Deutsche Projekte stärken Nahversorgung in Afrika

"Der Kiosk als Gemeindezentrum"

Kioske verbinden viele Deutsche mit Zigaretten, Zeitschriften und Süßigkeiten. In Afrika übernehmen sie eine andere Funktion: Dort sollen sie den Zugang zu sauberem Trinkwasser und nachhaltiger Technik ermöglichen.

Kiosk in Westafrika (KNA)
Kiosk in Westafrika / ( KNA )

Kioske gehören in Deutschland vielerorts zum Standardgeschäft. In afrikanischen Ländern genießen sie eher einen zweifelhaften Ruf als "Ramschläden", die minderwertige Produkte anbieten. Eine Stiftung und ein Unternehmen aus Deutschland wollen das ändern: Mit Wasser- und Solarkiosken soll nicht nur die Nahversorgung in abgelegenen Dörfern ermöglicht, sondern auch Arbeitsmarkt, Bildung und Gesundheit der Bevölkerung verbessert werden

"Eines der größten Probleme in den ländlichen Regionen Afrikas ist die Versorgung mit Trinkwasser", erklärt Caroline Weimann, Leiterin des Safe Water Enterprise Projekts bei der Siemens Stiftung. 2009 entstand die Idee für sogenannte Wasserkioske: An ihnen wird schmutziges Oberflächenwasser durch ein Filtersystem von Bakterien und Viren befreit und so zu Trinkwasser umgewandelt. 2010 wurde der erste Kiosk in Kenia errichtet, mittlerweile gibt es 17. Nach Weimanns Schätzungen werden so rund 42.500 Menschen mit sauberem Trinkwasser versorgt. Bei seinem Kenia-Besuch 2015 profitierte auch Papst Franziskus vom Trinkwasser aus einem Kiosk.

Kiosk als Gemeindezentrum

Die ländliche Bevölkerung in das Projekt einzubeziehen sei besonders wichtig, erklärt Weimann. "Die Anwohner müssen manchmal erst lernen, dass es sich lohnt, Geld für sauberes Wasser auszugeben." Sie sind am Aufbau des Gebäudes beteiligt, erhalten Schulungen über Wasser, Gesundheit und Hygiene sowie zu Sozialunternehmertum. "Der Kiosk wird somit zu einer Art Gemeindezentrum."

Auch der Betrieb wird von Einheimischen und Gemeindevertretern übernommen, die den Preis für das Lebensmittel innerhalb der Gemeinde erarbeiten. "Durchschnittlich kostet ein 10-Liter-Wassercontainer etwa fünf Cent", sagt Weimann. Das Geld bekommt der Kioskbetreiber, hält davon das Gebäude und die Technologie instand, bezahlt Chlor für die Reinigung der Wassercontainer sowie sein Gehalt. "Der Verdienst liegt je nach Standort zwischen 40 und 90 Euro - das ist gut in den ländlichen Regionen." Mit Überschüssen werden die Weiterentwicklung des Kiosks oder soziale Marketing-Aktivitäten bezahlt.

Etwa ein Jahr lang werden die Neu-Unternehmer begleitet. "Wenn sie eigenständig und nachhaltig wirtschaften, wird der Kiosk Eigentum der Gemeinde", erklärt Weimann. Das Modell soll ausgeweitet werden: "Seit Ende 2015 kooperieren wir mit einem Unternehmen, das solarbetriebene Kioske herstellt."

Produkte richtig fördern

Das Unternehmen heißt Solarkiosk und ist seit 2011 in Afrika aktiv. Andreas Spieß hat es zusammen mit Graft Architekten gegründet. "In Afrika gibt es tolle Solarprodukte, aber keinen Markt dafür", sagt er. Es fehle die Infrastruktur, viele Gebiete könnten nicht erreicht werden und die Einwohner hätten nur wenig Geld. Seine Idee: "Zentren schaffen, in denen nachhaltige Produkte verkauft werden."

An den Kiosken gibt es hochwertige Nahrungsmittel, "aber auch solarbetriebene Geräte wie Lampen und Fernseher", sagt Spieß. Auf dem Dach des Kiosks sind Solarmodule angebracht. Dadurch können die Dorfbewohner ihre Handys aufladen und im Kühlschrank Medikamente oder Lebensmittel aufbewahren - gegen Bezahlung. "Sonst müssten sie in die nächste Stadt mit Stromnetz fahren, das wäre teuer."

Damit sich die Bewohner Solargeräte kaufen können, hat Spieß Kontakt zu Mikrofinanzbanken aufgenommen und sie nach eigenem Bekunden auf Seriosität geprüft. "Mit dem Geld, das sie sonst für Kerosin oder Batterien ausgegeben hätten, zahlen die Menschen nun ihren Kredit ab."

Kiosk verfolgt nicht nur wirtschaftliche Zwecke

Der erste Solarkiosk wurde in Äthiopien gebaut, mittlerweile gibt es rund 200 in elf Ländern. Etwa 700 Mitarbeiter beschäftigt Solarkiosk nach eigenen Angaben. Die Kioskbetreiber sind eigenständige Kleinunternehmer. Solarkiosk ist am Gewinn beteiligt und bleibt Eigentümer der Kioske. "Wir sind uns unserer sozialen Verantwortung bewusst", betont Spieß. Im Dorf werden kostenlose Gesundheitsberatungen und Malaria-Tests angeboten, den Partnern vor Ort liefert Solarkiosk die Produkte.

"Unsere Technik soll nicht nur für wirtschaftliche Zwecke gut sein", erklärt Spieß die Kooperation mit der Siemens Stiftung, aus der die gemeinnützige Solar Fountain GmbH entstanden ist. Die ersten Prototypen des neuen Kiosk sind bereits in Planung.

Romina Carolin Stork


Quelle:
KNA