Nach den Übergriffen in Köln warnen Bischöfe vor Hetze

Flüchtlinge nicht pauschal verdächtigen

Katholische Bischöfe in Deutschland rufen nach den Übergriffen von Köln dazu auf, die Würde von Frauen zu verteidigen. Sie warnen zugleich vor pauschalen Verdächtigungen gegenüber Flüchtlingen und Ausländern. Auch Pro Asyl ist von der Stimmungsmache geggen Flüchtlinge alarmiert. 

Weihbischof em. Hans-Jochen Jaschke (dpa)
Weihbischof em. Hans-Jochen Jaschke / ( dpa )

"Die meisten Leute wollen sofort urteilen und wollen Sündenböcke haben", sagte der Hamburger Weihbischof Hans-Jochen Jaschke am Donnerstag im Gespräch mit Radio Vatikan. Die Kirche müsse aber darauf achten, dass keine "irrationale Stimmung" mit allgemeinen Verdächtigungen gegen Ausländer und Flüchtlinge aufkomme. Auch in führenden Parteien gebe es Stimmen, "die gleich wieder Propaganda gegen Flüchtlinge machen wollen", so Jaschke, der in der Deutschen Bischofskonferenz für den Dialog mit den Muslimen zuständig ist.

Der Kölner Kardinal Rainer Maria Woelki hatte bereits am Mittwoch zum verstärkten Einsatz für die Menschenwürde aufgerufen. In einem Gottesdienst im Kölner Dom sagte der Erzbischof: "Dort, wo wehrlose, den Jahreswechsel feiernde Frauen ohnmächtig den Übergriffen einer marodierenden Horde ausgesetzt sind, da stellt sich Gott entgegen und will, dass auch wir uns dort solchen Ausschreitungen entgegen stellen und die Würde, in diesem Fall die Würde so vieler Frauen, verteidigen."

Mehr Aufklärung über Tatnacht 

Jaschke rief dazu auf, zunächst ein klares Bild über die Vorgänge zu gewinnen. Die Täter, die Frauen sexuell bedrängt, verletzt oder ausgeraubt hätten, seien dingfest zu machen. Zugleich stellte er klar, dass Asylsuchende und andere Zuwanderer sich auf hier geltende Grundwerte wie die gleiche Würde von Mann und Frau zu verpflichten hätten. "Wer dagegen verstößt, der ist kriminell und wird bestraft, und wenn es ganz schlimm ist, muss eben auch eine Ausweisung erfolgen."

Laut Polizei hatte sich an Silvester rund um den Kölner Hauptbahnhof eine große Menge junger Männer versammelt, die nach Zeugenaussagen überwiegend aus dem nordafrikanischen beziehungsweise arabischen Raum stammen sollen. Aus der Menge bildeten sich später demnach Gruppen, die Frauen umzingelten, sexuell bedrängten und ausraubten.

Diskussion über härtere Strafen 

Nach den massiven Übergriffen auf Frauen in Köln wird über härtere Strafen und umfangreichere Sicherheitsvorkehrungen diskutiert. Die CDU-Spitze fordert deutliche Gesetzesverschärfungen. So sollen bei "erheblichen Gefahren für die öffentliche Sicherheit und Ordnung" verdachtsunabhängige Personenkontrollen eingeführt werden - die sogenannte "Schleierfahndung". Das geht aus dem Entwurf für die "Mainzer Erklärung" hervor, die bei einer Klausur des CDU-Vorstands am Freitag und Samstag verabschiedet werden soll.

Asylberechtigte, Flüchtlinge und Asylbewerber, die zu einer Freiheitsstrafe ohne Bewährung verurteilt werden, sollen ihre "Asylberechtigung" verlieren. Die Formulierung geht über den Parteitagsbeschluss von Dezember hinaus. Dort hieß es einschränkend, der Aufenthaltsstatus solle bei einer rechtskräftigen Verurteilung "zu einer Freiheitsstrafe von deutlich unter drei Jahren" verloren gehen. Diese zeitliche Einordnung will die CDU nun wegfallen lassen.

