Flüchtlinge sind wütend auf die Täter von Köln

Sorge vor Generalverdacht

Nach den Übergriffen in Köln und Hamburg befürchten Flüchtlinge, unter Generalverdacht gestellt zu werden. Viele Flüchtlinge zeigten sich betroffen von den Geschehnissen der Silvesternacht, sagte Susanne Rabe-Rahmann von der Caritas in Köln.

Syrische Flüchtlinge / © Socrates Baltagiannis (dpa)
Syrische Flüchtlinge / © Socrates Baltagiannis ( dpa )

Zudem seien sie auch sehr wütend auf die Täter, die dafür gesorgt hätten, dass alle männlichen arabischen Flüchtlinge nun unter Generalverdacht gestellt würden, sagte Rabe-Rahmann dem Evangelischen Pressedienst.

Viele Flüchtlinge sind nach Deutschland gekommen, um in demokratischen Strukturen zu leben", so Rabe-Rahmann. Oft gehörten sie in ihrem Heimatland zu einer ausgegrenzten Minderheit. "Und nun erleben sie hier eine neue Form der Ausgrenzung." Junge Araber berichteten ihr immer wieder, dass Fahrgäste ihre Taschen auf die andere Seite stellten, wenn sie die Bahn betreten. "Und das hat sich seit einer Woche deutlich verschärft."

Viele Menschen in den Flüchtlingsunterkünften wüssten noch gar nichts von den massiven Übergriffen in der Silvesternacht, sagte der Europareferent von Pro Asyl, Karl Kopp. "Aber mittlerweile tauchen die Geschehnisse auch in den internationalen Medien auf, etwa in englischsprachigen Zeitungen, auf die dann arabische Medien zurückgreifen. Und auch über soziale Medien bekommen sie einiges mit", so Kopp. Diejenigen, die Bescheid wüssten, seien sehr schockiert. Er habe gerade erst mit einem älteren syrischen Flüchtling darüber gesprochen, der absolut entsetzt darüber gewesen sei, "mit wie wenig Würde und Respekt" die betroffenen Frauen behandelt worden seien.

Flüchtlinge wollen neues Leben beginnen

"Die meisten der knapp eine Million Flüchtlinge, die in Deutschland geblieben sind, versuchen einfach, hier ein neues Leben zu beginnen", so der Flüchtlingshelfer. "Jetzt werden sie in den Medien in Zusammenhang mit sexueller Gewalt und Straftaten genannt. Und natürlich haben sie nun Angst, dass ihre Aufnahme in Deutschland damit vermengt wird und dass die Willkommenshaltung der Deutschen unter den Ereignissen leidet."

Umso wichtiger sei es jetzt, die Geschehnisse der Silvesternacht lückenlos aufzuklären, fordert Kopp: "Die Täter müssen identifiziert und strafrechtlich verfolgt werden." Auch Susanne Rabe-Rahmann hofft, dass die polizeiliche Ermittlung ans Licht bringt, wie es fast zeitgleich in mehreren deutschen Städten zu dieser Form von organisierter Gewalt kommen konnte.

Besorgt zeigte sich Kopp über Reaktionen im Internet: "Es muss einem Angst und Bange werden, wenn man sich ansieht, was im Internet dazu alles kursiert." Es gebe viele rassistische und rechtsradikale Kommentare. So sei in einem Forum etwa zu lesen, dass die Bundesregierung und Pro Asyl die in Köln sexuell belästigten Frauen im übertragenen Sinne mitvergewaltigt hätten.

Appell an weitere ehrenamtliche Mitarbeit in der Flüchtlingshilfe

Rabe-Rahmann appelliert an ehrenamtliche Helfer, jetzt nicht in ihren Bemühungen nachzulassen: "Die Willkommensinitiativen leisten eine Arbeit von unschätzbarem Wert. Sie bieten den Menschen Orientierung und Unterstützung. Sie brauchen Vorbilder, an denen sie sich kulturell orientieren können."

Svenja Koch von der Katastrophenhilfe der Diakonie geht nicht davon aus, dass sich die Ereignisse der Silvesternacht negativ auf die ehrenamtliche Tätigkeit auswirken wird. "Es ist natürlich noch zu früh, um das schon absehen zu können. Aber wir rechnen nicht damit." Die meisten Ehrenamtlichen seien so verwurzelt mit ihrer Arbeit, dass sie sich davon nicht abschrecken ließen.


Quelle:
epd