Flüchtlinge als Museumsführer: Die Idee ist so ungewöhnlich wie reizvoll für Monika Grütters. Es sei eine Umkehrung der Verhältnisse, lobte die Kulturstaatsministerin am Donnerstag im Berliner Museum für Islamische Kunst das neue Projekt "Multaka." Aus "Geführten" würden "Führende".
Syrische und irakische Flüchtlinge als Guides
"Multaka" (arabisch: Treffpunkt) war im vergangenen Dezember als Experiment gestartet. Seitdem wurden den Angaben zufolge dabei 19 syrische und irakische Flüchtlinge, Männer und Frauen, als Guides geschult. Sie geben seither Schicksalsgenossen muttersprachliche Führungen auch durch das Vorderasiatische Museum, die Skulpturensammlung, das Museum für Byzantinische Kunst und das Deutsche Historische Museum. Im Mittelpunkt stehen Exponate aus den Herkunftsländern der Flüchtlinge. Die Guides erläutern ihre kulturelle Bedeutung und stellen Verbindungen zur Geschichte Deutschlands her.
Große Resonanz bei Besuchern
Die Resonanz ist groß. Rund 3.000 Besucher nahmen den Angaben zufolge bisher an den Führungen teil. Die internationale Resonanz auf das Projekt sei ebenfalls groß, auch in der arabischen Welt. Es fülle den abstrakten Begriff der Teilhabe mit Leben, betonte Grütters, sei ein Synonym für erfolgreiche Integration. "Tragen Sie den Keim der Hoffnung weiter", ermutigte sie die "Multaka"-Teilnehmer.
Zur Bestätigung ihrer Unterstützung überreichte sie einen Förderbescheid in Höhe von 85.000 Euro für das Projekt. Zudem nominierte sie es für den Sonderpreis ihres Wettbewerbs "Kultur öffnet Welten", an dem sich Projekte für Flüchtlinge beteiligen können.
"Ihr seid unsere Kronjuwelen", würdigte auch Stefan Weber, Direktor des Museums für Islamische Kunst und Initiator von "Multaka", das Engagement seiner neuen Museumsführer. Er sei immer wieder fasziniert davon, wie sich die Besucher bei den bis zu dreistündigen Führungen in den Werken ihrer Hochkulturen spiegelten und ihre Lebenswirklichkeiten diskutierten.
Dialog der Kulturen
Kultur sei immer wieder ein Prozess, betonte Weber. Kein Schlüsselwerk des Islamischen Museums sei "vom Himmel gefallen", jedes zeuge auch von Migration. "Der Austausch von Techniken und Materialien, Gedanken und Ideen, Mustern und Moden ist oftmals an Objekten in unseren Museen ablesbar und prägt die Erfahrung der Menschen - egal welcher Herkunft."
In einer zweiten Phase von "Multaka" geht es um den Dialog der Kulturen. So sind interkulturelle Workshops gemeinsam mit Berlinern geplant. Sie sollen interkulturelle Kompetenzen stärken und offenen Gedankenaustausch ermöglichen. Flüchtlinge und Deutsche sollen zu Vermittlern ihres jeweils eigenen kulturellen Erbes werden.
Hermann Parzinger "träumt" sogar von mehr. Eines Tages werde ein Syrer einem alteingesessenen Berliner eine Holzskulptur des Bildhauers Tilmann Riemenschneider erklären, hofft der Präsident der Stiftung Preußischer Kulturbesitz.