Innnenminister für Videoüberwachung 

Innenminister Thomas de Maizière (CDU) tritt für schärfere Sicherheitsvorkehrungen wie mehr Videoüberwachung auf Plätzen ein. "Wir müssen alles dafür tun, dass sich solche Vorfälle nicht wiederholen", sagte er der "Rheinischen Post" (Freitag). Dazu gehörten "vorbeugende Aufklärung, mehr Videoüberwachung auf Plätzen, wo sich viele Menschen versammeln, Präsenz auf der Straße und harte Strafen". Selbstverständlich gehöre dazu auch, dass ausländische Straftäter bei erheblichen Straftaten ausgewiesen würden.

Die Grünen-Politikerin Claudia Roth hat angesichts der Übergriffe einen stärkeren Einsatz gegen sexualisierte Gewalt gegen Frauen angemahnt. "Ein großer Teil der derzeitigen Empörung richtet sich aber nicht gegen sexualisierte Gewalt, sondern auf die Aussagen, dass die potenziellen Täter nordafrikanisch und arabisch aussehen", sagte sie der "Welt" (Freitag). Nötig seien Prävention, eine größere Polizeipräsenz an Brennpunkten, intensive Opferberatung, Aufbrechen patriarchaler Strukturen und eine klare Bestrafung der Täter.

Pro Asyl warnt vor "hysterischer Debatte" 

Die Flüchtlingsbeauftragte der Bundesregierung, Aydan Özoguz, warnte in den Funke-Zeitungen (Freitagsausgaben) vor einem Generalverdacht gegen Flüchtlinge. "Es alarmiert mich, wie Rechtsextreme die Übergriffe bereits zur Hetze und Stimmungsmache gegen Flüchtlinge nutzen", sagte die SPD-Politikerin. Gleichzeitig betonte sie: "Die Täter müssen gefasst und bestraft werden, bis hin zur Abschiebung, wenn es Flüchtlinge waren."

Pro Asyl-Europareferent Karl Kopp sagte dem Evangelischen Pressedienst (epd), er halte die aktuelle Diskussion für eine "hysterische Debatte", da man noch nicht einmal wisse, wer die Täter sind. "Zunächst müssen erst einmal die Strafverfolgungsbehörden ihre Arbeit machen", sagte er. Auch die Grünen warnten vor dem Schüren fremdenfeindlicher Ressentiments. "Weder die Nationalität der Täter, noch ihr Aufenthaltsstatus oder ihr Wohnort sind bisher bekannt", sagte Parteichefin Simone Peter.

Übergriffe in Flüchtligsheimen 

Auch in Kölner Flüchtlingsunterkünften hat es nach einem Zeitungsbericht in den vergangenen Monaten mehrfach sexuelle Übergriffe auf Bewohnerinnen gegeben. "Wir haben nach und nach von verschiedenen Fällen erfahren, in denen Frauen und Kinder von Männern sexuell belästigt wurden", sagte der Geschäftsführer des Kölner Flüchtlingsrats, Claus-Ulrich Prölß, dem "Kölner Stadt-Anzeiger" (Freitagsausgabe). Er habe keinen genauen Überblick über die Zahl der Fälle, gehe aber von einer hohen Dunkelziffer aus.

 Viele Frauen meldeten sich aus Schamgefühl überhaupt nicht, außerdem gebe es in den Flüchtlingsunterkünften keine Betreuerinnen als Vertrauenspersonen für Frauen, sagte Prölß. Er kritisierte die unzureichenden Bedingungen in vielen Flüchtlingsheimen: "Da fehlt es an so einfachen Dingen wie einer Tür mit Schloss, damit alleinstehende und alleinerziehende Frauen hinter sich abschließen können." In Massenunterkünften wie Hallen gebe es zum Teil überhaupt keine Türen.

Als eine der Ursachen für die sexuellen Übergriffe sieht Prölß auch den kulturellen Hintergrund einiger Flüchtlinge an, in deren Herkunftsländern Sexualität als absolutes Tabuthema gelte. Das bedeute aber nicht, dass männliche Flüchtlinge generell zu solchen Taten neigten.

 


Quelle:
KNA , epd , dpa