Nach den jüngsten Terroranschlägen und Amokläufen sollten die Menschen sich nach Ansicht des Soziologen Wolfgang Bonß nicht von Angst beherrschen lassen. Sie sollten nicht ständig davon ausgehen, selbst Opfer eines Anschlags zu werden, sondern zu mehr Gelassenheit finden, sagte der Risikoforscher von der Bundeswehruniversität in München dem Evangelischen Pressedienst (epd). Wenn jemand aus Angst vor einem Anschlag nicht mehr das Haus verlasse, sei "ein soziales Leben nicht mehr möglich".
Früher sei die Gesellschaft davon ausgegangen, mit genügend Zeit und Geld alles sicher machen zu können. In den vergangenen Jahren habe sich aber gezeigt, dass absolute Sicherheit nicht möglich sei.
Kein Patentrezept gegen Terror
Amokläufe wie in München ließen sich kaum verhindern. "Dagegen gibt es kein Patentrezept", sagte der Wissenschaftler. Man müsse sich an eine dauerhafte Unsicherheit gewöhnen. Bonß forscht in München zu Risiken und Unsicherheiten in modernen Gesellschaften. Er ist Sprecher des Forschungszentrums RISK (Risiko, Infrastruktur, Sicherheit und Konflikt) an der Universität der Bundeswehr.
Forderungen nach mehr Polizei auf öffentlichen Plätzen sieht Bonß skeptisch: "Mehr Polizeipräsenz muss nicht immer zu einem größeren Sicherheitsgefühl führen. Es kann auch das Gegenteil passieren." Derzeit stärke die Polizei das Sicherheitsgefühl wohl eher, solange sie nicht mit Maschinenpistolen durch die Gegend laufe.
Angst vor Anschlägen gestiegen
Die laut einer Mitte Juli veröffentlichten Umfrage gestiegene Angst vor Terroranschlägen in der Bevölkerung hält der Forscher für nicht berechtigt. Das seien damals Auswirkungen der Anschläge von Paris und Brüssel gewesen. "Da ist es nicht verwunderlich, dass die Terrorangst in den Vordergrund drängt", sagte Bonß. Die R+V Versicherung hatte am 12. Juli die Studie "Die Ängste der Deutschen 2016" veröffentlicht. Demnach fürchten sich 73 Prozent der Menschen vor terroristischen Anschlägen, 21 Prozentpunkte mehr als im Vorjahr.