David Bowie provozierte auch die Kirche

"Möge Gottes Liebe mit dir sein"

Nach dem Tod des britischen Musikers David Bowie herrscht offenbar auch im Vatikan Betroffenheit. Kurienkardinal Gianfranco Ravasi twitterte eines der bekanntesten Zitate des Künstlers. Bowie selbst rang zeitlebens mit seiner Haltung zu Gott.

Autor/in:
Paula Konersmann
Vor einem Wandgemälde in London: Blumen für Bowie  / © Andy Rain (dpa)
Vor einem Wandgemälde in London: Blumen für Bowie / © Andy Rain ( dpa )

"Gott hat wahrscheinlich gerade das geilste Rock-Festival aller Zeiten da oben", schrieb am Montagmorgen ein Mitglied der Twitter-Gemeinde. Anlass dafür war der Tod des britischen Musikers David Bowie - und die rasche Folge von Todesfällen unter prominenten Rockmusikern. Erst am 28. Dezember war Motörhead-Sänger Lemmy Kilmister verstorben. Am Montagmorgen hatte Bowies Management mitgeteilt, dass der Künstler am Vorabend im Kreis seiner Familie verstorben ist. Er war vor 18 Monaten an Krebs erkrankt. In der vergangenen Woche hatte er sein letztes Album "Blackstar" veröffentlicht.

Trauer herrschte nicht nur unter Musiker-Kollegen und Bowie-Fans. Der vatikanische Kurienkardinal Gianfranco Ravasi twitterte einen der bekanntesten Texte des Verstorbenen: die Anfangsworte des Songs "Space Oddity" von 1969, darunter der Satz "May God's love be with you" ("Möge Gottes Liebe mit dir sein"). Ravasis Tweet wurde bis zum Mittag über 500 Mal retweetet.

Exzentrische Outfits und ein ausschweifender Lebensstil

Dabei hatte die Kirche gar nicht immer ein gutes Verhältnis zu Bowie. 2013 brachte er die US-Lobbyorganisation Catholic League gegen sich auf: Im Video zu "The Next Day" zeigte er Priester in einem obskuren Nachtclub; er selbst trat als Jesus auf. Der "bisexuelle Senior" Bowie sei zurück, "hoffentlich nicht zu lange", schrieb Catholic-League-Präsident Bill Donohue in einem Blogpost. Das Video nannte er "eine einzige Schweinerei".

Gelassener zeigte sich der damalige anglikanische Primas George Carey: "Wenn Imitation die aufrichtigste Form eines Kompliments ist, sollten sich Christen bei dieser Ausbeutung religiöser Symbole nicht zu viele Sorgen machen." Man ging von einer bewussten Provokation Bowies aus. Exzentrische Outfits, Drogen und ein ausschweifender Lebensstil hatten vor allem seine frühen Karrierejahre geprägt.

"Chamäleon des Pop"

Doch der Brite, der auch als Maler und Schauspieler in Erscheinung trat, provozierte selten allein um der Provokation willen. Bowie sog die Einflüsse verschiedener Kulturen und Kunststile auf - vom japanischen Theater bis zur Transvestiten-Subkultur in New York, von Jazz- über Soul- zu elektronischer Musik. Das "Chamäleon des Pop" schlüpfte in immer neue Rollen. Als die einflussreichste gilt Ziggy Stardust: ein androgyner Rockstar, der an seinem eigenen Lebensstil scheitert und dessen Botschaft von Liebe und Frieden untergeht. Musikexperten machten in dieser Kunstfigur messianische Züge aus.

Die Auseinandersetzung mit religiösen Themen beschäftigte Bowie zeitlebens. Geboren 1947, wurde er nicht religiös erzogen, liebäugelte aber in jungen Jahren mit dem Buddhismus. 2003 erklärte er, er sei "fast ein Atheist". Dem "stern" sagte Bowie, die Frage nach dem Glauben an Gott sei einer seiner zentralen Lebensfragen - jedoch habe er das "Problem" nie gelöst. Mag auch der Mensch Bowie mit dem Glauben gerungen haben, für den Künstler war die Religion in erster Linie eine Quelle der Inspiration. Für die visuelle Kraft der Religionen habe er ein Schwäche, sagte er.

"Großer Schritt für die Popwelt"

Seine Fans sprachen Bowie gottgleiche Züge zu, lange bevor er sich als Jesus verkleidete. "Space Oddity" habe den Anfang einer Suche nach einer neuen Wahrheit markiert, schrieb der "Spiegel" 2009 zum 40-jährigen Erscheinen des Songs; es sei "ein einfaches Lied für Gott, aber ein großer Schritt für die Popwelt". Andere Künstler seien verglüht; Bowie jedoch schwebe "immer weiter über dem Schlachtfeld des Pop und Rock".

Der Künstler bewahrte sich eine Bescheidenheit, die angesichts solcher Huldigungen bemerkenswert ist: Es erstaune ihn, dass die Menschen ernst nähmen, was er sage, erklärte er einmal. Doch wer schon zu Lebzeiten als Legende gilt, wird in der Popkultur mit dem Tod unsterblich. Insofern überrascht es nicht, dass sich auch eines der meistgeteilten Bowie-Zitate des Tages auf die Spiritualität beziehen lässt: "I don't know where I'm going from here, but I promise it won't be boring" ("Ich weiß nicht, wohin ich von hier aus gehe, aber ich verspreche, dass es nicht langweilig wird").


Quelle:
KNA