Wie die "Süddeutsche Zeitung" (Mittwochsausgabe) berichtet, hat Küng einen mit der Anrede "lieber Mitbruder" beginnenden Antwortbrief des Papstes erhalten. Darin begrüße der Papst Küngs Vorstoß, eine freie Diskussion über den seit 1870 geltenden Unfehlbarkeitsanspruch zu ermöglichen.
"Diesen neuen Freiraum, so meine Folgerung, gilt es zu nutzen, um die Klärung der in der katholischen Kirche und Ökumene umstrittenen dogmatischen Festlegung voranzutreiben", betont Küng. Dem Papst gelte für diese neue Denkfreiheit "mein tief empfundener Dank". Auf Nachfrage sagte Küng der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA), er wolle den Wortlaut des Briefes aus Gründen der Vertraulichkeit nicht veröffentlichen.
Anfang März hatte der Theologe in einem offenen Brief an Papst Franziskus zu einer Überprüfung des Unfehlbarkeitsdogmas aufgerufen.
Nur so sei eine wirkliche Erneuerung der Kirche möglich. Themen wie die Verständigung zwischen den Konfessionen, die gegenseitige Anerkennung der Ämter und des Abendmahls, Fragen von Ehescheidung, Frauenordination und Zölibat sowie der "katastrophale Priestermangel" seien sonst nicht zu lösen.
Küng war wegen seiner Infragestellung der päpstlichen Unfehlbarkeit in den 1970er Jahren in Konflikt mit dem Vatikan geraten und hatte seine kirchliche Lehrbefugnis verloren. Das Unfehlbarkeitsdogma wurde beim Ersten Vatikanischen Konzil (1869/70) in der Amtszeit von Papst Pius IX. verkündet. Es besagt, dass der Papst bei Lehrentscheidungen in Glaubens- und Sittenfragen nicht irren kann. Die praktische Bedeutung des Lehrsatzes ist indes gering; bislang machte nur ein Papst davon Gebrauch. Das war Pius XII., der 1950 das Dogma von der leiblichen Aufnahme der Gottesmutter Maria in den Himmel verkündete.