Papst Benedikt XVI. war mal wieder tot - zumindest verbreitete diese vermeintliche Eilmeldung ein gewisser "Kardinal Reinhardt Marx" am Donnerstag beim Kurznachrichtendienst Twitter. Eine Meldung, genauso falsch wie auch der angeblich offizielle Account des Papst-Vertrauten, Vorsitzenden der Deutschen Bischofskonferenz und Erzbischofs von München und Freising. Das machte das Erzbistum bereits am Mittwochabend auf Anfrage klar. Und schob zur Sicherheit am Donnerstag noch eine offizielle Pressemitteilung hinterher. Man werde rechtliche Schritte prüfen, heißt es. Seit Donnerstagabend ist der Account nun gesperrt, der Spuk hat ein Ende - zumindest vorerst.
Der fehlerhaft geschriebene Vorname machte eigentlich schon klar, dass an "@KardRMarx" etwas faul war. Trotzdem diente er manchem Journalisten als Quelle für einen eigenen eiligen Tweet oder hektische Betriebsamkeit - verbunden mit mehr oder weniger großen Rechercheanstrengungen. Immerhin verbreitete der falsche Kardinal die Todesnachricht auf Deutsch und Englisch. In einem Fall verwies er gar auf einen angeblichen Anruf von Benedikts Privatsekretär Georg Gänswein. Manche voreilige Kurznachricht wurde jedenfalls schnell wieder gelöscht.
Falscher Kardinal gibt Fake-Account zu
Der scheinbare "Kardinal Reinhardt Marx", der sich mit einem Bild des echten Marx nach dessen Wahl zum Bischofskonferenz-Vorsitzenden im März 2014 in Münster zeigte, erarbeitete sich seit seinem Auftauchen am Mittwoch schnell eine beachtliche Zahl von Followern. So interessierten sich für dessen Neuigkeiten der Finanzminister von Nordrhein-Westfalen, Norbert Walter-Borjans (SPD), oder Vertreter der Dienstleistungsgewerkschaft Verdi. Vor allem aber jede Menge Journalisten folgten diesem Reinhardt Marx - man weiß ja nie.
Spätestens nach der falschen Todesmeldung aber musste klar sein, dass letztendlich alles nur ein Fake war. Das gab der falsche Kardinal dann sogar selbst zu: "This account is hoax created by Italian journalist Tommasso Debenedetti" ("Dieser Account ist eine von dem italienischen Journalisten Tommasso Debenedetti verbreitete Ente") hieß es im letzten der insgesamt fünf Tweets.
Dahinter steckt offenbar ein Lehrer aus Rom
Tommasso Debenedetti? Das könnte Tommaso de Benedetti sein, ein Lehrer aus Rom und eine Art italienischer Tom Kummer, der italienischen Zeitungen früher erfundene Interviews mit Prominenten wie Arthur Miller, Toni Morrison oder Philip Roth unterjubelte. Mittlerweile ist er einer der bekannteste Fake-Twitterer im digitalen Kurznachrichten-Universum. So zumindest beschreibt ihn die englische Zeitung "The Guardian" in einem Artikel aus dem Jahr 2012.
Damals machte de Benedetti als Kardinal Tarcisio Bertone, seinerzeit der zweite Mann im Vatikan, von sich reden, ebenfalls mit der Geschichte vom Ableben Benedikts. "Twitter funktioniert am besten mit Todesnachrichten", lies de Benedetti das englische Blatt wissen. "Social Media ist die am wenigsten verifizierbare Informationsquelle in der Welt, aber die Nachrichtenmedien glauben ihr, weil sie schnell sein wollen."
Böhmermann: Glaube an ein Wunder
De Benedetti nutzte viele prominente Namen, darunter den des afghanischen Ex-Präsidenten Hamid Karzai, des früheren italienischen Staatschefs Mario Monti oder des syrischen Diktators Bashar al-Assad, immer mit vermeintlich brisanten Botschaften, etwa dem Tod des kubanischen Revolutionärs Fidel Castro. In dieser Reihe der gefälschten Staatsmänner und Prominenten könnte nun auch Kardinal Marx stehen. Auf Nachfrage bestätigte @KardRMarx jedenfalls, dass er de Benedetti sei. Offiziell überprüfen lässt sich das allerdings nicht.
Ein seltsames Spiel mit wahr und falsch. Eines, wie es auch der Komiker Jan Böhmermann beherrscht, etwa mit seinem vermeintlich gefakten Stinkefinger-Video des ehemaligen griechischen Finanzministers Yanis Varoufakis. Die nun vom falschen Kardinal verbreitete Todesnachricht erreichte auch Böhmermann. Er witzelte am Donnerstag auf Twitter: "Ich kann bestätigen, dass Ersatzpapst Benedikt kurz tot war, dann aber doch nicht." Er glaube an ein Wunder, so der Komiker.