Erzbischof Georg Gänswein ist 60 Jahre alt

Diener zweier Herren

"George Clooney des Vatikan" wird er bisweilen genannt. Mit Benedikt XVI. isst er zu Mittag, für Papst Franziskus begrüßt er Staatsgäste. Seit Samstag ist Georg Gänswein 60 Jahre alt.

Autor/in:
Thomas Jansen
Erzbischof Georg Gänswein / © Andreas Gebert (dpa)
Erzbischof Georg Gänswein / © Andreas Gebert ( dpa )

Auf niemanden im Vatikan passt die Bezeichnung "Diener zweier Herren" besser als auf ihn: Georg Gänswein. Als Privatsekretär von Benedikt XVI. (2005-2013) steht der Geistliche aus dem Schwarzwald dem emeritierten Papst so nahe wie kein anderer im Vatikan. Zugleich arbeitet er als Präfekt des Päpstlichen Hauses für den Nachfolger Franziskus als eine Art Protokollchef, als Mann fürs Offizielle.

Untrennbar verbunden mit Benedikt XVI.

Und das ist nicht der einzige Spagat: Wie kein anderer schafft es Gänswein, in der kirchenpolitischen Debatte ebenso präsent zu sein wie in den Boulevardblättern; einmal kritisiert er den Umgang mit Kirchenaustritten in Deutschland, ein anderes Mal berichtet er von seiner Jugendliebe. Am Samstag wird der Kurienerzbischof 60 Jahre alt.

Gänsweins Werdegang ist untrennbar mit Benedikt XVI. verbunden. Dessen Rücktritt 2013 war einer der tiefsten Einschnitte in seinem Leben. Seit 1986 hatte der in Riedern am Wald aufgewachsene Priester des Erzbistums Freiburg für den damaligen Präfekten der vatikanischen Glaubenskongregation Kardinal Joseph Ratzinger gearbeitet, seit 2003 als dessen Privatsekretär. In den Vatikan gekommen war er 1985 nach einem kurzen Zwischenspiel als Sekretär des damaligen Freiburger Erzbischofs Oskar Saier. In Rom begonnen hatte er als Mitarbeiter der Gottesdienstkongregation.

Gänswein versuchte Benedikt vom Rücktritt abzubringen  

Freimütig bekannte Gänswein, dass er zunächst versucht habe, Benedikt XVI. von seinem Entschluss zum Rücktritt abzubringen. Wie schwer es ihm fiel, zu akzeptieren, dass "sein" Papst jetzt Papa emeritus ist, hat er in zahlreichen Interviews berichtet.

Auch mit der spontanen Art des argentinischen Papstes zurechtzukommen, fiel Gänswein anfangs nicht leicht, wie er selbst sagt. Gewöhnen musste er sich wohl ebenfalls daran, dass er nun weniger Einfluss hat. Früher war er nach eigenen Worten der "Schneepflug", der Benedikt XVI. vor der täglichen Lawine von Anfragen schützte. Er entschied darüber, wer zum Papst vorgelassen wurde. Unter Franziskus zählt er nicht mehr zum Kreis der engsten Vertrauten.

Weihe zum Titularbischof

Als Präfekt des Päpstlichen Hauses ist Gänswein für die offiziellen Termine verantwortlich, die der Papst vormittags im Apostolischen Palast absolviert: für die Begegnungen mit Staatsmännern, Kardinälen und sonstigen Gästen. Kurz vor seinem Rücktritt hatte Benedikt XVI.

seinen treuen Weggefährten in diese ranghohe Position befördert, die mit der Weihe zum Titularerzbischof verbunden ist. Franziskus beließ Gänswein in diesem Amt, suchte sich jedoch neue Privatsekretäre.

Gänswein ist ein Mann, der häufig offen ausspricht, was er denkt: So meldet er sich regelmäßig zu kirchenpolitischen Themen und zur Lage der katholischen Kirche in Deutschland zu Wort. Zuletzt kritisierte er etwa die automatische Exkommunikation bei Kirchenaustritten. Dass er sich mit solchen Einlassungen nicht nur Freunde macht, nimmt er in Kauf.

Er selbst rechnet offenbar nicht damit, je Bischof in Deutschland zu werden, wie bisweilen spekuliert wird. Ihn werde wohl kein deutsches Domkapitel wählen, was ihm jedoch nicht wehtue, so Gänswein jüngst: "Es ist irgendwie gelungen, mich in der Öffentlichkeit als Rechtsaußen oder Hardliner abzustempeln." Er gehöre eben nicht zu den Lieblingen des "kirchlichen Establishments".

Bei Boulevardpresse beliebt

Zu den Lieblingen der Boulevardpresse gehört "Don Giorgio" in jedem Fall. "George Clooney des Vatikan" nennt sie ihn auch. Im Januar 2013 zierte der sportliche und jugendlich wirkende Geistliche gar den Titel der Zeitschrift "Vanity Fair". Die Unterschrift: "Schön sein ist keine Sünde". Gänswein fasziniert den Boulevard offenbar auch, weil er für diese Blätter einen Typus verkörpert, dessen Aussterben oft beklagt wird: ein charmanter Mann, dem beste Chancen zum Frauenschwarm und das Zeug zum Chefarzt oder Staranwalt zugetraut werden - und der darauf verzichtet, um Priester zu sein.

Seinen 60. Geburtstag wollte Gänswein am Samstag im kleinen Kreis in den Vatikanischen Gärten mit seinen vier jüngeren Geschwistern und Freunden feiern. Benedikt XVI. und Franziskus kommen nicht. Zumindest für einige Stunden wird er dann sein eigener Herr sein.


Quelle:
KNA