Nach dem Brand beim Geflügelschlachter "Wiesenhof" in Lohne fordert die katholische Kirche im Oldenburger Münsterland einen Systemwechsel in der Fleischindustrie. Das durchschnittliche Verhältnis von Stammbelegschaft zu Werksvertrags- und Leiharbeitern betrage dort 20 zu 80, sagte der Vechtaer Prälat Peter Kossen der Bistumszeitung "Kirche + Leben" (Sonntag) in Münster. "Dieses Verhältnis muss umgekehrt werden", so der Ständige Vertreter des Offizials, Weihbischof Heinrich Timmerevers. Dafür müssten Gesetze geschaffen werden.
Hintergrund sind Medienberichte, wonach die für "Wiesenhof" tätige Leiharbeitsfirma bei der Agentur für Arbeit einen Antrag auf Massenentlassung gestellt hat. Betroffen seien mehr als 200 meist ausländische Produktionshelfer, hieß es. Bei dem Feuer am Ostermontag war ein Großteil des Schlachtbetriebs zerstört worden. Die Produktion ist derzeit eingestellt.
"Unwürdige Arbeitsbedingungen"
Kossen warf den Unternehmern in der Fleischindustrie vor, Verantwortung wegzuschieben. Das System der Leiharbeit sei vielfach zum Menschenhandel verkommen. "Ohne Sprachkenntnisse und finanzielle Reserven sind die Arbeitsmigranten erpressbar und gezwungen, unwürdige Lebens- und Arbeitsbedingungen zu akzeptieren." Folge sei auch die Zwangsprostitution etwa von minderjährigen Bulgarinnen.
Hinzu komme, dass die Subunternehmer und Arbeitgeber auch als Vermieter der Unterkünfte für die Arbeiter aufträten. "Unter unsäglichen hygienischen Bedingungen und zu völlig überhöhten Mietpreisen werden immer noch abbruchreife Häuser mit Rumänen, Bulgaren, Polen und anderen vollgestopft."
"Lohndumping und Ausbeutung"
Werkverträge und Leiharbeit würden nach wie vor missbraucht, sagte der Vorsitzende des Landescaritasrates für Oldenburg. Es gebe in der Branche Lohndumping und Ausbeutung. Entsprechende Selbstverpflichtungserklärungen der Unternehmen seien "Sprechblasen".
Der katholische Geistliche hatte in den vergangenen Monaten mehrfach in den Medien eine Ausbeutung von Leiharbeitern in der Fleischindustrie kritisiert. Im Caritasverband im Oldenburger Land setzt er sich unter anderem für faire Löhne und eine menschenwürdige Unterbringung der vor allem aus Ost- und Südosteuropa kommenden Arbeiter ein.