Schon seit Jahren arbeitet die Lutherstadt Wittenberg an ihrem Stadtbild: Die Schlosskirche, an deren Tür der Reformator seine 95 weltverändernden Thesen angeschlagen haben soll, wird 2016 fertig renoviert sein und in neuem Glanz erstrahlen. Wenige Schritte entfernt, in der Stadtkirche, ist der prächtige Altar Lucas Cranachs bereits restauriert. Auch weltliche Bauten werden für 2017 saniert. So entsteht am Bahnhof ein neues Empfangsgebäude. Wer derzeit aus dem Zug steigt, steht auf einer Baustelle.
Wittenberg wird 2017 auch das Ziel eines "Europäischen Stationenwegs" werden, der bereits am 3. November 2016 in Genf startet. Eine Truck-Karawane soll 68 Städte in Europa ansteuern. Wo sie hält, werden die Protestanten Feste der Reformation feiern. Die Ankunft in der Lutherstadt ist rechtzeitig zum Höhepunkt des Jubiläumsjahrs geplant: Am 28. Mai 2017 werden zu einem Open-Air-Gottesdienst bis zu 300.000 Menschen erwartet. Gefeiert werden soll auf den Elbwiesen mit Blick auf die historische Altstadt, wo 1517 alles begann.
Teilnehmer kommen von überall
Die Teilnehmer zum Großgottesdienst kommen aus allen Himmelsrichtungen: vom Deutschen Evangelischen Kirchentag, der ab 24. Mai 2017 in Berlin läuft, sowie von sechs regionalen "Kirchentagen auf dem Weg" in den großen Städten Mitteldeutschlands. Vor allem die Anreise nach Wittenberg ist eine logistische Herausforderung. Mehrere 10.000 Teilnehmer sollen schon am Vorabend zu einer Taizé-Lichternacht kommen, planen Hartwig Bodmann und Ulrich Schneider. Die beiden Geschäftsführer des kirchlichen Vereins "Reformationsjubiläum 2017" haben schon Kirchentage in deutlich größeren Städten organisiert. Die Feiern 2017 haben für sie eine neue Dimension.
Die Vorbereitungen für "Luther 2017" laufen in einem komplexen Geflecht aus kirchlichen und weltlichen Institutionen. Eine eigene staatliche Geschäftsstelle koordiniert die Aktivitäten des Bundes und der sieben beteiligten Landesregierungen. Sie kümmert sich um die Infrastruktur, etwa die Sanierung der Luthergedenkstätten. Dazu gehören nicht nur die Kirchen in Wittenberg, sondern auch das Geburtshaus in Eisleben oder die Wartburg. Daneben stehen politische Bildung, wissenschaftliche Forschung sowie die Tourismusförderung auf der Liste der staatlichen Ziele. 35 Millionen Euro lässt sich das allein der Bund bis 2017 kosten.
Margot Käßmann, die Botschafterin der EKD für das Reformationsjubiläum, ist seit Jahren im In- und Ausland unterwegs, um für 2017 zu werben, Gäste einzuladen und Organisationen zum Mitmachen zu bewegen. "Ich wünsche mir, dass viele Menschen den Sommer der Reformation in Wittenberg erleben und er für sie zu einem unvergesslichen Erlebnis wird", sagt die Theologin dem Evangelischen Pressedienst (epd).
"Lutherdekade" schon seit 2008
Schon seit 2008 läuft die "Lutherdekade" - jedes Jahr steht seitdem unter einem anderem Thema. Das Motto 2016 heißt "Reformation und die Eine Welt", bevor 2017 die Gäste aus aller Welt kommen. Die evangelische Kirche hat ihre Partner in der internationalen Ökumene eingeladen. Den ganzen Sommer über soll Wittenberg eine "Weltausstellung der Reformation" beherbergen. Schauplatz sind die Wallanlagen rund um die Altstadt. Dort präsentieren sich von Mai bis September Kirchen, Verbände und Kulturschaffende. Das ambitionierte Projekt bedeutet für die jeweiligen Institutionen einen beträchtlichen Aufwand, der weit höher ist als bei einem "Markt der Möglichkeiten" des Kirchentags.
Parallel dazu ist ein Camp für Jugendliche in Vorbereitung. Konfirmanden und andere Gruppen sollen jeweils fünf Tage das Reformationsjubiläum erleben. Nördlich der Stadt wird ein kleines Dorf aus stabilen Zelten aufgebaut. "Die Nachfrage aus Kirchengemeinden und christlichen Jugendgruppen ist groß", berichtet Organisator Bodmann. 500 Jahre Reformation sei eben mehr als ein Betriebsjubiläum des Protestantismus: "Es verändert uns, wenn wir an den authentischen Ort gehen."
"Ereignis von Weltrang"
Das Reformationsjubiläum wird vom Bundestag als "Ereignis von Weltrang" eingestuft. Der 31. Oktober 2017, an dem sich der Thesenanschlag von Martin Luther in Wittenberg zum 500. Mal jährt, soll bundesweit arbeitsfrei sein. In den fünf ostdeutschen Ländern ist der Reformationstag ohnehin gesetzlicher Feiertag. An diesem eigentlichen Tag des Jubiläums endet das Festjahr.