Welttag gegen Kinderarbeit

Papst: Sklaverei eliminieren

Sonntag ist der Welttag gegen Kinderarbeit. Rund 168 Millionen Kinder sind laut Internationaler Arbeitsorganisation weltweit betroffen, potenziell in allen Lieferketten. Papst Franziskus ruft zu mehr Anstrengungen auf.

Kinderarbeit in Bolivien (dpa)
Kinderarbeit in Bolivien / ( dpa )

Papst Franziskus hat anlässlich des Welttags gegen Kinderarbeit zu verstärkten Anstrengungen im Kampf gegen die Ausbeutung von Minderjährigen aufgerufen. "Erneuern wir mit vereinten Kräften die Bemühungen um eine Eliminierung der Ursachen für diese Sklaverei, die Millionen Kinder einiger fundamentaler Rechte beraubt und sie großen Gefahren aussetzt", sagte Franziskus am Sonntag zum Abschluss des traditionellen Angelus-Gebets auf dem Petersplatz. Der Kampf gegen die Ausbeutung von Kindern und Erwachsenen zählt zu den zentralen Anliegen von Franziskus.

Nach Schätzungen des UN-Kinderhilfswerks Unicef gibt es derzeit weltweit 168 Millionen Kinder und Jugendliche im Alter zwischen fünf und 17 Jahren, die als sogenannte "Kinderarbeiter" eingesetzt sind. 120 Millionen von ihnen sind jünger als 15 Jahre. Seit 2000 ist die Zahl der Kinderarbeiter um ein Drittel gesunken. Der Welttag gegen Kinderarbeit wurde 2002 von der Internationalen Arbeitsorganisation ILO ins Leben gerufen. Er wird am 12. Juni begangen.

85 Millionen Kinderarbeiter leiden laut Unicef unter Arbeitsbedingungen, die gefährlich oder ausbeuterisch sind, etwa in Goldminen im westafrikanischen Burkina Faso oder in Textilfabriken in Bangladesch sowie auf Farmen in Lateinamerika.

Ein Blick auf sechs Länder mit einigen individuellen und vielen gemeinsamen Herausforderungen:

1) Indien:

Die Zahlen zur Kinderarbeit in Indien liegen weit auseinander. Während die Regierung sagt, rund 4,4 Millionen Kinder würden illegal arbeiten, sprechen Nichtregierungsorganisationen von bis zu 60 Millionen. 444 Millionen Kinder sind in Indien 17 Jahre oder jünger, 372 Millionen 14 Jahre oder jünger. Der große Unterschied bei den Schätzungen liegt auch an den immer noch recht weichen Gesetzen zur Kinderarbeit im Land. Ab 15 Jahren ist keine Arbeit mehr illegal, und auch bei jüngeren Kindern ist sie nur strafbar, wenn sie auf einer Liste festgeschriebener gesundheitsgefährdender Arbeiten steht.

Doch selbst nach diesen lockeren Maßstäben ist Kinderarbeit ein Problem, insbesondere in armen Familien. Viele Eltern sind auf das Einkommen ihrer Kinder angewiesen, die teilweise in sehr gefährlichen Umgebungen arbeiten. Dazu gehört die Produktion von Feuerwerk, die Arbeit in Minen oder die Herstellung von Pflastersteinen von Hand. Auch in der Textilindustrie finden sich viele Minderjährige.

Die indische Regierung arbeitet zurzeit an einer Verschärfung der Gesetze zur Kinderarbeit, die aus dem Jahr 1986 stammen.

2) Bangladesch:

Laut der nationalen Kinderarbeits-Statistik aus dem Jahr 2013 arbeiten in Bangladesch 3,5 Millionen der knapp 40 Millionen Kinder illegal. Etwa ein Fünftel der Kinder im Land geht nicht regulär zur Schule. Die meiste Kinderarbeit findet im eigenen Haushalt statt. Die Regierung schätzt, dass in drei der knapp 20 Millionen Haushalte im Land die eigenen Kinder zur Arbeit herangezogen werden. Professionelle Kinderarbeit findet vor allem in der Landwirtschaft statt, gefolgt von den produzierenden Industrien.

Die Regierung in Dhaka hatte sich 2010 zum Ziel gesetzt, dass es bis 2016 keine gesundheitsgefährdende Kinderarbeit mehr im Land gibt. Inzwischen wurde dieses Ziel auf 2021 verschoben. Bis 2030 soll es gar keine Kinderarbeit mehr geben.

