Mit Pizzaballa übernimmt Kenner das Lateinische Patriarchat

Schnelles Wiedersehen in Jerusalem

Kaum weg aus dem Heiligen Land, bekommt er dort schon einen neuen Posten: Pierbattista Pizzaballa, lange oberster Hüter der Heiligen Stätten, ist seit Freitag der höchstrangige katholische Kirchenvertreter in Jerusalem.

Autor/in:
Andrea Krogmann
Pierbattista Pizzaballa (m.), neuer Apostolischer Administrator im Heiligen Land / © Abed Al Hashlamoun (dpa)
Pierbattista Pizzaballa (m.), neuer Apostolischer Administrator im Heiligen Land / © Abed Al Hashlamoun ( dpa )

Als Patriarch Fouad Twal dem Papst im Oktober gemäß dem Kirchenrecht mit 75 Jahren seinen Amtsverzicht anbot, galt der damalige Franziskaner-Kustos im Heiligen Land, Pierbattista Pizzaballa, in Jerusalemer Kirchenkreisen bereits als einer der möglichen Nachfolger. Zu Recht, wie sich zeigt: Am Freitag hat Franziskus den Rücktritt des Jordaniers Twal angenommen und Pizzaballa gleichzeitig wenn nicht zum Patriarchen, so doch zum "Apostolischen Administrator" ernannt, also zum Verwalter bis zur Nominierung eines Nachfolgers. Nach zwei Arabern leitet damit wieder ein Italiener die lateinischen Katholiken des Heiligen Landes.

Schnelles Wiedersehen mit Jerusalem

Für Pierbattista Pizzaballa ist es ein schnelles Wiedersehen mit Jerusalem: Erst zu Jahresbeginn war nach zwölf Jahren seine Amtszeit als Kustos geendet. Und erst vor knapp drei Wochen wurde mit dem Norditaliener Francesco Patton (52) Pizzaballas Nachfolger ins Amt als oberster Hüter der christlichen Stätten im Heiligen Land eingeführt.

Er werde Zeit benötigen, um die komplexen Realitäten des Heiligen Landes vollständig zu erfassen, hatte Patton bei seinem Amtsantritt betont; eine Sorge, die der neue Apostolische Administrator nicht haben muss. Nach einem Vierteljahrhundert in verschiedenen Funktionen in Jerusalem ist Pizzaballa ein exzellenter Kenner der konfliktträchtigen Wirklichkeit seines neuen Amtsgebiets.

Am 21. April 1965 in Cologno al Serio in der Diözese Bergamo geboren, studierte Pizzaballa in Rom Theologie und Philosophie. Nach seiner Priesterweihe 1990 kam er nach Jerusalem, wo er nach dem Abschluss seiner Studien biblisches Hebräisch an der Franziskanerhochschule lehrte. 2001 übernahm Pizzaballa, der fließend Hebräisch spricht und gute Kontakte in die israelische Gesellschaft hinein unterhält, im Auftrag seines Ordens die Seelsorge für die hebräischsprachigen Christen in Jerusalem. Bei seiner Wahl zum Kustos 2004 war er 38 Jahre alt - der zweitjüngste in der jahrhundertelangen Geschichte der Kustodie.

Stimme gegen jüdische Übergriffe auf christliche Minderheit

Wiederholt wandte sich Pizzaballa gegen jüdische Übergriffe auf die christliche Minderheit. Er kritisierte anhaltende Probleme wie etwa die restriktive Visum-Vergabe für christliche Geistliche und zeigte sich bezüglich einer möglichen Versöhnung zwischen Israelis und Palästinensern zunehmend pessimistisch. In seine Amtszeit als Kustos fiel noch der Abschluss eines Grundlagenvertrags zwischen dem Heiligen Stuhl und dem Staat Palästina Anfang 2016. Die finanz- und steuerrechtlichen Verhandlungen zwischen Vatikan und Israel dauern unterdessen weiter an.

Als Kustos plädierte Pizzaballa für Kontinuität und "Erneuerung ohne Revolution". Er forderte eine stärkere Integration seiner Mitbrüder in die israelisch-palästinensische Welt und reklamierte ein größeres Verständnis der Kirche für die Realität Israels.

Zwar mehrten sich in der Pizzaballa nun übertragenen Diözese zuletzt die Stimmen, die sich wieder einen Nichtaraber an ihrer Spitze wünschten. Der von dem Italiener geforderte jüdisch-israelisch-christliche Dialog dürfte allerdings für die mehrheitlich arabischen Christen nicht an der Spitze der Prioritätenliste stehen angesichts des jüngst wieder stärker aufflammenden israelisch-palästinensischen Konflikts.

Verhältnis von Patriarchat und Franziskaner-Kustodie nicht konfliktfrei

Traditionell gilt das Verhältnis von Patriarchat und Franziskaner-Kustodie als nicht immer konfliktfrei. Ganz neu ist die sukzessive Übernahme der zwei wohl wichtigsten katholischen Ämter im Heiligen Land unterdessen nicht: Auch Pizzaballas Landsmann Alberto Gori wurde nach zwölf Jahren als Kustos anschließend Patriarch (1949-1970).

Durch Pizzaballs Ernennung zum Patriarchatsverwalter könnte sich ein wichtiges Anliegen seines Nachfolgers Patton als Kustos innerkatholisch einfacher erweisen als gedacht: Die Zusammenarbeit "zum Besten für dieses Landes und seiner Bewohner" erfolgt künftig von Mitbruder zu Mitbruder.

 

Quelle:
KNA