Eine Leistungsschau kirchlicher Verbände und Einrichtungen allein sind die Katholikentage seit langem nicht mehr. Themen auf den Podien und in den Foren sind vor allem die brennenden Fragen der Zeit. Wie es mit der - nach Einschätzung vieler - erlahmten Ökumene weiter geht, gehört auch beim 100. Deutschen Katholikentag vom 25. bis 29. Mai in Leipzig dazu.
Die Messestadt bietet dafür einen guten Boden. Dort sind die Beziehungen zwischen den Kirchen traditionell eng und vertrauensvoll. So war die katholische Propsteigemeinde regelmäßig mit Gottesdiensten in der evangelischen Nikolaikirche zu Gast, weil sie bis vor einem Jahr als einzige deutsche Großstadtgemeinde kein repräsentatives Gotteshaus im Zentrum der Metropole hatte.
Evangelische Christen sammelten für Propsteikirche
Die evangelischen Leipziger trugen mit dazu bei, dass sich dies änderte. Für das Millionenprojekt der neuen Propsteikirche hielten sie eine Kollekte ab. Auch zum Gelingen des bevorstehenden Katholikentags leisten sie einen wichtigen Beitrag. So stellen sie Kirchen und Gemeinderäume für die rund 1.000 Veranstaltungen zur Verfügung, aber auch Privatbetten für die Besucher des Christentreffens. Protestanten rücken zusammen für den Katholikentag.
Ökumene-Programm
Dort spiegelt sich das gute Verhältnis zwischen den Kirchen in einem hochkarätigen Ökumene-Programm mit prominenten Teilnehmern wider. So nimmt der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland, Landesbischof Heinrich Bedford-Strohm, auf zwei Podien Stellung zur Aktualität des Reformators Martin Luther (1483-1546). Auf einem weiteren Podium äußert sich Bundestagspräsident und Katholik Norbert Lammert zur Frage, "warum Ökumene nicht am Ende ist". Am Freitag findet in der Nikolaikirche, die durch die Friedensgebete vor der "Wende" von 1989 weltberühmt ist, zudem ein zentraler ökumenischer Gottesdienst mit Spitzenvertretern auch der orthodoxen und der Freikirchen statt.
Auf dem Jubiläums-Katholikentag hat die Ökumene ein besonders starkes Gewicht, wie Generalsekretär Stefan Vesper vom Zentralkomitee der deutschen Katholiken (ZdK) betont. Er begründet dies auch mit der Minderheitenlage der Christen in der Region, in der an die 80 Prozent der Einwohner keiner Kirche angehören. "Sie fragen nicht, bist du katholisch oder evangelisch, sondern: Was glauben Christen?", erklärt Vesper. Besonders mit ihnen will der Katholikentag ins Gespräch kommen. Eigens dafür gedachte Veranstaltungen sind eintrittsfrei, um die Schwellen niedrig zu halten.
Kontroverse Themen
"Heikle und kontroverse Themen" im Dialog der Kirchen spart der Katholikentag dabei nicht aus, so Vesper. Er nennt die unterschiedlichen Positionen im Kirchenverständnis und zum Papstamt, aber auch in der Sicht von Ehe und Familie. Die ökumenische Perspektive ist nicht auf den eigens ausgewiesenen Programmbereich begrenzt. Sie taucht unter anderem auch in den vielen Veranstaltungen zur Flüchtlingsfrage auf, einem Schwerpunkt des Katholikentags. So geht es um die Zusammenarbeit mit Christen aus dem Nahen und Mittleren Osten. Der 100. Katholikentag soll, so der ZdK-Generalsekretär, "ein deutliches Zeichen der Solidarität mit den Flüchtlingen setzen".
Ökumene findet überdies ihren Niederschlag in vielen anderen Diskussionen und Gottesdiensten mit prominenten Protestanten - von Bundespräsident Joachim Gauck bis zu den Bundesministern Thomas de Maiziere und Hermann Gröhe (beide CDU) oder dem thüringischen Ministerpräsidenten Bodo Ramelow (Linke). Dazu hat beigetragen, dass in den vorbereitenden Arbeitskreisen des Katholikentags-Programms stets auch evangelische Christen vertreten waren. Eine prominente evangelische Politikerin ist diesmal jedoch nicht dabei: Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) muss zum G7-Gipfel nach Japan.