Kabarettist Steffen Möller zum Weltjugendtag in Polen

"Ein überaus gastfreundliches Land"

Nach Kanzlerin Angela Merkel ist Steffen Möller der wohl bekannteste Deutsche in Polen. Im Interview spricht der Kabarettist und Bestseller-Autor über seine Erwartungen an den Weltjugendtag mit Papst Franziskus.

Steffen Möller / © Andreas Gebert (dpa)
Steffen Möller / © Andreas Gebert ( dpa )

KNA: Herr Möller, zum Weltjugendtag in Krakau werden tausende junge Deutsche erstmals nach Polen fahren. Was erwartet sie?

Steffen Möller: Ein überaus gastfreundliches Land und eine wunderschöne Stadt.

KNA: Sie haben zu Beginn ihrer Jahre in Polen eine Zeit lang in Krakau gelebt. Warum lohnt sich eine Reise dorthin?

Möller: Krakau ist die Visitenkarte Polens. Es ist seit dem Mittelalter nie zerstört worden und hat eine Altstadt ähnlich wie Prag oder Florenz. Zu besichtigen ist der Wawel, der Burgberg mit der Stanislaus-Kathedrale und dem Königsschloss, und das jüdische Viertel Kazimierz mit seiner tragischen Geschichte. Wer noch nie in Polen war, sollte mit Krakau anfangen.

KNA: In Deutschland gibt es wenig schmeichelhafte Klischees über Polen. Welches trifft überhaupt nicht zu?

Möller: Vor allem das Klischee, dass Polen total anders und fremd sei. Wenn man hinfährt, wird man merken, dass Polen uns von allen Nachbarländern am ähnlichsten ist, jedenfalls ähnlicher als Holland oder Frankreich. Polen hat nicht umsonst die zweit meisten Schrebergärten Europas, wo gegrillt und Bier getrunken wird. Auch mancher Gartenzwerg hält Wache.

KNA: Kein Klischee ist doch, dass die katholische Kirche in Polen noch weit mehr Rückhalt als in anderen europäischen Ländern hat. Warum ist das so?

Möller: Die Religion war bis in die Zeit des Kommunismus das Bollwerk der Polen gegen fremde Besatzung. Dadurch ist sie sehr national orientiert, schwer zugänglich für Ausländer, selbst für praktizierende Katholiken. Aber ist das bei den deutschen Protestanten anders? Wahrscheinlich ist Kirche immer viel stärker national geprägt, als es von der universalen Grundidee her sein sollte.

KNA: Inwieweit sprechen Sie als Kabarettist in Polen religiöse Themen an?

Möller: Auf der Bühne überhaupt nicht, aber ebenso wenig spreche ich über Alkohol, obwohl das viele Leute in Polen erwarten. Bei mir gibt es weder den Maria-Witz noch den Wodka-Witz, einfach weil es Themen sind, über die man in Polen nicht an jeder Ecke stolpert. Höchstens über Johannes Paul II. erlaube ich mir ein Witzchen, das ist zwar eigentlich ein Problem, geht aber in Ordnung, wenn die Pointe dann auf Benedikt zielt. Über den kann man erzählen, was man will.

KNA: Was bedeutet Johannes Paul II. für die Polen?

Möller: Johannes Paul II. gilt als der größte Pole aller Zeiten, er war bis zu seinem Tod die überparteiliche Figur im politischen Tagesgeschäft. Interessanterweise fiel sein Tod 2005 mit dem Antritt der damaligen Regierung von Jaroslaw und Lech Kaczynski zusammen. Das ist irgendwie symbolisch, denn seit diesem Moment begann die politische Spaltung Polens, die sich seither kontinuierlich vertieft hat.

KNA: Was verbindet die Polen heute noch über alle Parteigrenzen hinweg?

Möller: Es ist höchstens der Fußball. Selbst die Kirche ist kein Ort der Einheit mehr. Viele gute Katholiken schreiben in den Zeitungen wütende Leserbriefe gegen die Predigten ihrer allzu nationalistisch gesonnenen Priester. Schade, dass Johannes Paul nicht mehr da ist, er hätte manchen Streit zu schlichten.

KNA: Welches Ansehen hat Papst Franziskus, der auch zum Weltjugendtag kommt?

Möller: Es ist so gespalten wie eben alles in Polen zurzeit. Die einen finden ihn toll, nämlich die heutige politische Opposition. Ein großer Teil des Klerus findet ihn aber vermutlich gefährlich und leichtsinnig, gerade in seiner Solidarität mit den Flüchtlingen. Das Thema Flüchtlinge ist sehr negativ besetzt. Da geht es Franziskus wie Angela Merkel, die als verrückt dargestellt wird, weil sie die Flüchtlinge angeblich eingeladen hat.

KNA: Könnte der Weltjugendtag Polen wieder stärker zusammenführen?

Möller: Das kann gut sein, zumindest bei den jungen Leuten, langfristig. Wenn da plötzlich spanische oder mexikanische Katholiken kommen, wird das Bild einer Identifikation von Polen und Katholizismus ein bisschen durcheinandergebracht. Aber die Alten, die an der Macht sind, werden dadurch sicherlich nicht weltoffener. Auch dass der Weltjugendtag von heute auf morgen die Spaltung der Gesellschaft vermindert, glaube ich nicht.

Das Interview führte Gregor Krumpholz.


Quelle:
KNA