​Plädoyer für hoffnungsvolles Handeln im Neuen Jahr

Resignation ist Zeitverschwendung

​Wie wird das Neue Jahr wohl werden? Viele Menschen begehen den Jahreswechsel angesichts von IS-Terror, Flüchtlingsströmen und politischen Konflikten mit einem mulmigen Gefühl. Dennoch sollte nicht der Pessimismus siegen.

Autor/in:
Karin Vorländer
Hände beim Gebet / © Friso Gentsch (dpa)
Hände beim Gebet / © Friso Gentsch ( dpa )

"Ein gutes Neues Jahr" wünschen wir in der Neujahrsnacht und den Tagen danach. Aber: Was wird in den kommenden 366 Tagen eigentlich "gut"? Wird uns das Neue Jahr nicht einmal mehr Konflikte, Katastrophen, Krankheiten und Kriege bescheren? Werden nicht Gier, Geiz und Gewissenlosigkeit weiterhin dafür sorgen, dass eben nicht alles "besser", geschweige denn "gut" wird im Neuen Jahr? Nein, die Welt wird voraussichtlich auch im Jahr 2016 nicht von selbst friedlicher, gerechter und menschenfreundlicher. Das wissen wir. Die Frage ist, welche Konsequenz wir daraus ziehen.

"Da kann man doch sowieso nichts machen", sagen viele Menschen resigniert. Sie verweisen auf die globale Macht von Konzernen, auf politische Rahmenbedingungen, auf ungerechte Strukturen oder "Sachzwänge" und ziehen sich resigniert auf die Insel privaten Glücks zurück. Sie richten sich - bewusst oder unbewusst - ein auf einen "Untergang erster Klasse", indem sie sich angesichts der unübersehbaren globalen Herausforderungen aufs Private konzentrieren und darauf, hier und heute selbst so gut wie möglich zu leben. Die Soziologie hat für diesen Rückzug von der komplexen, bedrohlichen und unkontrollierbaren Umwelt in die eigenen vier Wände sogar einen Begriff: Cocooning.

"Hoffnung entsteht im Tun"

Andere entschließen sich zu einem hoffnungsvollen und trotzigen "Dennoch". Menschen können ohne Hoffnung nicht leben. Hoffnung für das eigene Leben und für die Zukunft beruht nicht auf angeborenem Optimismus, nach dem Motto "Alles wird gut". Hoffnung entsteht durch hoffnungsvolle Taten. Hoffnung entsteht im Tun - und es will tatkräftig geübt sein.

Wir sollten uns weder von der vorgeblichen Macht von Politik und Wirtschaft noch von der angeblichen eigenen Ohnmacht dumm, taten- und hoffnungslos machen lassen. Resignation macht das Leben sinnlos. "Ihr seid das Salz der Erde", hat Jesus die ermutigt, die angeblich zu wenige, zu klein oder zu machtlos sind.

Abschied vom "Immer-Mehr"

Jede und jeder einzelne kann hoffnungsvolle kleine Schritte tun: Mit dem, was wir (nicht) kaufen, wie wir wirtschaften, was wir essen, wo und wie wir das eigene Geld anlegen, wohin und wie wir reisen, wozu wir uns zu Wort melden, wofür und für wen wir uns einsetzen, wie wir mit uns selbst und den Menschen um uns herum wahrhaftig und barmherzig umgehen. Der tschechische Schriftsteller und Politiker Vaclav Havel hat einmal gesagt: "Hoffnung ist nicht die Überzeugung, dass etwas gut ausgeht, sondern die Gewissheit, dass etwas Sinn hat, egal wie es ausgeht."

Ist es nicht ein Hoffnungszeichen, dass die Zahl der Menschen wächst, die angesichts des anscheinend Unabänderlichen nicht in lähmende Hoffnungs- und Tatenlosigkeit verfallen? Es gibt sie zunehmend: Menschen, die Abschied vom "Immer-Mehr" nehmen und nicht länger glauben, dass Lebensglück und Wohlergehen in allererster Linie vom steten Wachstum der Wirtschaft abhängen. Es gibt sie, die "Schleichwege der Hoffnung", auf denen Menschen unterwegs sind und gute Erfahrungen machen. Sie überlegen fantasievoll, ob sich nicht gemeinsam mit anderen etwas zum Besseren wenden lässt. 

Leben nach Gandhi

Warum nicht im kommenden Jahr selbst Erfahrungen mit dem Leitspruch Mahatma Gandhis machen, der gesagt hat: "Sei du selbst die Veränderung, die du dir wünschst für diese Welt." Es kommt nicht darauf an, die Welt retten zu wollen. Das überfordert uns maßlos. Aber jede und jeder kann an einer Stelle einen Beitrag zu einer enkelfreundlichen Welt leisten.

Im Übrigen kann vielleicht für das kommende Jahr der Wunsch gelten, den Hanns-Dieter Hüsch einmal so formuliert hat: "Im Übrigen meine ich/ möge uns der Herr weiterhin/ zu den Brunnen des Erbarmens führen/ zu den Gärten der Geduld/ und uns mit Großzügigkeitsgirlanden /Schmücken..... Er möge wie es auskommt in unser Herz eindringen/ Um uns mit seinen Gedankengängen/ Zu erfrischen/ Uns auf Wege zu führen/ Die wir bisher nicht betreten haben/ Aus Angst und Unwissenheit darüber/ Dass der Herr uns nämlich aufrechten Ganges/ Fröhlich sehen will. (aus: Hanns Dieter Hüsch: "Führen und Leiten")


Quelle:
KNA