In Südafrika, dem Land mit den meisten HIV-Infizierten der Welt, beginnt am Montag die 21. Internationale Aids-Konferenz. Zu dem Gipfel in der Hafenmetropole Durban werden 18.000 Delegierte aus 180 Ländern erwartet, darunter Politiker, Aktivisten und Betroffene.
Die Veranstaltung gilt darüber hinaus als Stelldichein für die Liga sozial engagierter Stars: Prinz Harry, Sir Elton John und die südafrikanische Schauspielerin Charlize Theron sind nur drei prominente Aids-Aktivisten, die ihre Teilnahme zugesagt haben.
Historischer Ort
Der Veranstaltungsort ist gewissermaßen historisch: Bereits im Jahr 2000 tagte der Aids-Gipfel in Durban, damals noch ein verschlafenes Ziel für Badetouristen. Das Spitzentreffen mit dem Ziel, die weltweite Aids-Epidemie zu beenden, tagte damals ausgerechnet in dem Land, dessen Regierung die wahren Umstände der Immunschwächekrankheit leugnete.
Der damalige südafrikanische Präsident Thabo Mbeki bestritt während seiner Regierungszeit von 1999 bis 2008 den Zusammenhang zwischen HIV und Aids. Patienten empfahl er eine Diät aus Knoblauch, Zitrone und Olivenöl. 330.000 Tote und 171.000 Neuinfektionen waren die Folge. Für seine Ignoranz erntete Mebki weltweit Kritik. Auch beim Aids-Gipfel setzten hunderte Delegierte ein Zeichen gegen Südafrikas verheerende Gesundheitspolitik - und verließen den Saal bei Mbekis Eröffnungsrede.
"Epizentrum der weltweiten Aids-Pandemie"
16 Jahre später verzeichnet Südafrika, laut lokalen Medien das "Epizentrum der weltweiten Aids-Pandemie", große Fortschritte im Kampf gegen das Virus. "Wir geben mehr Geld für die Bekämpfung von Aids in Südafrika aus als der Globale Fonds zur Bekämpfung von Aids, Tuberkulose und Malaria in ganz Afrika", sagt Fareed Abdullah, Geschäftsführer der staatlichen Aids-Kommission (SANAC). Umgerechnet 1,4 Milliarden Euro investiere die Regierung in Pretoria jährlich.
Das ermögliche den weltweit größten Behandlungsplan: 3,4 Millionen Südafrikaner erhalten den Angaben zufolge heute antiretrovirale Medikamente (ARV) vom Staat. Ab September soll die Zahl noch deutlich ansteigen: Bislang war der Zustand des Immunsystems ausschlaggebend für eine kostenlose Behandlung, künftig sollen jedoch sämtliche HIV-Infizierte in öffentlichen Krankenhäusern Aids-Medikamente erhalten.
Mit Kleidung, Mobiltelefonen oder Barem gefügig machen
"Das Streben der Regierung, mehr Menschen auf ARV zu setzen, war und ist gleichzeitig ein gutes Präventionsprogramm", sagt der deutsche Pfarrer Stefan Hippler, der sich mit seiner Organisation "Hope Cape Town" dem Kampf gegen Aids verpflichtet hat. Ein Hindernis bleibe die soziale Dimension. Ihretwegen gehöre die Zahl der Neuinfektionen immer noch zu den höchsten der Welt, gerade bei jungen Frauen.
Größtes Problem seien "Sugar Daddies" oder "Blesser" (Segner) - reiche Männer, die sich Minderjährige mit Kleidung, Mobiltelefonen oder Barem gefügig machen. Oft infizieren sie vor allem junge Mädchen mit HIV, da diese nicht in der Lage sind, über Prävention zu verhandeln. Laut südafrikanischen Medien blühen Onlineportale, die junge Mädchen an reiche Männer vermitteln. "Steig ein und werde gesegnet", verspricht eine solche Agentur auf Facebook.
Acht Mal höheres Risiko für Mädchen
"Das Risiko von Mädchen, sich mit HIV zu infizieren, ist acht Mal höher als das von gleichaltrigen Jungs", sagt Südafrikas Gesundheitsminister Aaron Motsoaledi. Im Mai startete die Regierung eine dreijährige Kampagne, die 15- bis 24-jährige Frauen schützen und gegen die sogenannten Segner vorgehen soll. Unterstützt wird das Programm von der deutschen und US-amerikanischen Entwicklungszusammenarbeit. "Wir wollen das Vertrauen der Frauen stärken, ihnen helfen, Stärke und Werte zu finden", so Motsoaledi.
Erschwerend hinzu im Kampf gegen Aids kommt laut Hippler das soziale Stigma: Vielerorts in Südafrika, wo fast jeder Fünfte mit der Krankheit lebt, gilt Aids nach wie vor als Tabuthema. Mütter wagen es nicht, ihre Kinder auf das Virus testen zu lassen, Aids-Patienten werden ausgeschlossen oder am Arbeitsplatz diskriminiert. "Hier gilt es noch viele Vorurteile aus dem Weg zu räumen", so Hippler.