Ex-ZDF-Intendant Schächter veröffentlicht Interviewbuch mit Kardinal Lehmann

Franziskus, Mainz und Jürgen Klopp

Als einen besonderen Menschen, der "gerne und laut lacht" beschreibt der ehemalige ZDF-Intendant Markus Schächter den Mainzer Kardinal Karl Lehmann, mit dem er jetzt ein Interviewbuch veröffentlicht hat - kurz vor Kardinal Lehmanns 80. Geburtstag.

 Kardinal Karl Lehmann lacht gerne / © Fredrik von Erichsen (dpa)
Kardinal Karl Lehmann lacht gerne / © Fredrik von Erichsen ( dpa )

domradio.de: Sie saßen intensiv mit Kardinal Lehmann für das Buch zusammen. Was haben Sie für einen Eindruck gewonnen? Was ist der Mainzer Bischof für ein Mensch?

Markus Schächter (Ehemaliger ZDF-Intendant): Ein besonderer Mensch, ein liebenswürdiger, einer, der laut und gerne lacht. Für die Kirche selbst ist er ein Glücksfall mit langem Atem, der als großer Kommunikator mit Geduld, Beharrlichkeit und Hartnäckigkeit immer einen Gesprächsfaden zwischen Kirche und Gesellschaft einerseits, zwischen Glauben und Wissenschaft andererseits und auch zwischen den innerkirchlichen Gegnern, von denen es ja sehr viele gab, hergestellt hat. Er hat ebenso innerhalb der Kirche einen Gesprächsfaden zwischen den ökumenischen Fraktionen gesponnen. Er ist einer, der immer ein Angebot zum Dialog gemacht hat. Das macht ihn einzigartig und besonders.

domradio.de: Gesundheitlich ist er etwas angeschlagen, kann nur sehr schwer laufen. Wie wird es denn im Ruhestand weitergehen für Kardinal Lehmann? Wie haben Sie ihn jetzt erlebt?

Schächter: Das ist für einen Mann, der in den letzten 75 Jahren ein vor Gesundheit strotzender Mensch war, schon ein Problem. Er kann nur noch mit Stützen laufen. Dabei ist ihm der Bischofsstab im übertragenen Sinne keine Stütze. Er hat zwei Knieoperationen hinter sich, die nicht besonders gut verheilt sind, wenn ich das richtig bewerte. Er geht also ganz, ganz schwer.

domradio.de: Sie haben mit ihm unter anderem auch über die Zukunft der Kirche gesprochen und auch über Papst Franziskus. Was denkt Karl Lehmann da?

Schächter: Was die Zukunft der Kirche in einer sicher doch schwierigen Situation angeht, hat Kardinal Lehmann schon eine besondere Vorstellung. Das wichtigste Kraftzentrum in der Zukunft wird die glaubwürdig gelebte, alltägliche Existenz der Menschen sein, so sagt Kardinal Lehmann es selber. Dabei liegt der Akzent auf der Glaubwürdigkeit. Neben dem gelebten Zeugnis von möglichst vielen Menschen, gibt es aber auch den hoffnungsvollen Blick auf die Weltkirche mit ihrer prägenden Kraft. Und da ist Papst Franziskus als charismatische und glaubwürdige Persönlichkeit die Figur, die christlichen Glauben beispielhaft lebt und den Glauben mit der Vorstellung einer dienenden Kirche für ganz viele Menschen attraktiv macht und somit eine Weichenstellung für die Zukunft sein kann. In dieser Situation, sagt Lehmann, sei Franziskus ein Geschenk. Andere Kraftquellen werden aus der Sicht Lehmanns wieder die Orden und die geistlichen Bewegungen. Er ist überzeugt, dass ein Aufbruch nachdrücklich auch von Ordensleuten beiderlei Geschlechts kommen wird. Orden, die ja früher schon entstanden sind, wenn das Christentum einen neuen, einen radikalen Weg suchte. Auch darin sieht Kardinal Lehmann eine besondere Perspektive.

domradio.de: Durch die Presse geht im Moment auch eine Aussage aus Ihrem Interviewbuch: Kardinal Lehmann spreche sich für die Priesterweihe für Verheiratete und Familienväter aus. Kann man das einfach so sagen?

Schächter: Das kann man so sagen, weil das schon länger der Fall ist. Er meint die sogenannten viri probati - ein Ausdruck, den ich erst lernen musste -, also die erfahrenen Männer, die für das Priesteramt tauglich sind. Diese hat er schon vor Jahrzehnten vorgeschlagen, es hat aber der Mut in den europäischen Kirchen, wo die Bischofskonferenzen vielleicht selbst hätten initiativer werden können, gefehlt. Jetzt sagt er, man habe schon so unendlich viel in der priesterarmen oder priesterlosen Zeit verloren und müsse jetzt endlich Land gewinnen.

domradio.de: Und Kardinal Lehmann ist Fan von Jürgen Klopp und Mainz 05. Mainz kann ich noch nachvollziehen, als Mainzer Bischof, aber warum Klopp?

Schächter: Ja, das ist eine besondere Freundschaft und wenn man so will, eine ökumenische Herzensfreundschaft. Karl Lehmann war selbst ein sehr begeisterter Fußballspieler. Da blieb es nicht aus, dass sich die zwei prominentesten Mainzer, der Bischof und der Fußballtrainer, begegnen und sich auch anfreunden. Sie haben oft beim Kaffee im Bischofshaus zusammengesessen und haben miteinander über Gott und die Welt und den Spitzenfußball gesprochen. Kardinal Lehmann war besonders neugierig auf die Art, wie in dieser professionellen Zeit Fußball gelebt wird. Und Jürgen Klopp war immer interessiert an Fragen der Ökumene. Kardinal Lehmann ist überzeugt, dass Jürgen Klopp ein ganz intensiver Christ ist, der seine christlichen Ideale lebt. Jürgen Klopp hat ihn jetzt mal wieder nach Liverpool eingeladen. Ob er das mit seinen Knien hinkriegt, weiß ich nicht. Aber es ist ein Hinweis für eine lebendige Freundschaft.

Das Interview führte Verena Tröster.


Quelle:
DR