Als jüngste Nation der Welt hat der Südsudan am Samstag seine fünfjährige Unabhängigkeit begangen. Trotz der Hoffnung, die ein vor rund zehn Monaten unterzeichnetes Friedensabkommen mit sich brachte, warnen Diplomaten und Kirchenführer vor einer Rückkehr zum Bürgerkrieg. Drahtzieher seien Politiker, die weiter an Hassreden und ethnischen Untertönen festhielten, sagte Edward Hiiboro Kussala, Bischof der Diözese Tombura, dem UN-Radiosender Miraya FM. "Sprache richtet oft mehr Schaden an als Waffen", so der Geistliche.
Am 9. Juli 2011 ertönte in Juba ein Hupkonzert. Menschen zogen zu Tausenden durch die Straßen, sangen, tanzten und begossen ihre neu gewonnene Freiheit. Stolz schwenkten sie die Flagge ihres neues Landes, deren Farben vergossenes Blut und Hoffnung symbolisieren: Die Unterdrückung durch den Norden war vorbei, der Südsudan eine unabhängige Nation. Genau fünf Jahre später bleibt die Hauptstadt still. Keine Fanfaren, keine Militärparade. Kürzlich hatte die Regierung die 400.000 Euro teure Unabhängigkeitsfeier wegen Geldmangels abgesagt.
Konflikte, Putschversuch und Rebellion
Die Entwicklung des Südsudan lag in den vergangenen drei Jahren auf Eis. Grund war der blutige Konflikt zwischen Präsident Salva Kiir und seinem in Ungnade gefallenen Vize Riek Machar. 2013 hatte Kiir seinen Stellvertreter eines Putschversuchs beschuldigt. Machar, ein ehemaliger Freiheitskämpfer, ging daraufhin in den Untergrund und sammelte seine Soldaten um sich. Die anschließende Rebellion gegen die Regierung kostete Zehntausende Südsudanesen das Leben. Zwei Millionen wurden obdachlos, und rund ein Drittel der zwölf Millionen Bürger machten die Kämpfe von internationaler Hilfe abhängig.
Beide Seiten machten sich nach Ansicht der internationalen Staatengemeinschaft grausamer Kriegsverbrechen schuldig. Entsprechend groß war die Euphorie, als die Streitparteien Frieden schlossen. Doch es dauerte weitere Monate des Blutvergießens, ehe Machar im April seine Stellung im Busch aufgab und seinen alten Posten als Vizepräsident annahm. "Riek Machars Rückkehr nach Juba gibt uns Hoffnung, dass das Land wieder vereint sein wird", so der südsudanesische Menschenrechtsanwalt Biel Boutros.
Übergangsregierung und trotzdem Streit
Die Versöhnung lässt auf sich warten. Zwar bildeten die beiden Rivalen eine neue Übergangsregierung, Streit herrscht aber immer noch über die Machtverhältnisse. Botswanas Ex-Präsident Festus Mogae, der den Frieden vermittelte, äußerte sich zuletzt "sehr besorgt" über neue Zusammenstöße. "Leider ist der Fortschritt nicht eingetreten, den ich mir erhofft habe. Im Gegenteil, die Parteien stehen heute wieder weit auseinander."
Weiter verkompliziert wird die Situation durch Dutzende kleinerer Rebellengruppen und ethnischer Bewegungen. Sie gehören weder der Regierung noch der Opposition an und boykottieren den Friedensplan. Ende Juni kam es zu heftigen Gefechten in der nördlichen Stadt Wau. 43 Menschen starben laut Regierungsangaben bei dem Angriff durch "Stammeskämpfer".
Kathedrale als Symbol des Schutzes
Der Weltsicherheitsrat verurteilte den "Angriff auf Zivilisten und mögliche Kriegsverbrechen" - nicht zuletzt, da 12.000 Bewohner hinter dem Stacheldrahtzaun des lokalen UN-Camps Schutz suchten. Tausende weitere flohen in zwei Schulen und in einen Bürokomplex des Roten Kreuzes. Zu einem Symbol des Schutzes wurde auch die katholische Sankt Marys-Kathedrale. Zehntausend Vertriebenen bietet die Kirche vorübergehend eine Bleibe, nachdem es immer wieder zu Plünderungen und Angriffen gekommen war.
"Als Friedensstifter sind wir entrüstet über den Tod, die Ungerechtigkeit, den Hunger und die Angst, die eine unserer größten Städte heimgesucht haben", erklärten die Kirchenführer. Bischof Hiiboro führt die aktuelle Krise in Wau auf mangelnde Kommunikation zurück: "Wo es keinen Dialog gibt, greifen Menschen augenblicklich auf Gewalt und Kampf zurück." Südsudanesen müssten erneut lernen, zueinander zu sprechen, schließlich habe der Dialog ihnen auch die Unabhängigkeit beschert.
Laut Hiiboro sollte die einflussreiche katholische Kirche ihren Teil zum Friedensprozess beitragen. "Die Menschen haben Angst, miteinander zu reden, das Misstrauen ist einfach zu groß. Doch die Kirche und Zivilorganisationen haben die Macht, sie im Dialog zu vereinen."