Das internationale Kinderhilfswerk terre des hommes hat die Weltsportverbände IOC und FIFA zur Wahrung der Menschenrechte aufgefordert. "Olympia und Fußballweltmeisterschaften sollen Freude schaffen und nicht zur tödlichen Gefahr für Arme und Benachteiligte in den Austragungsorten werden", sagte der Lateinamerika-Experte des Hilfswerks, Jens Kunischewski, am Donnerstag in Osnabrück. Bei kommenden Großveranstaltungen in Russland, Katar und China müsse sichergestellt sein, dass Menschenrechte von der Bewerbungsphase über die Vorbereitung bis zur Durchführung beachtet werden.
In Rio seien wegen der Olympischen Spiele im Vorfeld tausende Familien umgesiedelt worden, kritisierte der Experte von terre des hommes. Häufig sei dies unter Missachtung geltender Gesetze und mit Gewalt geschehen. Vor allem Kinder litten unter der Situation, da sie aus ihrem gewohnten Umfeld gerissen worden seien. Obdachlose und Straßenkinder seien vertrieben worden. Zudem habe die Zahl der Tötungen durch die Polizei in Rio stark zugenommen. Bereits zur Fußball-WM 2014 sei ein Anstieg um 38 Prozent zu beklagen gewesen.
Die Sicherheit der Besucher sei immer ein wichtiges Thema bei den Verhandlungen von IOC, FIFA und der brasilianischen Regierung gewesen, so Kunischewski. Die Menschenrechte der Bevölkerung hingegen hätten nie eine Rolle gespielt.
Menschenrechtler: Indigene durch Landraub bedroht
Menschenrechtler haben auch auf die Situation der indigenen Völker in Brasilien aufmerksam gemacht. "Viele Indigene können mit dem Olympischen Feuer wenig anfangen, denn in ihren Gebieten herrscht zerstörerische Goldgräberstimmung", sagte Yvonne Bangert von der Gesellschaft für bedrohte Völker am Donnerstag in Göttingen.
Mehr als ein Drittel der fast 700 indigenen Territorien in Brasilien sei akut durch Landraub und Wirtschaftsinteressen bedroht. Neue Gesetzes- und Verfassungsänderungen, vorangetrieben von Lobbyisten der Agrar-, Bergbau- und Energiewirtschaft, stellten den Schutz dieser Gebiete infrage und bedrohten damit die Existenzgrundlage der Ureinwohner.
Weitere Schutzgebiete notwendig
"Indigene Menschenrechtler befürchten, dass dann keine weiteren Schutzgebiete anerkannt und neue Antragsverfahren nicht mehr zugelassen werden", sagte Bangert. Auch bereits geschützte indigene Gebiete könnten wieder infrage gestellt werden, um Naturschätze ausbeuten zu können. Dabei sei eigenes Land für die indigenen Gemeinschaften überlebensnotwendig.
Die Rohstoffreserven in den indigenen Gebieten weckten Begehrlichkeiten. Schon jetzt würden Verfahren zur Anerkennung von Reservaten und ihre wirksame Absicherung absichtlich verzögert, kritisierte die Menschenrechtsorganisation. Auch gigantische Wasserkraftprojekte wie der Belo-Monte-Staudamm am Rio Xingu oder der Staudämmekomplex am Rio Tapajós vertrieben die Anwohner der Flussufer und vernichteten ihre Existenz.