta bei ihren Kindern bleiben, haben wir für sie den Unterricht übernommen", sagt die Kloster-Chefin.

Klöster betreuen rund 3500 Flüchtlinge

Nach Angaben der Deutschen Bischofskonferenz in Bonn und der Evangelischen Kirche in Deutschland in Hannover stellen die beiden Kirchen insgesamt in diesem Jahr 183,6 Millionen Euro für die Flüchtlingsarbeit zur Verfügung. "Insgesamt werden in Deutschlands Klöstern weit mehr als 3500 Flüchtlinge betreut", sagt der Sprecher der Deutsche Ordensobernkonferenz, Arnulf Salmen.

Nach seinen Angaben gibt es deutschlandweit rund 1900 Ordensniederlassungen. Dazu zählen sowohl große Klöster als auch kleine Gemeinschaften, die zum Beispiel auch mitten in der Gesellschaft in einer Wohnung leben.

Nikolaus: Ja - Weihnachten: Nein

Im Kloster Helfta gehen die Nonnen davon aus, dass die Flüchtlinge etwa drei Jahre bei ihnen leben werden. In dieser Zeit sollen sie auch bei den Festen mit einbezogen werden. Nikolaus wurde gefeiert, eine Weihnachtsfeier gibt es aber nicht.

"Die Mehrheit der Flüchtlinge sind Muslime, da hat Weihnachten keine Bedeutung. Aber wir werden am 23. Dezember eine Feier veranstalten", sagt die Priorin. "Es geht um das Zusammensein und miteinander essen. Wir werden 'Bingo' spielen, das verstehen alle", sagt Hansen. Als Preise winken Süßigkeiten.


Quelle:
dpa