Haushoch schlugen die Flammen in dieser Sommernacht 1922 gen Himmel. Flammen eines Infernos, das in der alten Abtei von Altenberg wütete. Binnen weniger Stunden fraß sich die glühende Hitze durch die Holzfassaden der alten Klosterhäuser. Es blieben Staub und Asche, umringt von Ruinen. Am nächsten Morgen schritt Carl Mosterts wehmütig über die verbrannte Erde. Der Priester und Kopf des katholischen Jungmännerverbandes wollte hier ein Erholungsheim für Jugendliche aufbauen. Vier Jahre nach Ende des ersten Weltkrieges sollte in Altenberg ein Ort entstehen, der junge Menschen aus dem christlichen Glauben heraus wieder Kraft und Lebensmut schenkt. Sollte diese Vision von Carl Mosterts nun gestorben sein?
Neuanfang in Ruinen
Mitnichten. Der Priester sah in den Ruinen die Chance für einen Neuanfang und erneuerte beim damaligen Kölner Erzbischof, Karl Joseph Kardinal Schulte, seine Bitte um Unterstützung. Als Mosterts zudem in Aussicht stellte, den Altenberger Dom durch neue Gottesdienste zu beleben, sicherte Kardinal Schulte seine Unterstützung zu. Verbunden mit Spendengeldern und staatlicher Unterstützung konnte aus den verkohlten Ruinen das erträumte Heim für Jugendliche entstehen. 1926 öffnete das Haus Altenberg nach vier Jahren Bauzeit seine Pforten. Carl Mosterts erlebte die Eröffnung zwar, verstarb aber wenige Monate später an den Folgen einer Kehlkopfoperation.
Mit Haus Altenberg hinterließ er ein besonderes Vermächtnis. Die direkte Nähe zum angrenzenden Dom mit seiner Madonna im Strahlenkranz und die Lage im Grünen machten das Haus innerhalb weniger Jahre zum Zentrum des katholischen Jungmännerverbandes und darüber hinaus. So gründete sich etwa 1929 im Schatten des Altenberger Doms die Deutsche Pfadfinderschaft Sankt Georg, heute größter Pfadfinderverband Deutschlands. In einer Ausgabe der "Wacht", der Zeitung des Jungmännerverbandes, hieß es 1932 mit Blick auf Altenberg stolz: "Hier ist die Kraftzentrale für alle Führer unseres Verbandes. Jede Tagung, jeder Führerkurs beginnt und endet beim Sitz der Weisheit im Dom zu Altenberg." Zwischen 1930 und 1933 wurden die Räume an die zunehmenden Anforderungen der Gruppen angepasst: Mehr Schulungsräume wurden errichtet und machten eine Verlegung des Haupteinganges vom Westen in den Süden notwendig. Zudem hielt ein mannshohes Kreuz im zentralen Festraum Einzug – das "Altenberger Friedenskreuz". Bis heute ist dieses Kreuz eines der wichtigsten Symbole für die Jugendbewegung in Altenberg.
Altenberg im Nationalsozialismus
Mit dem Aufstieg der Nationalsozialisten breitete sich eine neue Weltanschauung im Deutschen Reich aus, die auch vor Altenberg nicht Halt machte. Mit Bespitzelungen, Drohungen und Angriffen gingen die neuen Machthaber gegen die katholische Jugendbewegung vor, um "auch den letzten anständig denkenden deutschen Jungen davon zu überzeugen, dass er in die HJ gehört" – wie es in einem Bericht der NS-Führung von 1935 heißt. Inmitten des zweiten Weltkrieges – am Karfreitag 1942 – wurde Haus Altenberg von der Hitlerjugend übernommen. Schnell zogen die Jugendlichen jedoch wieder aus, wurde das Haus doch nach den Luftangriffen auf Köln für die zahlreichen Verletzten des Bombenkrieges gebraucht. Nach dem Krieg zog es bereits sehr schnell wieder erste Jugendgruppen nach Altenberg. So fanden 1945 bereits 27 Kurse mit über tausend Teilnehmern statt
Aufstieg nach dem zweiten Weltkrieg
Im September 1945 feierte Altenberg dann den ersten Höhepunkt nach dem Krieg: Die Rückführung des "Altenberger Friedenskreuzes". Das bedeutsame Kreuz war zum Schutz vor Bomben und Plünderung in der Kölner Kirche Sankt Maria in Kapitol versteckt worden. Tausende Jugendliche begleiteten das Kreuz zurück in den großen Festsaal von Haus Altenberg, wo es bis vor dem Krieg gehangen hatte. Unter dem Jugendseelsorger Ludwig Wolker fand das Jugendhaus nach den Kriegswirren schnell wieder zur alten Stärke zurück. Der charismatische Bayer war Mitbegründer des BDKJ, dem Dachverband der katholischen Jugendverbände. 1948 machte er Altenberg zum ersten Hauptsitz des neugegründeten Bundes. "In seiner ersten Satzungen hat der BDKJ festgelegt: ‚Haus Altenberg ist Herz und Mitte des Bundes katholischer Jugend‘. Bis heute bekennt sich der Verband zu diesem Satz, auch wenn er so nicht mehr in der Satzung steht", erklärt Historikerin Dr. Tanja Junggeburth.
Wie sehr Ludwig Wolker das Jugendhaus Altenberg geprägt hat, wurde nach seinem Tod 1955 deutlich. "Altenberg ist danach in ein Loch gefallen. Die Direktoren und Präses, die danach hier wirkten, hatten nicht diese Ausstrahlungskraft, dieses Charisma", so Junggeburth. Schwer wog zudem, dass Altenberg auf den Status eines "Beleghauses" zurückfiel. Eigene Referenten zogen aus und das Gebäude wurde abhängig von auswärtigen Jugendgruppen. Diese Entwicklungen fielen in eine Zeit des Aufruhrs: Vietnam-Krieg und Studentenrevolten prägten in den folgenden Jahren das Leben in der Republik und gingen auch an Altenberg nicht spurlos vorbei. Erst 1972 zog mit Winfried Pilz wieder ein neuer Geist in das Haus. Der Priester im Ruhestand ist heute nicht nur als Texter von Liedern wie "Laudato Si" bekannt, sondern war auch lange als Präsident des Kindermissionswerk "Die Sternsinger" aktiv. Als Rektor von Altenberg hat Winfried Pils verschiedene Projekte in dem Jugendhaus angesiedelt: Darunter etwa Glaubenskurse oder den "Altenberger Sommer". Seit 1990 ist der Rektor von Altenberg gleichzeitig auch Diözesanjugendseelsorger des Erzbistums Köln. Eine personelle Maßnahme, die Altenberg heute auch zu einem "Praxisort" für die Jugendseelsorge im Erzbistum macht.
Umbau zwischen Tradition und Moderne
An die wechselhafte Geschichte des Hauses erinnert auch der aktuelle Umbau. So werden die frisch-renovierten Seminarräume nach bedeutenden Personen der katholischen Jugendbewegung benannt – unter ihnen auch Carl Mosterts oder Ludwig Wolker. Zudem wird das Altenberger Friedenskreuz zum Zentrum der neuen Hauskapelle. Auch wenn bei der Eröffnung noch nicht das ganze Haus im neuen Glanz erstrahlt, so wird doch zumindest eine weitere Neuerung gleich ins Auge fallen. Der Haupteingang befindet sich wieder an der Westseite von Haus Altenberg – genau wie in dem Neubau, der nach dem Brand in der Sommernacht von 1922 entstanden ist.