3) Nepal:

Die Regierung in Kathmandu gibt die Zahl der illegal arbeitenden Kinder mit 1,6 Millionen an. Insgesamt leben laut aktuellem Zensus gut elf Millionen Kinder in Nepal, gut neun Millionen davon sind 14 Jahre oder jünger. Sie arbeiten größtenteils im Dienstleistungssektor. Dazu gehören Brennereien für Ziegel, Teppichknüpfereien, die Unterhaltungsindustrie oder Massagesalons. Auch als Haushaltshilfe werden Kinder häufig eingesetzt.

Das Gesetz verbietet eigentlich jegliche Arbeit für Kinder unter 14 Jahren. Die Nichtregierungsorganisation Child Workers in Nepal (CWIN) sieht jedoch große Defizite bei der Anwendung dieser Gesetze. "Es fehlen die Ressourcen, um sicherzustellen, dass die politischen Entscheidungen auch durchgesetzt werden", sagt CWIN-Chefkoordinatorin Sumnima Tuladhar der Deutschen Presse-Agentur. "Die ärmsten Familien schicken ihre Kinder arbeiten und nicht in die Schule. Daraus entsteht ein Teufelskreis."

4) Indonesien:

Laut einer aktuellen Studie der Vereinten Nationen (UN) sind in Indonesien rund 3,1 Millionen von Kinderarbeit betroffen. Sie arbeiten hauptsächlich in der Produktion und der Landwirtschaft. Es ist zudem üblich, Kinder beim Fischfang einzusetzen, wofür sie oft lange Zeit auf Fischereiplattformen auf dem offenen Meer verbringen müssen.

Mehrere Hunderttausend oft sehr junge Mädchen arbeiten als Haushaltshilfen, teilweise mehr als 100 Stunden pro Woche. Hinzu kommen internationale Menschenhändlerringe, die Kinder als Sexarbeiter ins Ausland verkaufen. Im Mai veröffentlichte die Nichtregierungsorganisation Human Rights Watch ein Gutachten, wonach Tausende Kinder unter teils extrem gesundheitsschädlichen Bedingungen auf indonesischen Tabakplantagen arbeiten müssen.

5) Philippinen:

Rund zwei Millionen Kinder, manche davon nur fünf Jahre jung, werden auf den Philippinen zur Kinderarbeit gezwungen. Dazu gehört auch Prostitution, Pornografie und der Einsatz als Kindersoldaten. Auch als Haushaltshilfen werden die Minderjährigen häufig eingesetzt. Menschenhändler entführen vor allem junge Mädchen aus Dörfern, um sie als Haushaltshilfen oder Sexarbeiterinnen einzusetzen.

Zwar streiten Rebellengruppen ab, Kindersoldaten einzusetzen. Trotzdem belegen Studien, dass viele Minderjährige zumindest als Hilfsarbeiter in militärischen Camps eingesetzt werden. Tausende Kinder arbeiten zudem in den Goldminen des Landes. Dabei arbeiten sie regelmäßig in engen Tunneln und kommen mit giftigem Quecksilber in Kontakt, das dort eingesetzt wird.

6) Myanmar:

Laut der aktuellen Volkszählung müssen in Myanmar mehr als 1,5 Millionen Kinder zwischen 10 und 17 Jahren arbeiten. Das ist mehr als ein Fünftel. Die meisten von ihnen werden in der Landwirtschaft eingesetzt, ein großer Anteil aber auch in der Produktion und in der Bauwirtschaft. Kinder unter 14 Jahren dürfen in Myanmar eigentlich laut Gesetz gar nicht arbeiten, Kinder unter 17 Jahren nur unter strengen Auflagen. Ein großes Problem ist laut einer Studie der Nichtregierungsorganisation BSR, dass die Schulpflicht bereits mit elf bis zwölf Jahren endet. Viele Kinder aus armen Familien sind demnach spätestens in diesem Alter gezwungen, selbst Geld zu verdienen.


Papst spricht zu Gläubigen während der Generalaudienz / © Claudio Peri (dpa)
Papst spricht zu Gläubigen während der Generalaudienz / © Claudio Peri ( dpa )
Quelle:
dpa , KNA