"So gestrahlt wie jetzt hat Jesus Christus noch nie. Ich kenne ihn seit Jahrzehnten nur ergraut." Das sagt er mit einem spitzbübischen Lächeln, Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU). Gemeint ist der Sandsteinaltar von 1892 in der Wittenberger Schlosskirche, der frisch gereinigt im weichen Weiß leuchtet.
Haseloffs Laune ist hervorragend, ist doch das Mammutprojekt des Landes - die Sanierung der Wittenberger Schlosskirche - jetzt zum Abschluss gekommen. Alles erstrahlt in neuem Glanz, von der Thesentür bis zum Spruchfries, der um den Turm der Kirche läuft: "Ein feste Burg ist unser Gott", steht dort nach einem Zitat Luthers geschrieben und ist weithin über die Lutherstadt Wittenberg sichtbar. Nur die Reinigung der Ladegast-Orgel steht noch aus, dann ist das Projekt abgeschlossen.
Erhaltung "Verpflichtung" für das Land
7,8 Millionen Euro kostete die Sanierung, davon stammen 6 Millionen vom Land, 1,4 vom Bund und rund 400.000 sind aus Spenden zusammen gekommen. Die Erhaltung sei eine "Verpflichtung" für das Land, betont Haseloff am Mittwochnachmittag, als er die sanierte Schlosskirche präsentiert. Schließlich gehe es darum, die "geistesgeschichtliche und religiöse Bedeutung der Reformation noch stärker ins Bewusstsein der Menschen zu heben". Das Gebäude, dessen Sanierung 2013 begonnen hatte und dem Land gehört, soll nun zum Eigentum der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) werden. Sie bringt im angrenzenden Schloss, das zum Ensemble gehört und dessen Sanierung noch läuft, das Evangelische Predigerseminar unter.
Ganz abgeschlossen sind die Arbeiten noch nicht: Von draußen tönt Baulärm herein, irgendwo kreischt eine Säge. Die Arbeiten im Schlossensemble sind noch in vollem Gange. Sie sollen bis zum Reformationsjubiläum 2017 beendet werden. Künftig soll die Schlosskirche dann auch über das Schloss zugänglich sein. Noch fertig gestellt wird eine Tür, die Schloss und Kirche verbindet. Dies geschehe auch, um die erwarteten Besucherströme besser leiten zu können, erklärt EKD-Oberkirchenrat Thomas Begrich, der zur Fertigstellung der Schlosskirche eigens aus Hannover angereist ist.
Besucherströme für 2017 erwartet
Für 2017, wenn der 500. Jahrestag des Reformationsbeginns gefeiert wird, rechnet er mit "hunderttausenden Besuchern, wenn nicht sogar eine Million". 350.000 Euro hat die EKD für die Sanierung der Kirche gespendet, die etwa in die Renovierung von Kirchenfenstern geflossen sind.
Weltbekannt ist die Schlosskirche, weil Reformator Martin Luther (1483-1546) der Überlieferung nach dort 1517 seine 95 Thesen gegen den Ablasshandel anschlug. Dies gilt als Auslöser der Reformation.
UNESCO-Weltkulturerbe
Seit 1997 ist sie Teil des UNESCO-Weltkulturerbes. Luther ist ebenso wie der Humanist Philipp Melanchthon (1497-1560) in der Schlosskirche bestattet. Rund 200.000 Touristen besuchen das Gotteshaus jetzt schon jedes Jahr - auch wenn kein Reformationsjubiläum gefeiert wird.
Neben dem Altar wurden bei der Sanierung unter anderem die Gewölbemalereien aus dem 19. Jahrhundert restauriert. Das Mauerwerk wurde entsalzt und der Turm vollständig erneuert. Desweiteren wurde eine Vorhangmalerei, die beim Luthergrab entdeckt worden war, im gesamten Wandbereich der Kirche wiederhergestellt.
Am 2. Oktober wird die Schlosskirche im Beisein von Bundespräsident Joachim Gauck und Königin Margarethe II. von Dänemark anlässlich der Feierlichkeiten zum Reformationsgedenken 2017 im Rahmen eines Gottesdienstes wieder eingeweiht. Dabei will die auch als Hobbykünstlerin bekannte Monarchin ein von ihr zum Jubiläum selbst gesticktes Altartuch übergeben.