Die Ankündigung klang etwas sperrig: "Erzbischof Heiner Koch erzählt Anekdoten zum Karneval". Als Koch in seiner karnevalistischen Gardeuniform, mit goldenen Orden, roten Schulterklappen und Narrenkappe die proppenvolle Kirchenkneipe "Kreuzberger Himmel" betritt, bricht er in schallendes Lachen aus: "Das wäre mir im Rheinland nie passiert: bei einer Karnevalsveranstaltung als Einziger verkleidet."
Während ein Kamera-Team der Deutschen Welle den Erzbischof verkabelt, plaudert sich Koch schon mal warm und gibt seinen Zuhörern einen kleinen Ausblick, was sie an diesem Montagabend erwartet: "Erstens: Meine persönliche Geschichte zum Karneval, etwa zwei Stunden. Zweitens: meine Spiritualität und der Karneval. Und drittens: ein paar Witze, die meinem Niveau entsprechen - alles sehr bescheiden."
Koch als Pfarrhaushälterin in der Bütt
Bescheiden seien auch seine ersten karnevalistischen Schritte gewesen, erzählt Koch aus seiner Kindheit in Düsseldorf-Eller: "Meine Eltern waren ja Schlesier, und wir haben Karneval nur begrenzt praktiziert. Aber 'Mainz bleibt Mainz' im Fernsehen gucken und dazu Pfannkuchen essen - das gehörte zum Ritual." Und klar - zum Rosenmontagszug gehen: "Dabei kam's bloß auf eines an: Wie viele Tüten Bonbons bekam man voll? Also ich lag nur unter den Wagen." Erstmals in die Bütt stieg Koch dann als Kaplan in Kaarst bei Neuss: "Ich bin immer als Pfarrhaushälterin aufgetreten. Die gab's da zwar nicht, aber die Rolle war so toll - meine Paraderolle."
Regimentsbischof der Kölner Prinzengarde
Wie Karnevalswagen reiht Koch die Stationen seines Lebens aneinander, erzählt mit Herzblut von den Kölner Karnevalsvereinen und Garden. Zeigt die Urkunde, mit der er zum Regimentsbischof der Kölner Prinzengarde ernannt wurde - ein Amt, das er immer noch mit Leidenschaft ausübt und sich die alljährliche Teilnahme an Prunksitzung, Prinzenproklamation und Umzug nicht nehmen lässt. Für sein Berliner Publikum klingt manches wie aus böhmischen Dörfern. Koch setzt daher auf Anschaulichkeit, präsentiert der Reihe nach all seine Narrenkappen und erklärt, dass die Prinzenbrosche des Kölner Dreigestirns an seiner Brust gleichbedeutend ist mit einem höheren Adelstitel.
Nicht verschweigen kann er, dass ihn sein Weg von Köln in die doppelte Diaspora führte: Dresden. Koch grinst, druckst, lacht: "Da war es mit Karneval zappenduster. Als mein Sekretär an Rosenmontag am Schreibtisch saß, dachte ich, mich trifft der Schlag." Wie es in Berlin werde, wisse er noch nicht. Jede Stadt habe ihre Tradition, und man solle auch niemandem etwas aufdrücken: "Hier gibt es den Karneval der Kulturen. Den finde ich auch gut."
Karneval mehr als reines Quatschmachen
Mit Leidenschaft versucht Koch seinen Berliner Zuhörern klarzumachen, dass Karneval weit mehr als bloßes Quatschmachen sei. "Wer lachen kann, der kann auch weinen, und das sind beides Zeichen von Lebenstiefe", so der Erzbischof. "Richtiges Lachen ist immer auch die Entscheidung, Freude weiterzugeben. Und je mehr Freude man teilt, umso größer wird sie." Der liebe Gott habe ihm eine gute Portion Freude mitgegeben, und so habe er auch seinen Wahlspruch als Bischof ganz in diesem Sinn gewählt: "Freut euch allezeit! Der Herr ist nahe." Wer von einer Grundstimmung der Freude getragen sei, finde auch in dunklen Stunden Kraft und eine Hoffnungsperspektive.
Begeisterung mit Kalauern
"Für mich als Christen endet das Lachen nicht an Aschermittwoch", sagt Koch und bekommt damit eloquent die Kurve zum Teil drei seiner Rede: "Jetzt hatte ich ja noch ein paar Witze angekündigt. Aber ich sag's ihnen direkt: Die doofen kann ich am besten." Mit Verve erzählt Koch einen Kalauer nach dem nächsten: "Sagt ein Hase zum Schneemann: Gib mir die Möhre oder ich föhn dich." Das Publikum lacht, prustet, einige Damen fallen beinahe vor lauter Giggeln und Quietschen vom Stuhl, sobald Koch nur ansetzt - kurzum: Am Ende doch fast ein bisschen wie Köln.